Die Spurensicherung bei ihrer Arbeit im November 2018 im Haus von Michael Riecher. Foto: Lück

Gewissheit um Tod von Michael Riecher. Staatsanwaltschaft geht von räuberischer Erpressung mit Todesfolge aus.

Horb-Nordstetten - Die Staatsanwaltschaft Rottweil ist sich in ihrer Anklage sicher: Mohammed O. (27) hat seinen väterlichen Freund und Förderer Michael Riecher (57) erwürgt.

Damit wird das Geschehen um den Immobilienunternehmer Michael Riecher, der am Samstag, 3. November, tot in seinem Haus aufgefunden wurde, noch dramatischer. Denn: Mohammed O., syrischer Flüchtling und Freund des Opfers, soll den Immobilienunternehmer ermordet haben. Frank Grundke, erster Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Rottweil: "Die Anklage stützt sich auf das Teilgeständnis des 32-jährigen Ludwigsburgers und die objektiven Spuren."

Demnach habe sich die Tötung von Riecher wie folgt abgespielt: Der 32-jährige aus Ludwigsburg soll in der Zeit irgendwann zwischen 18 und 19.30 Uhr das Haus von Michael Riecher betreten haben. Wie gute Freunde des Opfers dem Schwarzwälder Boten erzählt hatten, war die Terrassentür im Wohnhaus von Riecher meist nicht abgeschlossen. Der 32-jährige staatenlose Palästinenser griff Riecher an und forderte Bargeld. Der Immobilienunternehmer holte dann das Geld – laut Staatsanwaltschaft eine Summe im vierstelligen Bereich.

Mohammed O. hat Opfer erwürgt

Der Horber Mohammed O. soll laut Grundke "dazugekommen sein und zur Verdeckung der räuberischen Erpressung das Tatopfer angegriffen und durch Würgen getötet haben". Dann seien die beiden Täter geflüchtet – mit dem Bargeld. Die dramatische Tat soll sich – so der derzeitige Ermittlungsstand – in einer "überschaubaren Zeit" von vielleicht einer halben Stunde zugetragen haben, so die Staatsanwaltschaft.

Der Mord an Michael Riecher. Der tödliche Plan eines Trios? Neben dem Horber Mohammed O. (Anklage: räuberische Erpressung in Tateinheit mit Mord) war nicht nur der 32-jährige Palästinenser aus dem Landkreis Ludwigsburg (Anklage: räuberische Erpressung mit Todesfolge) dabei. Auch ein 43-jähriger deutscher Staatsangehöriger mit nordafrikanischen Wurzeln plante offenbar das Verbrechen mit.

Laut Staatsanwalt Grundke war der "dritte Mann" aus dem Umkreis von Ludwigsburg "vorher in das Geschehen planmäßig miteinbezogen", so die Erkenntnisse der Ermittler. Klartext: Ein Trio hat den Überfall auf Riecher geplant, um Bargeld zu erbeuten.

Doch woher kennen sich die drei Männer? Laut den Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft kannte der syrische Flüchtling zunächst lediglich den 43-Jährigen aus Ludwigsburg. Dieser habe ihn dann mit dem 32-jährigen Ludwigsburger bekannt gemacht, so die bisherigen Erkenntnisse. Dieser 32-Jährige sei ins Haus von Riecher gegangen und habe Bargeld verlangt. Und legte nach seiner Verhaftung in einem Zug in Darmstadt ein Teilgeständnis ab.

Grundke: "Das Opfer dürfte den 43-Jährigen nicht gekannt haben." Deshalb hat die Staatsanwaltschaft den 43-Jährigen wegen des Verdachts der "Nichtanzeige geplanter Straftaten" angezeigt. Das Amtsgericht Horb hat deshalb einen Strafbefehl erlassen. Dagegen hat der Angeklagte Einspruch erhoben.

Doch warum führte der Überfall zum Mord? Was war das Motiv? Grundke: "Sie haben wohl Geld benötigt. Für die Vermutung, dass es beispielsweise um Drogengeschäfte gibt, dafür gibt es nach dem bisherigem Ermittlungsstand keine Erkenntnisse."

Anfang Januar sorgte ein Quartett für neues Aufsehen im Fall "Riecher": Eine Zeugin hatte beobachtet, wie vier Männer, die in Autos mit Ludwigsburger Kennzeichen nach Nordstetten gekommen sind, rund um das Elternhaus von Michael Riecher Pläne in den Schnee zeichneten. Hier wohnte Mohammed O. Die vier hatten auf der Baustelle des Nachbargrundstücks gegraben. Staatsanwalt Grundke: "Dies hat – so haben die Ermittlungen inzwischen ergeben – nichts mit den jetzt angeklagten Straftaten zu tun."

Auch eindeutig: Mohammed O. – des Mordes an Michael Riecher angeklagt – schweigt. Die jetzt veröffentlichte Anklage – sie zeigt, wie perfide das Trio vorgegangen sein soll.

Michael Riecher hatte sich zu Lebzeiten sehr für Flüchtlinge eingesetzt. Hatte im Sommer vor der Tat Mohammed O. für Hausmeisterarbeiten in seinem Offizierskasino beschäftigt. In Horb galt der jetzt angeklagte Mann als Beispiel für eine "vorbildliche Integration". Konnte blitzschnell Deutsch, passte sich dem Lebensstil schnell an. Bekam auch eine Arbeitsstelle bei einer Empfinger Firma.

Im Sommer vermietet der Immobilienunternehmer sein mittlerweile abgerissenen Elternhaus an den syrischen Flüchtling. Damit Mohammed O. aus seiner bisherigen Ein-Zimmer-Wohnung in der Nachbarschaft von Riechers Wohnung ausziehen kann und für seine Ehefrau einen angemessenen Wohnraum habe.

Im Gegenzug soll Mohammed O. jede Menge Arbeiten für den Immobilienunternehmer erledigt haben: das Haus instandsetzen, Äpfel aufsammeln in Riechers Garten, Handwerksaufgaben im Offizierskasino, welches Riecher vermietet hatte. Der syrische Flüchtling soll Riecher immer wieder Essen gebracht haben, welches seine frisch angetraute Frau gekocht hatte. Riecher soll Mohammed O. erlaubt haben, seinen schwarzen Jaguar zu fahren.

Am 2. November soll Mohammed O. dann seinen Freund ermordet haben. Durch Erwürgen. Das war ein Freitag. Am Samstagmorgen nach der Tat soll Mohammed O. als erster am Tatort gewesen sein. Hintergrund: Riecher war an diesem Morgen mit einem Geschäftspartner verabredet. Weil der Immobilienunternehmer nicht erschienen ist, rief der Geschäftspartner den syrischen Flüchtling an und bat ihn, zu schauen, "ob Michael da ist". Mohammed O. habe mehrfach an der Tür geklingelt und dann den Krankenwagen gerufen.

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Nach dem Mord war unser Reporter am Tatort: