Interessant dabei vor allem, was die Zwillingsschwester des Opfers im Prozess bereits ausgesagt hatte: "Die Kripo hat das komplette Haus und alle Nebengebäude auf den Kopf gestellt. Nur den Komposthaufen haben sie nicht durchsucht. Eine Nachbarin hat gesehen, dass die Ludwigsburger dort gegraben haben." (Symbolfoto) Foto: Goumbik / pixabay

Von der möglichen vergrabenen Beute fehlt jede Spur. Gab es Kontakt vom Gefängnis aus?

Rottweil/Horb-Nordstetten - Nächster Paukenschlag im Prozess um den Mord am Immobilienunternehmer Michael Riecher (57). Hat der Hauptangeklagte aus dem Gefängnis die "Ausgrabung", wie Oberstaatsanwalt Christoph Kalkschmid es nennt, organisiert?

Richter Karlheinz Münzer verteilt zu Beginn des Prozesses CDs. 571 Nachermittlungen von Oberstaatsanwalt Kalkschmid zu den "Ausgrabungen" in Nordstetten. Und diese Nachermittlungen haben es in sich.

Am 4. Januar hatte eine Zeugin beobachtet, wie fünf Männer rund um die Ritterschaftsstraße 15, dem ehemaligen Elternhaus von Michael Riecher und letztem Wohnort des Hauptverdächtigen Mohammed O., sich verdächtig verhielten. Sie malten Pläne in den Schnee, gruben wohl rund um das Haus des syrischen Flüchtlings, der den 57-jährigen Michael Riecher erwürgt haben soll. Das Auto, in dem zwei Verdächtige saßen, hatte ein Ludwigsburger Kennzeichen. Die Zeugin rief auf dem Polizeirevier Horb an – weil der zweite Tatverdächtige Iyad B. aus Ludwigsburg kam. Die Streife kam jedoch erst Stunden später, nachdem die Zeugin ein zweites Mal angerufen hatte.

Hatte Mohammed O. im Gefängnis jemandem damit beauftragt, die Beute auszugraben und zu sichern?

Jetzt wird deutlich: Mohammed O. könnte diese Männer aus dem Gefängnis dorthin dirigiert haben. O.s Verteidiger Kristian Frank nach der Auswertung des 25-seitigen Ermittlungsberichts: "Soweit ich diesen ersten Bericht verstanden habe, soll es Verbindungen über die JVA Rottweil zu Mohammed O. gegeben haben. Dort soll es eine direkte Verbindung gegeben habe, wie es im Ermittlungsbericht steht!"

Hatte Mohammed O. im Gefängnis jemandem damit beauftragt, die Beute auszugraben und zu sichern? Fakt ist: Es gibt den Verdacht, so bestätigen die Prozessbeteiligten, dass einer der Männer, der am 4. Januar in Nordstetten gesehen wurde, im Gefängnis Kontakt zu O. hatte. Allerdings nur ein Verdacht. Denn der Polizei gelang es nicht, von den insgesamt bis zu fünf Männern, die die Zeugin in Nordstetten beobachtete, alle zu schnappen.

Die Zeugin bestätigt dem Schwarzwälder Boten: "Ich meine, es waren fünf Leute. Als die Beamten aus Horb nach Stunden ankamen, trafen sie nur noch zwei Männer am Auto mit Ludwigsburger Kennzeichen an. Die Beamten haben diese wohl gebeten, die anderen per Telefon zu rufen!" Auch komisch, so bestätigt die Zeugin gestern: "Ich habe insgesamt wohl fünf verschiedene Verdächtige gesehen. Zwei blieben beim Auto, zwei liefen auf das Nachbargrundstück mit Taschen. Als sie später zurückkamen, waren sie ohne Taschen unterwegs."

Hat ein vierter Mann oder noch ein Komplize die Beute abtransportiert?

Prozessbeteiligte bestätigen, dass unmittelbar vor Ort nur drei Männer geschnappt wurden. Der vierte Mann wurde erst nachermittelt. Hat dieser Mann oder noch ein Komplize die Beute abtransportiert?

