Spurensicherung und Ermittler am Wohnhaus von Michael Riecher – ein Bild wenige Tage nach der Tat im November 2018. Foto: Archiv/Lück

Gerichtsmediziner sagt vor Gericht aus. Opfer hat mehrere Hämatome in Kopfbereich.

Horb - Wie starb Michael Riecher? Das gerichtsmedizinische Gutachten stand im Mittelpunkt des Verhandlungstags am Mittwoch. Der Gerichtsmediziner Stefan Wehner, der die Leiche in der Pathologie in Tübingen am 6. November obduzierte, machte klar, dass der Horber Unternehmer durch stumpfe Gewalt gegen seinen Hals erstickt ist.

Klar ist dabei, dass Riecher entweder durch Erwürgen mit beiden Händen oder durch einen Unterarmwürgegriff erstickt ist. Fingerkuppenabdrücke im Halsbereich waren nicht zu erkennen. Klares Zeichen für den Angriff gegen den Hals ist auch das Brechen und Umbluten der beiden Kehlkopfhörner.

Außerdem wies die Leiche von Riecher mehrere, kleinflächige Hämatome im Kopf- und Gesichtsbereich, an den Armen, an der Schulter und an der Brust sowie einzelne kleinflächige Schürfwunden auf. Beide Ellbogen hatten Schwellungen. Einige Hämatome sind durch Sturzeinwirkungen zu erklären, andere wie eine Stelle im Schläfenbereich dagegen nicht. Hier habe ihn ein kantenförmiger Gegenstand getroffen. Die Verteidigung brachte einen Leitz-Ordner, der aus dem Regal gefallen sei, ins Spiel. "Durchaus möglich", so die Antwort von Wehner.

Spuren eines Abwehrkampfes waren nicht zu sehen. Und: Riechers Lungenkrankheit habe keine großen Auswirkungen auf die Dauer des Todeskampfes gehabt.

Auch das rechtsmedizinische Gutachten lässt das genaue Tatgeschehen weitestgehend offen. So ist möglich, dass ein Täter alleine Riecher erwürgt hat – aber auch die Tatbeteiligung einer zweiten Person könne nicht ausgeschlossen werden. In seiner Aussage bei der Polizei hatte der Angeklagte Iyad B. angegeben, dass Mohammed O. alleine Riecher getötet habe. Dies kann der Gerichtsmediziner weder bestätigen noch ausschließen.

Auch die Todeszeit lässt sich nur grob eingrenzen: zwischen 19.48 bis 23.42 Uhr, wobei kleine abweichungen noch möglich seien. "Es gibt viele Unsicherheitsfaktoren", so Wehner. Ein Problem ist dabei auch das Vorgehen in den ersten Stunden am Fundort der Leiche. Mehrere Personen hatten Türen in der Wohnung Riechers geöffnet und wieder geschlossen. Der Kriminaldauerdienst (KDD) hat womöglich auch die Raumtemperatur nicht optimal gemessen. So erklärte ein Beamter am Vormittag als Zeuge, dass er das Thermometer auf einen Tisch im Esszimmer gestellt habe. "Optimal ist die Messung zirka 20 Zentimeter von der Leichte entfernt, auf dem Boden in der Höhe der Körpermitte", so der Rechtsmediziner.

Eine kleine Nachberechnung muss Wehner bis kommende Woche anstellen. Er war davon ausgegangen, dass Riecher nur eine Unterhose zum Todeszeitpunkt trug, so hatte es der KDD angegeben. Doch erst die Leichenbeschauerin hatte Riechers Hose am Folgetag ausgezogen.

Dennoch wird es wohl die Zeit nicht so nach vorne korrigieren, dass eine Aussage von O. als Zeuge gestützt werden könnte. Er hatte angegeben, dass er um 18 Uhr des Tatabends von zwei maskierten Männern überrascht worden sei, als er Riechers Wohnung betreten habe. Dort sei er mit dem Fuß gegen etwas am Fußboden gestoßen. "Nehmen wir an, dass war die Leiche. Ist diese Uhrzeit von 18 Uhr dann möglich?", fragt eine Richterin. "Diesen zeitlichen Unterschied kann ich ausschließen, auch wenn ich die Korrekturfaktoren leicht ändere", antwortet der Rechtsmediziner.

Wehner berichtete auch, dass er die beiden Angeklagten untersucht habe. O. habe zwar im Armbereich kleinere Hämatome gehabt. O. habe angegeben, dass diese leichten Verletzungen während der Arbeit passiert und von seiner Frau zugefügt worden seien. "Das kann tatsächlich so passiert sein." Aber auch aus dem Tatverlauf könnten diese blauen Flecken herrühren. Iyad B. hatte angegeben, dass Riecher ihn in den Finger gebissen hatte. Tatsächlich fand der Rechtsmediziner eine Verletzung, die daher stammen könnte.

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