Iris Müller-Nowack (links) und Sabine Bauendahl-Göpfert wissen, dass sich Trauer bei jeder Person anders äußert. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Ehrenamt: Trost in der Gemeinschaft finden / Nichts dringe nach außen / Offen für alle Konfessionen

Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Herzschmerzen, Verdrängung: Trauer äußert sich bei jedem anders. Zwölf Trauerbegleiterinnen wollen den Besuchern des Trauer-Cafés in Horb das Gefühl geben: "Du bist nicht alleine. Anderen geht’s ähnlich".

Horb. Es gehe darum, einen Halt zu finden in dieser schweren Zeit, erklären Sabine Bauendahl-Göpfert, Koordinatorin des ambulanten Hospizdienstes, und Iris Müller-Nowack, Geschäftsführerin der katholischen Erwachsenenbildung.

Den Ablauf des Trauer-Cafés solle man sich folgendermaßen vorstellen: Erst gebe es Kaffee und Kuchen oder Kekse, anschließend eine Vorstellungsrunde der Anwesenden. "Und wenn jemand da nichts sagen mag, dann ist das auch okay." Beim Vorstellen entstehen meist schon Gespräche. So sage beispielsweise eine Person, dass es für sie wichtig sei, schwarz in der Trauerphase zu tragen. Eine andere trage bunte Kleidung, da der verstorbene Mann nicht gewollt hätte, dass sie schwarz trägt. Andere wiederum tragen drei Monate schwarz und dann müsse es gut sein. "Jeder muss seinen Weg finden", so Müller-Nowack. Wichtig sei es, zu spüren, dass das eigene Trauerverhalten normal sei. Zum Abschluss des Treffens gebe es noch einen Impuls: egal ob Gebet, Gedicht oder Geschichte. "Es geht einem meistens nicht gleich besser, wenn man aus der Tür raus ist", erklärt Müller-Nowack. Das brauche Zeit. Aber: Trauer brauche auch Raum und Ausdruck.

Müller-Nowack: "Pro Sitzung kommen zwischen drei und sieben Personen" – ein überschaubarer Rahmen also. Auch Einzelgespräche seien nach Vereinbarung möglich. Es kommen Angehörige von Menschen, die plötzlich aus dem Leben gerissen wurden oder die nach langer Krankheit verstorben sind. "Manche kommen über eine sehr lange Zeit. Andere kommen wenn ein Jahrestag ansteht oder ein anderes besonderes Datum", so Bauendahl-Göpfert. "Die Trauer ist wie eine Wellenbewegungen – mal ist sie nah und mal fern." Man müsse sich immer fragen: Was brauche ich in meiner derzeitigen Trauerphase?

Müller-Nowack und Bauendahl-Göpfert wissen: "Es braucht Mut, um zum Trauercafé zu kommen." Manche fragen sich: "Hält mich die Gruppe mit meiner Geschichte überhaupt aus?"

Bauendahl-Göpfert sagt: "Die Leute erzählen so viel Privates. Da steckt Vertrauen dahinter." Wichtig sei daher, dass nichts nach draußen dringe, alles was besprochen werde, bleibe im Raum. "Das ist nämlich gerade im ländlichen Raum eine Hemmschwelle für viele", weiß Bauendahl-Göpfert. Die Angst davor, dass getratscht wird, sei sehr hoch. Daher werde vorab auch immer angekündigt, welche Trauerbegleiter zum Treffen kommen; es seien meistens zwei oder drei. Von Vorteil sei es da, dass das Team relativ groß sei. Männer und jüngere Trauerbegleiter fehlen jedoch im Team. "Wir wären auch offen für einen muslimischen Trauerbegleiter", sagt Müller-Nowack. Das Angebot ist Unabhängig von der Konfession, auch wenn es von der katholischen und der evangelischen Kirchengemeinde sowie von der katholischen Erwachsenenbildung Kreis Freudenstadt angeboten wird. Ausbildung, Fortbildungen und Supervisionen sowie Auffrischungen haben die ehrenamtlichen zwölf Begleiterinnen alle hinter sich.

Die Trauerbegleiter müssen die Geschichten der Trauernden schließlich aushalten. Und sie müssen sich laut Bauendahl-Göpfert klar sein: "Um meine Geschichte geht es in diesem Moment nicht." Kaum jemand werde nämlich ohne eigene Geschichte Trauerbegleiter.

"Dennoch müssen wir signalisieren, dass uns etwas an unserem Gegenüber liegt", sagt Bauendahl-Göpfert. "Eine plastikbeschichtete Projektionsfläche, die Mitleid suggeriert, wäre ja auch nichts", ergänzt Müller-Nowack. Es sei aber eine schöne Arbeit, "denn wo gibt’s heutzutage noch echte Berührung?", so Bauendahl-Göpfert. Es sei nicht oberflächlich.

Es werde geweint, aber auch gelacht. Viele Emotionen schwingen mit. Schön geredet werde nichts. Und dann zitiert Bauendahl-Göpfert eine Stelle aus Astrid Lindgrens "Ronja Räubertochter", die das Trauer-Café gut beschreibe: "Lange saßen sie dort und hatten es schwer. Aber sie hatten es gemeinsam schwer und das war ein Trost. Leicht war es trotzdem nicht."

 Jeden ersten Montag im Monat von 15.30 bis 17.30 Uhr wird das Trauer-Café in der IAV-Beratungsstelle in der Gutermannstraße 8 (der Eingang ist von der Hirschgasse zu erreichen) in Horb angeboten.

 Eine Wanderung für Trauernde gibt es am Sonntag, 21. Mai, von 10 bis circa 12 Uhr. "Im Gehen lässt es sich leichter sprechen", formuliert es Sabine Bauendahl-Göpfert. "Und man muss auch nicht reden. Wenn man jedoch reden will, dann kann man sich aussuchen, mit wem man reden möchte." In der Ankündigung heißt es: "Getröstet ist schon, wer nicht allein unterwegs ist." Die Strecke sei auch für Menschen ohne Wandererfahrung geeignet. Treffpunkt ist an der Markthalle am Flößerwasen.