Die Wirtin spricht von versuchtem Totschlag mit unabsehbaren Folgen für das Opfer. Foto: Hopp

"Salatschüssel"-Wirtin Sue Graf spricht von Totschlagsversuch. Verdächtiger auf freiem Fuß.

Horb - In dem Lokal Salatschüssel im Heiligenfeld war es am Donnerstag gegen 20 Uhr zu einer Schlägerei gekommen (wir berichteten). Laut Polizei war es eine handfeste Schlägerei – doch die Wirtin spricht von versuchtem Totschlag mit unabsehbaren Folgen für das Opfer.

Gerhard H. (66) liegt in der Klinik der Berufsgenossenschaft in Tübingen im Koma. Ob er je wieder sprechen kann? Er ist das Opfer einer "tätlichen Auseinandersetzung", so der Polizeibericht vom Freitag letzter Woche. In dem Polizeibericht stand auch: "Der 66jährige erlitt schwere, aber nicht lebensgefährliche Kopfverletzungen."

Für Sue Graf, Wirtin des Truck-Stop "Salatschüssel" im Industriegebiet, ist dieser Polizeibericht und das, was der Staatsanwalt macht, ein "Skandal. Ich habe die Vollmacht von Gerhard und war deshalb in der BG-Klinik. Hier sagte mir Professor Reinert, dass ein versuchter Totschlag vorliegt. Gerhard hat ein schweres Hirntrauma und völlig pulverisierte Knochen in der einen Gesichtshälfte."

Er liegt im Koma. Graf bangt um den beliebten Mitarbeiter der Salatschüssel: "Ich weiß nicht, ob er jemals wieder sprechen oder was machen kann."

Doch der Staatsanwalt habe den 30-jährigen mutmaßlichen Schläger aus einem Horber Ortsteil am Freitag einfach auf freien Fuß gelassen. Salatschüssel-Wirtin Graf: "Seitdem lebe ich in Angst. Ich weiß nicht, ob dieser Mann hier nicht wieder auftaucht und durchdreht."

Was war passiert? Graf schildert die "Streitigkeiten in der Gaststätte", wie sie im Polizeibericht beschrieben wurde, ganz anders: "Es war ein Massaker. Der Gast war noch nie hier. Er kam zu Fuß in die Salatschüssel, Gerhard war alleine." Das weitere Geschehen, so wie es Sue Graf erzählt: Der 30-jährige Tatverdächtige bestellte Currywurst und Pommes. Gerhard H. bemerkte, dass sein Handy fehlte und fragte herum, ob jemand das Gerät gesehen hätte.

Der Täter kam hinter den Tresen, doch Gerhard H. sagte ihm, dass er dort nichts zu suchen habe. Dann ging er in die Nebenräume, um Getränke aus dem Kühlschrank zu holen. Graf: "Plötzlich stand der Typ im Raum und schrie: ›Ich bring dich um, ich schlag deinen Schädel zu Brei.‹ Dann nahm er den Kopf von Gerhard und schlug ihn mehrmals auf den Heizpilz mit unvorstellbarer Macht."

Gerhard H. sei so schwer verletzt gewesen, dass er eine Stunde lang nicht transportfähig war, schildert Graf weiter. Und trotzdem sei der Verdächtige einen Tag später auf freien Fuß gesetzt worden. Der Grund, so die Gastronomin: "Keine Fluchtgefahr." Sie habe inzwischen herausgefunden, dass der Koma-Schläger angeblich verheiratet sei und zwei Kinder habe.

Der Polizeibericht vom Freitag letzter Woche – dazu will die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit inzwischen keine Stellung mehr nehmen. Der Pressesprecher gestern: "Wir bitten Sie, sich mit dem Ersten Staatsanwalt Frank Grundke bei der Staatsanwaltschaft Rottweil in Verbindung zu setzen."

Dieser sagt: "Wir gehen inzwischen vom Straftatbestand einer gefährlichen Körperverletzung mit sehr schwerwiegenden Folgen aus. Die Prüfung am Freitag hatte ergeben, dass ein Haftgrund zu diesem Zeitpunkt nicht vorlag. Da das Ermittlungsverfahren läuft, kann sich immer eine andere Sichtweise ergeben."

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ist der Täter "so weit wir wissen" (Grundtke) nicht vorbestraft oder einschlägig wegen Gewaltdelikten bekannt.

Zwei Männer, die sich als Gäste in der Gaststätte aufhielten, wurden ebenfalls verletzt. Der 30-Jährige war nach der Schlägerei in ein benachbartes Firmengebäude gegangen und war dort auf einen Firmenmitarbeiter getroffen. Der Mitarbeiter wurde ebenfalls von dem 30-Jährigen attackiert, nachdem er von dem Angestellten aufgefordert worden war, das Gebäude zu verlassen, so die Polizei. Zu Hilfe eilende Kollegen des Firmenmitarbeiters konnten den 30-Jährigen letztlich bändigen und bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.

Zeugen werden gebeten, sich mit dem Kriminalkommissariat Freudenstadt, Telefon 07441/53 60, in Verbindung zu setzen.