Sie freuen sich über den Start am neuen Standort am Garnisonsplatz 11: der Orthopäde Jochen Marx und sein Team. Foto: Hopp

Facharzt im Interview zu Umzug, den Vorteilen des neuen Standorts und den Fachärztemangel.

Horb - Der Orthopäde Jochen Marx hat seine frühere Praxis in der Neckarstraße hinter sich gelassen und hat im König Gesundheitszentrum auf dem Kasernenareal seine neue Heimat gefunden. Unserer Zeitung verrät er, welche Vorteile der neue Standort bringt, welche Schwierigkeiten ein Facharzt in der allgemeinen Gesundheitsversorgung hat und was er sich für die medizinische Versorgung in Horb wünscht.

Bekenntnis zu Horb, aber neuer Standort: Was bedeutet Ihnen dieser Schritt?

Dies bedeutet einen sehr großen Schritt für mich, mit diesem Standortwechsel sind Investitionen im Gesamtumfang von 1,35 Millionen Euro für mich verbunden. Der Standort Kasernenareal wird von den Patienten sehr gut angenommen, er liegt verkehrsgünstig und bietet genügend kostenfreie Parkmöglichkeiten. Ich würde mir wünschen, dass irgendwann der Bus auch noch in das Kasernenareal hineinfahren wird. Aber ansonsten bin ich bis jetzt sehr zufrieden.

Was sind weitere Verbesserungen?

In der Praxis haben wir jetzt viel mehr Platz, insgesamt 410 Quadratmeter. Die Räume sind hell und schallgeschützt. Insbesondere steht auch viel mehr Platz für unser Personal zur Verfügung, Stichwort Sozialräume.

Unsere Medizintechnik wurde komplett erneuert und ist jetzt auf dem allerneuesten Stand. Im Mittelpunkt steht ein Gerät zur Aufnahme dreidimensionaler Röntgenbilder, ein sogenannter digitaler Volumentomograph. Damit können einzigartige 3D-Bilder mit einer vierfach höheren Bildauflösung als bei einem herkömmlichen Computertomographen angefertigt werden, und das mit einer bis zu 92 Prozent geringeren Strahlendosis im Vergleich zum CT. Im Gegensatz zu CT oder MRT können auch Funktionsaufnahmen unter Belastung angefertigt werden. Und die Aufnahmen stehen sofort zur Verfügung, der Patient muss die Praxis nicht verlassen.

Weiterhin wurde eine neue voll automatisierte, voll digitale 2D-Röntgenanlage installiert. Diese bietet die aktuell beste verfügbare Bildqualität auf dem Markt. Wir haben insbesondere im Bereich der Kinderorthopädie nun die Möglichkeit, Aufnahmen der gesamten Wirbelsäule und des gesamten Beins anzufertigen. Und durch die vollständige Automatisierung entfällt für unsere Mitarbeiter zukünftig die körperlich anstrengende manuelle Bedienung einer Röntgenanlage. Abschließend wurde eines der modernsten Knochendichtemesssysteme installiert. Damit verkürzen sich die bisherigen Untersuchungszeiten drastisch bei besseren Auswertungsmöglichkeiten und höherer diagnostischer Sicherheit zur Erkennung und dann auch Behandlung des Knochenschwundes (Osteoporose).

Haben Sie jetzt andere Möglichkeiten für Behandlungen?

Insbesondere in der Diagnostik konnten wir unser Spektrum durch die neue Medizintechnik erweitern. Ansonsten können wir jetzt Behandlungen, die früher wegen der Enge auf wenige Räume reduziert waren, in allen Behandlungsräumen durchführen, zum Beispiel ärztliche Osteopathie. Therapeutisch bieten wir weiterhin die erwähnte ärztliche Osteopathie und Sportosteopathie an, darüber hinaus Arthrosetherapie, Stoßwellentherapie, Akupunktur, Elektro- und Ultraschalltherapie sowie Kinesiotaping.

Was sprach gegen die Praxisräume in der Neckarstraße?

