So heftig kann es kurz vor der Sperrmüll-Abholung in Horb aussehen. Foto: Hopp

Banden verteilen Müll großflächig. Viele Bürger halten sich nicht an Vorgaben. Auch mit Abfuhr gibt es Probleme.

Horb - Das ist nicht zu fassen! Das Sperrmüllchaos wird von Jahr zu Jahr schlimmer. Diesmal treiben Sperrmüllbanden, das Abfuhrunternehmen und Nachbarn das Chaos auf die Spitze!

Michaela Manenti, bekannt von ihrem Beleuchtungsservice, wird ganz schwarz vor Augen. Am Montag nach der Sperrmüllabfuhr machte sie auf Facebook ihrem Sperrmüll-Frust Luft und ärgerte sich gleich über drei Seiten im bösen Sperrmüll-Spiel: Erstens die Nachbarn: "Danke an die Nachbarn, die jegliche Hinweise in der Abfallfibel ignorieren und wirklich alles auf den Sperrmüll tun, was nicht dazu gehört!" Zweitens die Sperrmüll-Banden: "Danke an die weißen Lieferwagenfahrer, die beim Suchen nach Brauchbarem alles zerfleddern und rumschmeißen." Drittens das Abfuhrunternehmen: "Und vielen Dank an das Abfuhrunternehmen, dessen Mitarbeiter voller Elan nicht alles mitgenommen haben. Euch dabei zuzusehen, war sehr ›aufschlussreich‹, denn der jetzt noch hier liegende Müll wurde gezielt mit den Füssen gegen die Wand gepfeffert!"

Der große Sperrmüll-Frust

Manentis Frust-Fazit: "Danke dafür, dass es vier Tage nach Abfuhr so vor unserem Keller aussieht, dem Müllsammelplatz für die gesamte Nachbarschaft und wieder sind wir die Volltrottel, die den Dreck wegmachen dürfen!" Dazu postete sie Bilder.

Ein Frust-Aufschrei von Manenti. Sie wohnt in der Neckarstraße, schräg gegenüber vom Bärensteg. Sie sagt: "So schlimm wie dieses Mal war es selten. Bei uns vor dem Haus ist der Müll-Sammelplatz. Das letzte Mal haben wir die Reste noch weggemacht – aber diesmal ist uns das zuviel!"

Der Sperrmüll-Frust. Überall wieder in Horb. Manentis Nachbarin Viviana Weschenmoser, SPD-Gemeinderätin: "Es war diesmal besonders schlimm bei uns in der Neckarstraße."

Doch das Sperrmüll-Chaos – es herrscht nicht nur in der Neckarstraße. Auf Manentis-Facebook-Post melden sich viele Horber. Ursula H.: "So sah es aber dieses Mal überall in der Stadt aus, auch auf dem Hohenberg. Schrecklich!" Daniela D.: "Das sieht in den Teilorten leider genauso aus. Derjenige der den Sammelhaufen vor dem Haus hat, ist der Depp, der die liegengebliebenen Reste nach der Sperrmüllabfuhr zu entsorgen hat. Wir machen das seit Jahren mit!"

Ärger mit Sperrmüllbanden

Woran liegt es? Unter anderem auch an den Sperrmüll-banden. Fahrzeuge – meist aus Osteuropa oder häufig in Horb mit Mannheimer Kennzeichen – die im Müll nach Wertvollem suchen. Das ist eigentlich illegal, weil der Sperrmüll auf der Straße juristisch dem Abfallwirtschaftsbetrieb des Landkreises gehört. Doch das schert die Sperrmüllbanden überhaupt nicht. Auf der Facebook-Seite "Blaulicht News Horb" wird erzählt, was während des Sperrmüll-Chaos abgeht. Susanne F.: "Bei uns in Horb standen sie letzte Woche in der Straße mit drei Sprintern hintereinander. Die fuhren bis nachts um 22 Uhr und haben mit Taschenlampen den Sperrmüll durchsucht. Anschließend sieht es aus, wie nach einem Bombeneinschlag, weil jede Tüte und jeder Karton durchsucht wird. Ich habe mein Zeug am Vorabend rausgetragen und wurde noch während des Raustragens von zwei Fahrern angesprochen, ob ich Fahrradteile, Elektrogeräte oder Altmetall habe."

Simone G.: "Das ist auch in Betra eine Zumutung. Man lässt die Kinder nicht mal mehr alleine in die Turnhalle laufen, da sie (die Sperrmüll-Bande, Anm. d. Red.) ihren Sammelplatz direkt an der Halle haben. Die pinkeln sogar vor der Haustür an das Auto, und wenn man was sagt, muss man Angst haben, eine von ihnen auf die Fresse zu bekommen."

Gudrun A.: "Mich stört das schon seit Jahren, dass die im Fünf-Minuten-Takt durchfahren. Für mich ist das eine Müllmafia, da die genau wissen, wann wo Sperrmüll ist." Daniela S: "Bei mir hat die Bande sogar Sperrmüll vor dem Haus abgeladen!"

Kennzeichen aufschreiben

Was ist das los mit den Sperrmüllbanden? Eugen Heizmann, Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises: "Der Abfallwirtschaftsbetrieb hat in der Vergangenheit bereits in Zusammenarbeit mit der Polizeidirektion Freudenstadt Kontrollen durchgeführt und plant dies auch in diesem Jahr wieder. Die Einwohner des Landkreises können mithelfen und illegale  Sperrmüllsammler dem Abfallwirtschaftsbetrieb unter Angabe der Kennzeichen mit Datum, Ort und Uhrzeit, melden."