Die Zeugin: "Dazu kann ich nichts sagen. Ich habe ihn nur fotografiert. Leider ist das Foto unscharf, weil ich nicht wollte, dass er es mitbekommt. Er hat mich dann noch um Feuer gebeten." Staatsanwalt Kalkschmid bestätigt, dass sich das unscharfe Foto auch in der Ermittlungsakte befindet.

Konnte die Beute abtransportiert werden, weil die Polizei so spät kam? Ein Polizist, der gestern als Zeuge gehört wurde, erklärt: "Ich war eingebunden in die Durchsuchungsmaßnahmen bei vier Personen, die mutmaßlich die Ausgrabungen vorgenommen haben." Richter Münzer: "War das erfolgreich?" Der Kripo-Beamte: "Nein. Wir konnten keine relevanten Gegenstände sichern, die etwas mit einer Beute zum Nachteil des Opfers zu tun haben."

Dann stellen die Verteidiger den Antrag, den Zeugen nicht weiter zu verhören. Abgelehnt. Richter Münzer: "Soweit sich zu den heute nachgereichten Akten neue Beweise ergeben, kann der Zeuge erneut geladen werden."

Interessant dabei vor allem, was die Zwillingsschwester des Opfers im Prozess bereits ausgesagt hatte: "Die Kripo hat das komplette Haus und alle Nebengebäude auf den Kopf gestellt. Nur den Komposthaufen haben sie nicht durchsucht. Eine Nachbarin hat gesehen, dass die Ludwigsburger dort gegraben haben."

Und bei seiner ersten Vernehmung in Darmstadt hatte Iyad – der angeklagte Mittäter folgendes gesagt, als er nur 3000 Euro Bargeld von Michael Riecher bekommen hatte: "Er fing an, die Wohnung von Riecher zu durchsuchen." O. habe nichts gefunden und gesagt, dass Riecher die Versteckplätze geändert habe. Iyad wörtlich: "O. hat da einen Trick gemacht."

Am Ende bleibt die Frage: Hat er nach der Tat die wirklich große Beute rausgeholt und im Garten von Riechers Elternhaus vergraben?

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Das belastende Geständnis des Palästinensers 

"O. sagte mir auf dem Weg zum Bahnhof: Riecher ist kein guter Mensch. Er ist ein Tier. Er will mit meiner Frau eine Beziehung!" Das sagte Iyad B. – mutmaßlicher Komplize des Hauptangeklagten Mohammed O. im ersten Polizeiverhör. Seitdem schweigt er.

Der Prozess um den Mord am Immobilienmakler bringt immer neue, perfide Details ans Licht. In der Hauptverhandlung gestern wurden die Polizeibeamten vernommen, die Iyad B. in Darmstadt befragt hatten.

Er wolle reden, sagte er den Beamten gleich, nachdem die Bahnpolizei ihn und seine Frau aus dem Zug nach Berlin geholt hatten. Ein Kripo-Beamter: "Er hat gesagt, er weiß, worum es geht. Dass es um den Vorfall in Horb-Nordstetten geht." Später sagte er noch: "Ich kann nicht mal ein Hähnchen töten oder schlachten." Laut den Dolmetschern ist das das arabische Sprichwort für: "Ich kann keiner Fliege was zu Leide tun."

Was ist passiert am Tag vor der Tat und am Tag der Tat? Iyad schildert in seinem Geständnis, dass er den Friseur in Stuttgart getroffen habe und am nächsten Tag in Horb erneut. Die Überfallpläne wurden laut Iyads Geständnis in O.s Wohnung geschmiedet. Der Friseur hatte gesagt, dass diese Pläne im Auto von O. besprochen wurden.

Laut Iyads Geständnis war der damals besprochene, endgültige Plan, dass O. in Riechers Wohnung geht, Iyad und den Friseur reinlässt und beide einen Überfall auf das Opfer machen. Sie sollten ihm Angst machen und bedrohen. Möglicherweise könnte Riecher dabei sterben.