Das Thema Erreichbarkeit war ein sehr großes Problem für die Patienten. Es gab in der näheren Umgebung der Praxis keine Parkplätze. Darüber hinaus sind uns die Räume zu eng geworden. Ich habe die Praxis von Herrn Stahl im Jahre 2012 mit vier Mitarbeitern übernommen, inzwischen sind daraus zehn Mitarbeiter geworden. Die vorhandene Bausubstanz ließ keine Veränderungen in der Art zu, dass wir daraus einen wesentlichen Vorteil gezogen hätten.

Sie hatten sich damals über die mangelhafte Informationspolitik über die Parkhaus-Arbeiten und das Desinteresse der Stadt Horb geärgert. Hat sich Ihr Unmut gelegt?

Das Thema liegt nun hinter mir und ich kann jetzt am neuen Standort positiv in die Zukunft schauen.

Zu wenig Fachärzte, zu viele Patienten: Wie möchten Sie diesem Problem begegnen? Wo stoßen Sie an Ihre Grenzen?

Die demografische Entwicklung einer alternden Bevölkerung und die Tatsache, dass in den nächsten Jahren eine Ruhestandswelle niedergelassener Ärzte auf uns zukommt, wird unweigerlich dazu führen, dass viele Patienten auf wenig Fachärzte stoßen werden. Ich persönlich habe mich intensiv darum bemüht, mein Team weiter zu qualifizieren. So beschäftigen wir drei Entlastungsassistenten/innen in der orthopädischen Facharztpraxis. Auf diese Weise kann ich Verantwortung übertragen und mich auf meine Kernkompetenzen konzentrieren.

Aber auch wir stoßen an unsere Grenzen. Aktuell sind Tage mit Sprechstunden von morgens 7 Uhr bis abends 19 Uhr mit weniger als eine Stunde Mittagspause eher die Regel als die Ausnahme.

Patienten Ihrer und anderer Praxen machen die Erfahrung, kaum telefonisch durchzukommen? Können die Patienten bei Ihnen hoffen, dass sich das nun ändern wird?

Das ist ein Problem der schieren Masse der Anrufer, wir beschäftigen eine/n Mitarbeiter/in ausschließlich für das Telefon. Aber auch hier haben wir für Verbesserungen gesorgt. Neben einer neuen Telefonanlage mit Wartelistenmanagement haben wir "Aaron.ai" gestartet. Dabei handelt es sich um ein Digitalisierungsprojekt, das auch im Rahmen des Projekts "KBV Zukunftspraxis" der Kassenärztlichen Bundesvereinigung getestet wird. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz erkennt der Telefonassistent Aaron in einem freien Dialog das Anliegen der Patienten und erfragt die notwendigen Informationen. Diese werden für uns in einer Art To-Do.Liste aufbereitet, die wir dann außerhalb der Telefonzeiten bearbeiten können. Damit möchten wir für die Mitarbeiter am Telefon Freiräume für die Terminvereinbarung und sonstige persönlich zu klärende Anliegen schaffen. Routineanfragen für Rezepte, Einweisungen, Überweisungen und Terminabsagen soll Aaron verarbeiten. Der Start in den ersten vier Tagen war schon recht vielversprechend.

Was muss sich Ihrer Meinung nach allgemein in der medizinischen Versorgung ändern?

Die aktuell bestehende Flatratemedizin – die Wochenzeitung "Die Zeit" hat es einmal in einem Artikel mit "Dauerkarte für den Doktor" überschrieben – die den Patienten unbegrenzte medizinische Leistungen bei begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen verspricht, ist sicher ein großes Problem. Aber die Politik wird sich an dieses Thema nicht heranwagen.

Was wünschen Sie sich für den Standort Horb?

Ich wünsche mir weiterhin so tolle Patientinnen und Patienten und dass ich mit meinem aktuellen Team in den neuen Räumen so weiterarbeiten darf. Ich habe wirklich außerordentliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die ich sehr dankbar bin und ohne die ein solches Arbeitspensum niemals möglich wäre.

Für die Stadt Horb an sich wünsche ich mir ein gutes Gelingen der Hochbrücke und ich würde mir dringend eine attraktivere Innenstadt wünschen. Die Ergebnisse des Ideenwettbewerbs sind toll, aber das beste Papier nützt nichts, es muss auch realisiert werden.