Eine semistationäre Radarfalle der Firma Jenoptik im Einsatz – schafft sich die Stadt Horb bald so einen Blitzer an?  Foto: Jenoptik

Rathaus plant Anschaffung neuer Anlage. "Höhere Fallzahlen zu erwarten". Schon jetzt Rekordeinnahmen.

Horb - Süßer die Kassen nie klingeln: Schon jetzt verzeichnet das Rathaus Rekordeinnahmen durch die neuen, hochmodernen Blitzsäulen an der Gutermann-Grundschule und in Ihlingen. Doch da ist noch mehr drin: Deshalb soll jetzt ein "Blitzer-Anhänger" angeschafft werden.

Am 15. Februar wurde die neue, hochmoderne Blitzersäule an der Stuttgarter Straße scharf geschaltet. Und in den Kassen des Rathauses klingelt es wie nie: Waren für das Gesamtjahr 97. 000 Euro an Bußgeldeinnahmen eingeplant, waren es in den ersten neun Monaten des Jahres schon 1,373 Millionen Euro.

Und es soll noch mehr werden. Der neue Ordnungsamtsleiter Thomas Staubitzer schlägt vor, jetzt einen Blitzer-Anhänger anzuschaffen, so die Drucksache 199/2018. Über sie wird am kommenden Dienstag im Gemeinderat abgestimmt. In dem Papier schreibt Staubitzer auch: "Durch die Anschaffung einer semistationären Geschwindigkeitsmessanlage wäre durchaus mit höheren Fallzahlen zu rechnen."

Die neue Radar-Offensive Rekordeinnahmen durch die Ausrüstung sämtlicher Standorte der stationären Radarfallen mit Kameras. Und die beiden neuen, hochmodernen Blitzersäulen in Ihlingen und vor allem an der Stuttgarter Straße spülten bisher knapp 1,4 Millionen Euro bis Ende September in die Stadtkasse.

Allerdings: Weil das Rathaus die Anlage nicht gekauft hatte, bekommt die Firma Jenoptik für jeden Geblitzten 9,30 Euro. Laut Rathaus sind von diesen "Brutto-Einnahmen" noch 442.000 Euro für den "Kostenträger Verkehrsüberwachung" abzuziehen. Bleiben also netto 931.000 Euro übrig.

Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum kassierte die Stadt in den ersten neun Monaten 672.849 Euro. Bis Jahresende 2017 waren es sogar 856.000 Euro – im letzten viertel Jahr 2017 kamen noch einmal 183.000 Euro dazu.

Heißt: Die neuen Blitzersäulen haben bisher knapp 260.000 Euro mehr eingespielt. Nicht unrealistisch, dass zum Jahresende schon die jetzigen Blitzer mehr als eine Million Euro in die Stadtkasse spülen werden.

Stadtsprecher Christian Volk: "Wir können nicht bestätigen, dass die Einnahmen aus Bußgelder bis zum Jahresende linear weiter steigen. Dies ist vor allem davon abhängig, wie sehr sich jeder Einzelne an die gesetzlichen Bestimmungen hält. Daher lässt sich keine genaue Prognose geben."

Die Mehreinnahmen – hauptsächlich durch die neue Blitzersäule an der Gutermann-Grundschule. Volk: "Neben Geschwindigkeitsverstöße fallen hier auch Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit allgemeine Rechtsverstößen aus den unterschiedlichen Bereichen, Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen, die unter anderem durch die Polizei angezeigt werden, der Überwachung des ruhenden Verkehrs und sonstige Verkehrsordnungswidrigkeiten an. Der Großteil an Ordnungswidrigkeiten ist dabei jedoch im Bereich der Geschwindigkeitsverstöße und hier insbesondere der stationären Blitzer zu verzeichnen. Vor allem die häufigen Geschwindigkeitsüberschreitungen im Bereich vor der Gutermann-Grundschule haben gezeigt, dass es richtig und wichtig war, hier einen Blitzer aufzustellen – dies auch unabhängig von der Einhaltung des Lärmaktionsplans."

