Mehr als 20 Personen nahmen sich gestern Vormittag die Zeit, um sich den Vortrag von Bernd Jäger anzuhören. Fotos: Morlok Foto: Schwarzwälder Bote

Mittelstandsfrühstück: Vortrag zu "Von totgeglaubten Innenstädten und Häusern, die auf Reise gehen"

Beim sechsten Mittelstandsfrühstück der Firma Projektmensch fand sich eine erstaunliche Zahl an Interessenten ein, die sich zum Thema "Von totgeglaubten Innenstädten und Häusern, die auf Reise gehen" informieren wollten.

Horb/Eutingen. "Projektmensch" Holger Zimmermann hat 2018 die Reihe "Mittelstandsfrühstück" ist Leben gerufen, um zur Entwicklung der Unternehmen in der Region einen Beitrag zu leisten und für die Vernetzung der Akteure zu sorgen. "Wir finden, dass es zu wenige gute Gespräche gibt. Wer hat denn noch Zeit dafür?" – eine Fragestellung, die ihn seinerzeit umtrieb.

Kommunalpolitiker, Rathausmitarbeiter von Horb und Eutingen sowie der Landtagsabgeordnete Timm Kern waren gekommen, um sich den Vortrag von Bernd Jäger, dem verantwortlichen Geschäftsführer der "JaKo Baudenkmalpflege" aus Rot an der Rot, anzuhören. Und dies an einem ganz normalen Werktagmorgen um 8.30 Uhr.

Der Grund für dieses Interesse war sicher auch dem plakativen Titel "Von totgeglaubten Innenstädten und Häusern, die auf Reise gehen" geschuldet und der zusätzlichen Ankündigung, dass man etwas über die innerörtliche Reaktivierung im ländlichen Raum anhand des Adler-Areals in Weitingen erfahren würde.

Gerade das "Adler-Areal" lag naturgemäß im Interessen-Fokus einer großen Delegation aus dem Eutinger Ortsteil Weitingen. Darunter der neue Ortsvorsteher Rainer Himmelbach und sein Vorgänger Roland Raible. Neues erfuhren sie jedoch nicht, denn die Experten der Firma JaKo Baudenkmalpflege versuchen gerade in einer Art innerbetrieblichem Brainstorming die Bilder, die ihrem Chef bei der Vorortbesichtigung durch den Kopf gingen, in greifbare Nutzungskonzepte umzusetzen. Das Areal, das von "JaKo" gekauft wurde, ist inzwischen per 3D-Laserscan vermessen, wie Hermann Nesch am Rande des Treffens erklärte. Doch weitere Schritte sind in Planung und ein Zeitfenster für diese Projektentwicklungsphase wollte der Unternehmer nicht nennen. Zum Thema selbst brachte er lediglich die Ideensammlung mit, die von Bürgern, der Ortsverwaltung und einem zuvor beauftragten, externen Entwickler-Büro zusammengestellt wurde. Auch auf Nachfrage konnte – oder wollte – er noch nichts Konkretes zu diesem Thema sagen, betonte jedoch, dass nachhaltige Entwicklung nur dann möglich ist, wenn die Leute mitmachen. Doch so viel verriet er: "Man muss nicht davon ausgehen, dass aus dem ehemaligen Gasthof wieder ein Gasthaus wird." Er sei sich aber relativ sicher, dass man den Geist des Gebäudes in einer neuen Nutzung erhalten könnte. Was das jedoch bedeutet, überließ er der Fantasie seiner Zuhörer.

Auf die Frage von Michael Keßler (CDU), der die Thematik "Fruchtkasten" im städtebaulichen Sinn und im Konsens mit der Quartiersentwicklung in "totgeglaubten Innenstädten" ansprach, und daran anknüpfte, dass Jäger eingangs hervorhob, dass man einem historischen Gebäude keinen Nutzen "überstülpen" sollte, landete der Unternehmer beispielsweise bei einem Kindergarten, den man in ein ähnliches Projekt implementierte. Insgesamt beantwortete er Fragen gerne mit Beispielen, doch so richtig greifbare Nutzen, umsetzbare Tipps oder gar für Horb und die näheren Umgebung direkt nutzbare Anwendungen suchte man im Vortrag von Jäger vergeblich.

Was man aber erfuhr, das war die Firmenphilosophie, mit der die drei Jäger-Brüder ihr Unternehmen mit rund 140 Mitarbeiter nun in der dritten Generation führen. "Wir sind alle drei im Sägemehlhaufen von der Schreinerei unseres Opas aufgewachsen und erlebten unseren Vater nur dann gefühlvoll, wenn er vom Erhalt einer Altbausubstanz schwärmte." Und das haben die jetzigen Inhaber übernommen und in die heutige Zeit gerettet. Für sie ist das, was man oft "altes Glomb" nennt, erhaltenswerte Bausubstanz, die oft wesentlich nachhaltiger ist als das, was heute gebaut wird. Und genau mit dieser Firmenphilosophie konnten sie auch den Eutinger Gemeinderat und die Weitinger Gemeindeverwaltung überzeugen, die ihnen letztendlich "ihr" Adler-Areal verkauften. Ex-Ortsvorsteher Raible fragte noch nach, wie denn die zukünftige Vermarktung des Areals abläuft, da "JaKo" den Adler irgendwann ja wieder verkaufen wird. "Suchen Sie die Interessenten in der Gegend oder europaweit?", wollte Raible wissen. "Sie brauchen keine Angst zu haben, dass wir das Gelände an einen russischen Oligarchen oder einen chinesischen Investor verkaufen", beruhigte Jäger.

"Der Käufer muss zum Projekt passen", das ist für den Oberschwäbischen Unternehmer klar, der später noch für gezielte Nachfragen der Projekt-Frühstücker zur Verfügung stand. Insgesamt kristallisierte sich in dem 90 Minuten Vortrag heraus, dass es viel Herzblut, Authentizität und Wahrhaftigkeit sowie eine motivierte Mannschaft braucht, um "Bau-Leichen", egal, wo sie stehen, neues Leben einzuhauchen.