Prominenz aus Horb und seinen Nachbargemeinden war zum Horber Neujahrsempfang in die Hohenberghalle gekommen. Foto: Hopp

Digitalisierung ist Thema beim Neujahrsempfang. Saskia Esken spricht Grußwort. Mit Galerie

Horb - Der Neujahrsempfang der Stadt Horb hat sich als eine Art von Kursbuch für 2019 entpuppt: Massive Investitionen ins Radwegenetz, schnelles Breitband für Mühringen als letzten noch darauf wartenden Ortsteil und eine Digitalisierungsstrategie waren drei der Ankündigen.

Die Hohenberghalle am Sonntag. Katharina Krebitz, neue Gesangslehrerin an der Musikschule, und Peter Röhm stimmen mit einem Mix aus jazzig-souligen Tönen die Gäste ein. Dann geht das Licht aus – und auf der Riesen-Leinwand fährt der neue Image-Film der Stadt Horb ab. Inhalt: Eine junge Frau tippt in eine Suchmaschine einen Stadtnamen, sucht nach Lebensqualität, Natur, Kultur, Arbeitsplätzen. Es erscheint Horb. Und dann fliegen die Bilder: Ritterspiele, Mission Mudder, Fußball, Horber Frühling, Feuerwehr, Fischer Automotive. Dazwischen immer wieder Drohnenflüge über Stiftskirche und Co. Mit langem Applaus zeigt das Publikum: Der siebenminütige Film vom Videostudio Rabe kommt an.

Dann geht OB Peter Rosenberger ans Rednerpult. Die Saalbeleuchtung ist aus – und er erscheint auf der Riesen-Leinwand in Groß. Parteitagsatmosphäre. Nur mit dem Unterschied, dass die Lippenbewegungen auf der Leinwand nicht parallel zu dem der Redner sind. Gemeinderat Hermann Walz: "Das wundert mich. Beim Stadtteilpokal hat die Live-Übertragung auf den Riesen-Bildschirm eins zu eins geklappt."

Weil das Publikum unten – im Gegensatz zu Parteitagsdelegierten – nichts abstimmen muss, sitzt es im Dunkeln. Oben steckt der "Riesen-Rosi" seinen Kurs für 2019 ab.

Für andere Redner ist die Situation nicht leicht, wie die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken bei ihrem Grußwort zum Publikum sagt: "Man sieht Sie da unten gar nicht. Das ist sehr unangenehm für mich hier oben."

Wo steuert Horb im Jahr 2019 hin? OB Rosenberger: "Interkommunal werden 2019 durch die Trasse von Dettensee über Dommelsberg nach Mühringen auch diese Ortschaften und der Rest von Betra ans schnelle Breitband angeschlossen. Uns wird es in diesem Jahr gelingen, das sämtliche Ortslagen Horbs, mit Ausnahme von Aussiedlerhöfen und Weilern, mit mindestens 50 Mbit pro Sekunde versorgt sind."

Digitalisierung

Rosenberger führt aus: "Wir wollen den Prozess des Wandels in unserer Stadt weiterhin selbst in die Hand nehmen und aktiv mitgestalten." Damit gemeint: Nicht nur die Eröffnung des Digital Hub in der Kaserne, in das die Stadt 900 000 Euro investiert hat und das dazu dienen soll, ein Netzwerk zwischen Firmen und Experten für die digitale Transformation der Geschäftsprozesse zu schaffen, sondern auch eine Digitalisierung von Horb. Denn: Im Februar wird Rosenberger das Konzept des Rathauses für die "Digitale Mehrwertkommune" im Rathaus vorstellen.

Infrastruktur

Neben dem Breitbandausbau mit einer Million Euro jährlich will das Rathaus die Mittel für den Radwegeausbau massiv aufstocken. Rosenberger: "In diesem Jahr investieren wir 7,5 Millionen Euro in den Ausbau unserer Infrastruktur. Gleichzeitig werden die Mittel für den Erhalt des bestehenden Vermögens weiter massiv aufgestockt."

Konkrete Projekte, sagt der OB: "Wir werden 2019 mit dem Ausbau der Rad-Infrastruktur beginnen. Die jährlichen 100.000 Euro sollen nach dem jetzigen Planentwurf für die nächsten drei Jahre nochmals jährlich um 250 000 Euro für Rad- und Feldwege erhöht werden, damit ist die Ernsthaftigkeit doppelt unterstrichen." Auch geplant: Neben dem Neubau des Kindergarten Grünmettstetten mit einer Million Euro und der Generalsanierung der Stadionhalle mit 2,3 Millionen Euro sollen auch das Schulzentrum, das MGG und die Grundschule in Altheim saniert werden. Rosenberger: "Auch das wird eine große Summe kosten."