Doch da geht wohl noch mehr. Staubitzer will einen mobilen Radaranhänger. Amtliche Bezeichnung: "Semistationäre Blitzmessanlage". O-Ton: "Hierbei handelt es sich um einen Anhänger, welcher für eine gewisse Zeit (bis zu einer Woche) aufgestellt werden und unabhängig von Strom und weiterer Betreuung die Geschwindigkeiten rund um die Uhr messen und blitzen kann."

Hersteller Jenoptik wirbt wie folgt: "Mit der Semistation positionieren sie das laserbasierte Messsystem Traffistar S350 unauffällig an verschiedenen Messorten." Weiter heißt es: "Mithilfe des elektro-hydraulisch betriebenen Fahrwerks und einer Fernbedienung kann der Anhänger bequem und genau in die vorhergesehene Position gebracht und abgesenkt werden. Die Anhängerdeichsel ist einklappbar und mit einem Schloss gesichert. Neben der mechanischen Sicherung ist die Semistation zusätzlich mit einer automatischen Feuerlöschanlage, Schlag- und GPS-Bewegungsmeldern und einem Mobilfunkmodem ausgerüstet."

Der neue Blitzkasten ist also offenbar sicher gegen Vandalismus. Er soll die mobile Radarfalle der Stadt ersetzen. In der Drucksache heißt es über den stadteigenen VW-Bus: "Er ist bereits 14 Jahre alt und die Kameratechnologie ist nicht mehr auf dem neuesten Stand."

Die Frage ist, was dann der Ordnungshüter macht, wenn er nicht mehr im Bus sitzen muss. Muss er dann zur Knöllchenjagd auf die Straße? Der Nachteil am Blitzkasten sei, so Staubitzer: "Durch die Anschaffung einer semistationären Geschwindigkeitsmessanlage wäre durchaus mit höheren Fallzahlen zu rechnen, welche fristgerecht abgearbeitet werden müssen." Deshalb sollen jetzt die "notwendigen Personalkapazitäten im Bereich Bußgeldstelle und im Mahnwesen errechnet werden".

Und weil auch die neuen Radarsäulen offenbar so gut funktionieren, überlegt das Rathaus sogar, sie vom Hersteller zu kaufen. Der ehemalige Leiter des Ordnungsamtes Wolfgang Kronenbitter hatte die Kosten für eine hochmoderne Blitzsäule im Jahr 2015 auf 50.000 Euro beziffert.

Staubitzer schreibt in der Drucksache: "Die Verwaltung erwägt, die bisher installierten stationären Geschwindigkeitsmessanlagen im Stadtgebiet (mit Empfingen und Eutingen) teilweise oder alle, aus den bestehende Dienstleistungsverträgen auszulösen, um die Anlagen in ihr Eigentum zu bekommen. Hierbei würden dann die anfallenden Pauschalen für jeden einzelnen Fall an den Dienstleister wegfallen."

Dabei geht es dem Rathaus nicht um Abzocke. In der offiziellen Begründung heißt es: "Es mehren sich die Beschwerden über zu schnell fahrende Fahrzeuge. Auch in den Ortsdurchfahrten und immer häufiger den Wohngebieten sämtlicher Stadtteile ist das Empfinden gestiegen, dass hier vermehrt zu schnell gefahren wird. Häufig handelt es sich um Zeiten zu Arbeitsbeginn oder -ende, also um Zeiten in den frühen Morgen- oder späteren Abendstunden."

Und was sagt das Rathaus zu den Rekordeinnahmen aus dem neuen Blitzer an der Stuttgarter Straße? Volk: "Die Stadtverwaltung Horb hofft, dass sowohl bei der Gutermann-Grundschule als auch an der Grundschule in Bildechingen irgendwann ein Lerneffekt bei den Verkehrsteilnehmern stattfindet, die in diesem Bereich immer noch zu schnell unterwegs sind, um die Verkehrssicherheit nicht nur für unsere Grundschüler zu erhöhen."

Wenn der Gemeinderat zustimmt, dann wird das Ordnungsamt beauftragt, konkrete Zahlen vorzulegen. Erst dann soll das Gremium entscheiden, ob der Blitzer-Anhänger gekauft wird .