"Gitarren spielt auf" – Alex-Freddy-Köberlein zeigte sich bei diesem Lied in Hochform. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

Konzert: Grachmusikoff mit Abschiedstournee auch in Horb zu Gast / Gesundheitliche Probleme sind Grund für Karriereende

Grachmusikoff – die beste schwäbische Rockband der Welt ist nach über 30 Jahren Bühnenpräsenz auf Abschiedstournee.

Horb. Im Horber Kloster waren sie bisher in schöner Regelmäßigkeit alle zwei Jahre das Weihnachtsgeschenk der Macher vom Projekt Zukunft an ihre Besucher. Wenn die Multiinstrumentalisten Georg und Alexander Köberlein und der Ausnahmegitarrist und Akkordeonist Hansi Fink auftraten, wurde die Saalkapazität bis an ihre Grenzen ausgereizt. So auch beim vermutlich allerletzten Auftritt des Trios in Horb am Freitagabend. "Ausverkauft" stand schon lange vorher im Schwarzwälder Boten, und wer spontan vorbeischaute, hatte eigentlich keine Chance mehr reinzukommen. Außer er traf vor der Tür auf Hansi Fink, der feststellte: "Immer rein mit dir – wir haben noch nie einen vor der Tür stehen lassen – irgendein Platz findet sich immer."

Mit Grachmusikoff geht etwas, was man nicht mit Worten beschreiben kann. Ihr ganz "oigener" Mix aus Blues, Rock, Schlager, Reggae, Ska und Country, ihre "Lombaliedla" und Schmonzetten, ihre geschichts- und heimatbezogenen Songs, werden in der Kulturszene mehr als fehlen. Die Besucher ihrer Abschiedstour wissen das. Entsprechend melancholisch war die Stimmung dann auch bei ihrem letzten Horber Konzert.

Natürlich waren die Menschen im Klostersaal wie immer begeistert von der musischen Vielfalt der drei Ausnahmekönner. Dazu von den genial hintergründigen Texten, von den Geschichten, die sie selbst in ihrer Kindheit oder der Jugend erlebt hatten. Man war fröhlich, man lachte, sang den einen oder anderen "Welthit" mit, doch irgendwie schwebt eine gewisse Traurigkeit die meiste Zeit mit.

Kein "Faulhand" Georg mehr, der mit zwei Gitarrenakkorden seinem Idol Eric Clapton locker Konkurrenz machte, kein Alex-Freddy Köberlein mehr, der beim Uraltschlager "Gitarren spielt auf" so schön die Damen in der ersten Reihe anschmachtete und auch kein Hansi Fink mehr, der so cool ist, dass er sogar mit einem Plektrum im Mund schnell noch irgendeinen Refrain mitsingt.

Und vor allem keine Ansagen mehr, die allein schon das Eintrittsgeld für die Konzerte der "Grachs" wert sind. Glück für die Horber, dass am Freitagabend niemand der wichtigen Leute vom Kultur- und Museumsverein da war. Die Ansage vom Frontmann Georg K. zum Lied über den Bauernaufstand anno 1520 hätte sicher einen mehrseitigen Leser- und Richtigstellungsbrief nach sich gezogen, denn, was der gute Herr Köberlein da vor sich hin brabbelte, war gesamthistorisch gesehen vielleicht nicht ganz richtig, dafür aber sehr unterhaltsam.

Bauernkrieg und "Rastamann von Neckermann", die wunderbar schräge "Amboss-Polka" mit der sie jedes Konzert eröffnen, ihr berühmtes "Heimatlied", in dem es im Refrain heißt: "Oh Heimat, was du für mi warscht, ich grüße dich das letzte Mal – Leck mich am Abendrot, em Schussadal" oder ganz filigran aufgebaute Arrangements sind nur ein kleiner Abriss über die große Bandbreite, die es ihnen erlaubt(e), aus jedem Konzert ein Erlebnis zu machen. Da sind die kleinen Sticheleien der eineiigen Zwillinge Georg und Alex, der Schalk, der ihnen ganz offensichtlich noch nicht abhandengekommen ist, die Freude über den wohlverdienten Applaus, die direkte Herzlichkeit der oberschwäbischen Charmebolzen und ihre Sichtweise auf manche Dinge. Eine Sichtweise, die so kompliziert einfach ist wie die wunderbare schwäbische Sprache, die wahrscheinlich als einzige so ineinander verzwurzelte (nicht verwurzelte) Widersprüche wie "Komm – gang weg" oder "Halt Gosch ond seng" zustande bringt.

Es zwickt und zwackt

Doch irgendwann ist eben Schluss, irgendwann macht der Körper nicht mehr mit. Bei den Herren Köberlein zwickt und zwackt‘s seit Langem an allen Enden, insbesondere an den künstlichen Hüftgelenken. Ein kurzes, sehr privates Gespräch mit Georg in der Pause offenbarte dann das ganze gesundheitliche Dilemma. Nach fast drei Stunden und mehreren Zugaben verließen die "Grachs" die Bühne. Zuvor sangen sie ein Lied, das die gesamte Schwermut dieses Abschieds widerspiegelte. Für die Köberleins ist bald Schluss mit "Fremde Zigaretten, fremde Drinks und fremde Betten – dem Hauch der großen Einsamkeit". Diesen Song hatte der 1999 verstorbene "Schwoißfuß"-Bassist André Schnisa geschrieben und er war mehr als ein nostalgischer Abschiedsgruß. Er war die Reminiszenz an ein erfülltes Musikerleben, das nach dem Abschiedsgig am 28. Dezember im Tübinger "Sudhaus" zu Ende sein wird.