Später versuchte Mohammed O., so Iyad, mehrmals das Opfer zu kontaktieren – ohne Erfolg. Später sei Iyad eingeschlafen. Als er wach wurde, soll ihn der Hauptverdächtige geweckt haben: "Riecher steht unten und wartet." Beide fuhren im schwarzen Jaguar zu Riecher. Beide hatten gefragt, ob sie noch mit hochkommen könnten. Der lehnte ab.

Um 18.30 Uhr, so das Geständnis, habe Mohammed O. Iyad vom Bahnhof Horb abgeholt. Dann fuhren beide in die Nähe von Riechers Haus. Mohammed O. soll gesagt haben, so Iyad im Polizeiverhör: "Wenn das Licht im Büro ausgeht, kannst du über die Tür ins Haus." O. habe ihm noch beschrieben, wie man die Tür durch Anheben öffnet.

Tat habe etwa eine halbe Stunde gedauert

Iyad sei in die Wohnung, lauerte gut zehn Minuten in der Küche. Dann habe er das Geräusch der Außentür gehört. Der Komplize will das Opfer aufgefordert haben, nicht zu schreien. Riecher habe sich umgedreht und habe versucht, wegzulaufen. Iyad im Geständnis: "Ich habe ihm mit der Hand ins Gesicht gegriffen, vor den Mund. Dabei hat er mich in den Finger gebissen."

Das Opfer sei zu Boden gegangen und habe gesagt: "Ich gebe dir, was du willst." Iyad habe abgelassen, weil er gesehen habe, dass das Opfer Atemnot leide. Er habe ihm dann ein Glas Wasser geholt. Dann habe Iyad das Geräusch der Außentür gehört. O. sei ins Haus gekommen. Man habe sich kurz unterhalten und ausgemacht, dass O. in der Küche bleibe. Dann seien Riecher und Iyad ins Büro gegangen: "Es war alles dunkel, man konnte nichts sehen. Riecher ging ins Büro und machte ein Fensterchen auf. Darin war eine Kassette. Er gab mir 3000 Euro, ich steckte das Geld in die Tasche. Ich habe ihn gefragt: Willst du mir nicht alles Geld geben?"

Daraufhin habe das Opfer "Okay" gesagt und sei wieder in das Wohnzimmer gegangen. Im Flur schnappte O. das Opfer von hinten, so das Geständnis: "Er packte ihn mit den Händen, hielt den Mund zu. Nach zwei Minuten war der Mann fertig, tot. O. sagte: ›Dein Blut ist auf dem Hemd. Ich ziehe es aus und entsorge es.‹" Dann sei Iyad rausgegangen.

Das Ganze habe ungefähr eine halbe Stunde gedauert. Iyad im Geständnis: "Vom Betreten zum Verlassen. O. hatte mir vorher gesagt, dass er nach einer Stunde kommt. Ich habe mir gedacht, dass er so gierig ist und dass er Angst hätte, ich würde mit der Beute abhauen. Er kam schon nach einer viertel Stunde hinein!"

Der Plan für den Überfall: Er wurde Iyad schmackhaft gemacht mit dem offenen Tresor, den O. angeblich voll mit Geld und Gold gesehen hatte. Deshalb will die Richterin wissen, was Iyad dazu gesagt hatte, ob man nach der Tat nach Beute suchte.

Der Kripo-Beamte: "In seiner Vernehmung schildert Iyad, dass O. gesagt habe, dass er am Morgen wiederkommen würde. Dann würde O. das Opfer aufs Bett legen und noch einmal die Wohnung durchsuchen."

Interessant: Iyad erwähnt nichts von Erwürgen, so die Vernehmung. Fakt ist: Bei der Obduktion wurde festgestellt, dass beide Kehlkopfhörner gebrochen waren.

Auch bemerkenswert: Im Prozess wurden Lichtbilder gezeigt. Dort ist ein Zeuge zu sehen, der mit Mohammed O. die Leiche gefunden hat. Er zeigt auf dem Foto bei der Polizei, wie O. die Leiche beim Auffinden angefasst hat. Mit beiden Händen und den Fingern komplett am Hals. Das haben O., so sagte er später bei der Polizei aus, bei seinen Rettungskursen so gelernt.