Live-Zwischenspiel

Dann mal wieder Entspannung für die Zuhörer – und Lampenfieber für Tabea Stäbler. Denn die 15-jährige Schülerin von Katharina Krebitz hat ihren ersten Live-Auftritt. Krebitz stimmt "Never Forget You" an, dann steigt Tabea ein. Erst schüchtern mit der zweiten Stimme, doch nach dem ersten Vers bewegt sie ihren Körper mit zur Musik und beginnt zu lächeln. Jubel und donnernder Applaus im Publikum. OB Rosenberger: "Liebe Rabea, die Nervosität hat man gar nicht gemerkt."

Impulsvortrag

Dann der Gastredner. Das Mega-Thema diesmal: Digitalisierung. Jürgen Jähnert, Geschäftsführer der BWCon mit Sitz seit letztem Jahr auch in Horb tritt ans Pult. Der Digitalisierungsexperte war selbst jahrelang bei Alcatel und SEL.

"Wir haben uns damals nicht vorstellen können, dass es möglich ist, kostenlos über das Internet zu telefonieren. Vielleicht sind die Autohersteller irgendwann mal froh, wenn wir ihr Auto kostenlos ausleihen." Gelächter im Publikum. Laut Jähnert ein Impuls, der zeigen soll, was durch die Digitalisierung vielleicht noch bevor stehen könnte. Seine Forderung auch an die Stadt Horb: "Eine Kommune sollte Verwaltung, Gewerbegebiete und Verkehr in Zukunft digital abbilden können." So könnten Vorgänge effektiver optimiert werden.

Dann tritt die SPD-Bundestagsabgeordnete Esken ans Pult. Wird erst politisch: "Ich hoffe, 2019 wird das Jahr, in dem das unsägliche Narrativ ›Migration ist die Mutter aller Probleme‹ ein Ende findet. Die Probleme sehen ganz anders aus: Wie sollen wir, die wir arbeiten, uns um die Kinder kümmern, die Angehörigen pflegen und uns auch noch fortbilden, um in der Digitalisierung zu bestehen, das alles vereinen können?"

OB Rosenberger versteht diesen Appell so: "Danke für die Aufmunterung an uns als Kommune, die versucht, die Infrastruktur dafür in der Kinderbetreuung und Schule sehr gut aufzustellen."

Dann ist Michael Theurer dran – Ex-OB von Horb und inzwischen im Bundestag für die FDP. Zunächst wünscht er dem an Burnout erkranktem Timm Kern "baldige Genesung". Applaus im Publikum. Theurer warnt vor dem "digitalen Tsunami": "Für kleine und mittlere Unternehmen besteht die Gefahr, hinweggefegt zu werden. Doch wir können das bewältigen, wenn wir uns nicht auf unserem Wohlstand ausruhen." Er fordert die richtigen Schritte der Politik: "Die Erfahrung zeigt, wo der Staat eingreift, ist die Industrie aufgeschmissen." Fordert Steuererleichterungen für Forschung und Entwicklung für genau diese kleinen und mittleren Unternehmen. Und weil OB Rosenberger davor warnte, dass es "inzwischen populär geworden ist, über die Kommunalpolitik anonym in den sozialen Medien herzuziehen", setzt sein Vorgänger Theurer noch eins drauf: "Es muss aufhören, dass die Gemeinde- und Ortschaftsräte die Deppen der Nation sind. Sie sind Helden der Demokratie. Das müssen wir laut sagen!" Langer Applaus im Publikum.

Info: Digitalisierung

Im Mai vergangenen Jahres verkündete Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl, dass auch Horb im Wettbewerb "Digitale Zukunftskommune@bw" ausgezeichnet wurde. Laut OB Peter Rosenberger hat die Stadt damit einen Zuschuss von 40.000 Euro bekommen.

Das Team um Stadtwerke-Chef Eckhardt Huber und Pressesprecher Christian Volk ist gerade dabei, den Expertenworkshop aus dem Herbst auszuwerten. OB Rosenberger: "Wir haben folgende Themen identifiziert: Mobilität und das digitale Rathaus. Bei Letzterem die weitere Digitalisierung der Arbeitsplätze und digitale Services für Bürger." Im Februar im Gemeinderat wird dann das Thema vorgestellt, auf das die Stadt setzt.

Am 4. März muss der Förderantrag für die nächste Runde beim Land eingereicht werden. Auf dem Stand beim Neujahrsempfang hat Stadtwerke-Chef Huber eine Übersicht aufgehängt, wie digital Horb und das Rathaus schon sind. Der Bauhof hat ein digitales Organisationssystem, in der Wasserversorgung gibt es eine Fernüberwachung. Das zentrale Prozessleitsystem kann auch vom Smartphone gesteuert werden. Seit Oktober 2018 läuft die Vergabe von Bauaufträgen digital. Formulare für Bürger können als PDF heruntergeladen werden.