Das Aktionsbündnis "Aufstehen gegen Rassismus" bei einer Demo in Kandel (Rheinland-Pfalz) Foto: Weber

Rechte Portale veröffentlichen Namen von AfD-Gegnern. Auch Frercks Hartwig steht am Pranger der Hetzer.

Horb - Die Kampagne "Aufstehen gegen Rassismus" macht kein Geheimnis daraus, gegen wen sie sich richtet: Auf dem Logo steht "Stoppt die AfD". Aber wer mitmacht, gerät anscheinend ins Visier der Rechten. So auch Frercks Hartwig.

Auf rechten Web-Portalen – unter anderem auf "Deutschland-Report" – wurde eine Liste mit Namen und beruflichen Funktionen von Erstunterzeichnern der Kampagne veröffentlicht – unter anderem auch Betroffene aus dem Kreis Freudenstadt und aus Sulz.

"Die haben wohl erst mal erreicht, was sie wollten: dass ich schlecht geschlafen habe", sagt Frercks Hartwig. Er ist der wohl prominenteste Name aus der Region, der auf der "Feindliste" steht. Seit Jahrzehnten setzt sich Hartwig für Menschenrechte und gegen Fremdenfeindlichkeit ein. Der Mitbegründer der Horber Friedensinitiative traut sich, offen zu sagen, was er denkt und geht auch keinem Dialog in den sozialen Netzwerken aus dem Weg. Doch dass er nun mit seinem Firmennamen auf dieser Liste auftaucht, geht auch an ihm nicht spurlos vorüber. "Es ist auf jeden Fall ein Einschüchterungsversuch", so der Coach, Tennistrainer und Vereinsberater. "Solche Auflistungen sind häufig versteckte Aufrufe an lokale rechte Dumpfbacken, ›aktiv‹ zu werden."

Rechte Propagandaaktion

In dem Aufruf auf "Deutschland-Report" wird gefordert, dass der Verfassungsschutz die aufgelisteten Gegner der AfD – selbst mittlerweile beispielsweise bei den Nachwuchs-Organisationen der Partei im Fokus des Verfassungsschutzes – überwachen soll. "Diese Personen sind daher ein Fall für den Verfassungsschutz", heißt es dort. Tatsächlich kam es schon zu Erwähnungen von "Aufstehen gegen Rassismus" in Verfassungsschutzberichten einzelner Bundesländer, was wiederum für Entrüstung bei den Organisatoren der Kampagne führte. Warum der Verfassungsschutz aktiv wurde? Neben bekannten Politikern wie Bundesjustizministerin Katarina Barley, Grünen-Bundestagsfraktionschef Anton Hofreiter oder bekannte Persönlichkeiten wie der Sänger Konstantin Wecker gehören auch einige Antifa-Gruppen zu den Erstunterzeichnern.

Doch wie ist nun das Vorgehen der rechten Portale zu bewerten? "Bei der Aktion handelt es sich vor allem um eine rechte Propagandaaktion", bewertet der Verein "Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt", der vom unter anderem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird, allerdings nicht unumstritten ist. Die AfD in Sachsen-Anhalt will dem Verein die Fördergelder streichen. Teile der CDU in Sachsen-Anhalt zweifeln an der politischen Neutralität des Vereins und sehen ihn als Linkes-Sprachrohr. Grüne und SPD verteidigen dagegen "Miteinander".

Verein gibt Tipps für Opfer

Der Verein "Miteinander" gibt Tipps, wie sich Betroffene der veröffentlichten Liste verhalten sollten: "Ruhig bleiben; Freund/innen und Betroffene – nicht öffentlich! – informieren und gegebenenfalls Unterstützung anbieten; Links und Webadressen der Liste nicht weiterleiten oder erneut veröffentlichen; als Betroffene gegebenenfalls Kontext, in dem der eigene Name veröffentlicht wurde, juristisch prüfen lassen."

Der Verein macht klar: "Wer sich öffentlich mit Namen als Gegner der AfD oder anderer rechter Gruppierungen bekennt, muss damit rechnen, zum Ziel verbaler Schmähungen und Anfeindungen zu werden. Angriffe auf die Privatsphäre und die körperliche Unversehrtheit hat es in der Vergangenheit durchaus gegeben." Allerdings seien solche im Zusammenhang mit der aktuellen Veröffentlichung bislang nicht bekannt. Im Internet kursieren solche Listen auch unter dem Begriff "Feindlisten". "Allerdings unterscheidet sich der derzeitige Fall deutlich von der Vorgehensweise militanter Neonazis in der Vergangenheit, da diese neben Namen und Adressen auch Ergebnisse von Observationen und dem Abfangen von Post veröffentlichten."

Ziel solcher Aktionen sei es, Aufmerksamkeit zu erregen, Verunsicherung bei den Betroffenen zu schüren und in der Öffentlichkeit ein Thema zu setzen.

Hartwig prüft selbst gerade, ob er juristisch dagegen vorgehen soll. Für ihn ist aber jetzt schon klar: Seine Meinung wird er auch in Zukunft deutlich sagen und sich "den Mund nicht verbieten lassen".