Das beste, so Heizmann, ist Prävention. Der Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs: "Um den Sperrmüllsammlern ihre Tätigkeit zu erschweren, empfiehlt der Abfallwirtschaftsbetrieb, den Sperrmüll erst kurz vor der Abfuhr bereitzustellen (Spätabends oder Frühmorgens)."

Probleme bei der Abfuhr

Doch was nützt das, wenn das "Sperrmüll-Chaos" zu groß ist. Eigentlich war der Sperrmüll-Sammeltag am Donnerstag im Abfallkalender. Doch auch am Freitag waren die Müllwerker des beauftragten Unternehmens noch unterwegs. Heizmann: "Bei der Toureninformation für den 14. März wurde dem Abfallwirtschaftsbetrieb mitgeteilt, dass in der Kernstadt Horb ein Teil des Sperrmülls am 15. März nachgefahren werden muss. Holz sowie Schrott/E-Schrott waren am 14. März vollständig abgefahren.  Durch diesen Umstand hat sich die Abfuhr auf dem Hohenberg teilweise verzögert. Das Gebiet Hohenberg wurde am Freitag dann vollständig ›abgeräumt‹, heißt es von Amtsseite.

Vor Manentis Haustür lag gestern noch ein Röhrenfernseher. Heizmann dazu: "Werthaltiger Sperrmüll wie Schrott und Elektronikschrott sollte über die Recycling-Center entsorgt werden." Laut der Homepage der Abfallwirtschaft des Landkreises ist die Abgabe von Haushaltsgroßgeräten, Monitoren und TVs sowie elektronischen Haushaltsgeräten im Recycling-Center kostenlos.

Stadt will handeln

Wird wenigstens das "Rest-Müllchaos" vor Manentis und den anderen Häusern vom Bauhof beseitigt? Werden Knöllchen geschrieben? Stadtsprecher Christian Volk: "Die Stadtverwaltung beobachtet die allgemeine Sperrmüllthematik sowie die Problematik mit Sperrmüllsammlern in der vergangenen Zeit zunehmend kritisch. Bei der Stadtverwaltung sind vereinzelt Beschwerden eingegangen, weshalb auch bereits mit dem zuständigen Abfallwirtschafts–betrieb beim Landratsamt Freudenstadt Kontakt aufgenommen wurde." Zum Verhalten mancher Bürger sagt die Stadt: "Es ist schade, dass Anwohner, deren Gegenstände nicht abgeholt wurden, weil sie ganz offensichtlich nicht zum Sperrmüll zählen, diese nach der Abfuhr einfach stehen lassen und nicht ordnungsgemäß entsorgen. Leidtragende von diesem Verhalten sind leider die betroffenen Anwohner sowie die Allgemeinheit."

Und warum treten die Sperr-Müllwerker bei Manentis den Restmüll einfach an die Hauswand? Heizmann: "Wir haben eine Anfrage an die Abfuhrfirma gestellt, ob Mitarbeiter Dinge gegen die Wand getreten haben."

Doch wie, zum Müllferkel noch mal, will die Abfallwirtschaft das Problem lösen?  Abfallwirtschaftschef Heizmann: "Müllwerker haben bei der Sperrmüllabfuhr keinen leichten Job. Sie nehmen nur dann  Dinge nicht mit, wenn diese ganz offensichtlich nicht zum Sperrmüll gehören. Für die Müllwerker ist es im Übrigen nicht erkennbar, wer diese Dinge zur Abfuhr bereitgestellt hat.  Besonders problematisch ist die Tatsache, dass der Sperrmüll sehr oft wild durcheinander liegt. Deshalb empfiehlt der Abfallwirtschaftsbetrieb, den Sperrmüll getrennt nach Schrott und E-Schrott, Altholz und Restsperrmüll bereitzustellen. Auch die illegalen Sammler durchwühlen die bereitgestellten Dinge und hinterlassen Unordnung. Dies bedeutet, dass die Müllwerker sehr viel mehr Zeit für die Abfuhr benötigen."

Neues Abhol-System?

Kreisrat Wolfgang Kronenbitter (FW): "Der Vertrag mit dem Abfuhrunternehmen für den Sperrmüll läuft im Frühjahr 2020 ab. Der Kreistag wird sich deshalb bereits im nächsten Jahr mit dem System der Sperrmüllabfuhr erneut beschäftigen. Als Alternative kann sich der Landkreis auch für das Abholsystem entscheiden. Dabei wird auf Anforderung der Haushalte der Sperrmüll abgeholt." Dies habe den Vorteil, dass Abfälle, die nicht zum Sperrmüll gehören, vor dem jeweiligen Gebäude liegen bleibe und damit der Verursacher bekannt sei. "Auch wird dadurch die unzulässige Abholung und die Probleme mit den ›weißen Lieferwagen‹ und den Sperrmüllbanden verhindert." Dies hätte auch den Vorteil, dass verwertbarer Sperrmüll beim Landkreis verbleiben würde, so Kronenbitter, der aber auch sagt: "Der Nachteil dieses Systems wäre unter anderem, dass das ganze Jahr über einzelne Sperrmüllberge das Stadt-, Orts- und Straßenbild beeinträchtigen würden."