Bärbel Engel (rechts) und Ilse Braitmaier (Zweite von rechts) dankten dem Küchenteam, das mit großem Einsatz jeden Tag für ein viel gelobtes Essen kochte. Foto: Ganswind Foto: Schwarzwälder-Bote

13 Tage Horber Vesperkirche: rund 1600 Gäste und viele Lebensgeschichten / Hemmschwellen überwunden

Von Florian Ganswind

Horb. "Die zwei Wochen haben mich richtig aufgebaut", sagt ein Dauergast der Horber Vesperkirche. Gäste und Organisatoren ziehen ein positives Fazit. 13 Tage lang war das Steinhaus mittags sehr gut gefüllt.

"Ist hier noch ein Platz frei", sagt die Rentnerin und freut sich, dass ihr zugenickt wird. Es ist eng im Steinhaus. Doch dann rückt man halt ein bisschen zusammen. Auch am letzten Tag der diesjährigen ökumenischen Vesperkirche herrschte gestern reger Betrieb. Die fleißigen Helfer an der Essens- und Getränkeausgabe haben kaum eine ruhige Minute. Doch sie verlieren nie das Lächeln.

Manche Gesichter hat man in diesen Tagen schon öfters gesehen. Manche haben auch am letzten Tag das erste Mal das Angebot der Vesperkirche genutzt: als Bedürftige oder als Solidaritätsesser. Insgesamt haben rund 1600 Menschen den Weg ins Steinhaus gefunden, berichtet Mit-Organisatorin Bärbel Engel. Pro Tag waren es im Schnitt rund 120 Gäste. Im dritten Jahr der Vesperkirche ist damit wieder ein Anstieg der Besucher zu verzeichnen. Die Vesperkirche hat sich längst etabliert. Kein Wunder, dass Engel deshalb auch verkündet: "Natürlich gibt es im kommenden Jahr zur selben Zeit eine Neuauflage."

Bärbel Engel und Ilse Braitmaier dankten den rund 200 Ehrenamtlichen, ohne die die Vesperkirche nicht zu realisieren sei. Auch das Küchenteam des Pflegeheims, das in den 13 Tagen immer im Einsatz war, bekam für das Essen viel Lob. "Ich denke, dass für jeden etwas dabei war." Ein Sonderlob bekamen Margarethe Peters, die tagtäglich Schürzen und vieles mehr wusch, Anton Mayer, der zusammen mit seinem Team beim Transport des Essens half, und Elisabeth Steimle, die am Klavier für angenehme Tischmusik sorgte.

Viele Bedürftige kamen, doch Bärbel Engel wünscht sich, dass in Zukunft noch mehr zur Vesperkirche finden. Rund 30 bis 40 Prozent der Gäste nahmen das Angebot für einen Euro wahr. Das sei ein guter Wert, aber das Ziel sei, die 50-Prozent-Marke zu erreichen. Die Hemmschwelle sei manchmal immer noch zu groß für einige Bedürftige. Auch sei es für manche schwierig und teuer, aus Teilorten in die Kernstadt zu kommen. Doch wer die Organisatoren kennt, weiß, dass sie bereits über die Lösung dieser Schwierigkeiten nachdenken.

Wer bei der Vesperkirche vorbeischaute, der erlebte viele Gespräche über Milieugrenzen hinweg. Eine anfängliche Hemmschwelle wurde schnell überwunden. "Die Vesperkirche ist für mich die beste Schule des Lebens", berichtet ein Solidaritätsesser. "In dieser Zeit erfährt man so viel über Lebenswege und Schicksale. Und man merkt, wie schnell es passieren kann, dass man keine Arbeit oder weniger Geld zur Verfügung hat."

Aber in der Vesperkirche passierte auch oft, worüber Diakon Klaus Konrad am letzten Tag in seinem geistlichen Impuls sprach: Es wurde viel gelacht. "Es sind viele neue Freundschaften entstanden", berichtet Bärbel Engel. Auch alte Bekannte trafen sich wieder und tauschten Geschichten von früher aus. Die Vesperkirche ist längst zu einem gesellschaftlichen Ereignis in Horb geworden.