Der Landrat des Landkreises Freudenstadt, Klaus Michael Rückert, erklärt bei der Vernissage im Horber Kloster das Projekt "Ortszeit". Foto: Trommer Foto: Schwarzwälder Bote

Kunst: Ausstellung "Figur und Raum" des Projektes "Ortszeit" im Kloster eröffnet / Wanderausstellung auf höchstem Niveau

Horb. In der Galerie des Kunstvereins Oberer Neckar wurde am Freitagabend die Ausstellung "Figur und Raum" eröffnet, die im Rahmen des Projektes "Ortszeit" der Kulturregion Nordschwarzwald stattfindet. Es sprachen Landrat Klaus Michael Rückert, Wolfgang Hehl vom Kunstverein und die Kunsthistorikerin Tanja Solombrino.

Vor zwei der Exponate hatte das Jazztrio N’counter Platz genommen, und sie begrüßten die zahlreich erschienen Kunstinteressierten mit Klängen, welche die Mauern des altehrwürdigen Klosters beinahe zum Beben brachten. Der zeitgenössische Jazz passte zu dem Anlass.

Der Landrat des Landkreises Freudenstadt, Klaus Michael Rückert, erklärte das Projekt "Ortszeit": Die Vielfalt und die Qualität der Künstlerinnen und Künstler der Region sollen gewürdigt und hervorgehoben werden.

Seit 1993 findet diese Wanderausstellung im Zweijahresrhythmus statt. Mehr als 100 Bewerbungen für die Teilnahme sind bei der Jury des Kulturrates eingegangen, was beweist wie attraktiv das Projekt in der Kunstszene ist. Der erste Preis ging an Nastassia Atrakhovich für die Fotografie eines Kindes, welches im Treppenhaus nach oben geht. Den zweiten Preis erhielt Bernd Henning, der "Monumente für einen kleinen König" schuf.

Zusammenhänge zwischen Formen und Wahrnehmung erklärt

Dinah Günther stellte auf zwei großformatigen Acrylbildern Personen dar, die aus einem Atelier nach draußen schauen. Dank der Unterstützung der Baugenossenschaft Arlinger konnte auch für die zwölfte Ortszeit wieder ein Kunstpreis in Höhe von 3000 Euro ausgelobt werden, der zu gleichen Teilen an die drei diesjährigen Preisträger geht. Anschließend traten der stellvertretende Vorsitzende des Kunstvereins Oberer Neckar, Wolfgang Hehl, und die Künstlerin Muriel Shah ans Rednerpult und begrüßten die Gäste.

Nach einem interessanten Musikstück gab Kuratorin Tanja Solombrino einige Erklärungen zu den Werken. Thema war das Verhältnis von Figur und Raum. Für den Betrachter ist die Wahrnehmung einer Form oder eines Gegenstandes immer an die Beziehung des jeweiligen optischen Objekts zu seiner Umgebung gebunden. Das Gehirn des Betrachters bemüht sich hierbei, Formen aus ihrem flächigen oder räumlichen Umfeld herauszulösen und zu verstehen. Die Sinneseindrücke, die im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen, werden in der Kunst als Figur oder Objekt wahrgenommen, die übrigen treten in den Hintergrund und bilden den Umraum oder Grund. Tanja Solombrino nannte die Namen der Jurymitglieder: Die Kunsthistorikerinnen Simone Dietz und Maria Luzia Weigel sowie die Künstler Eckart Hahn und Armin Göhringer haben eine Wanderausstellung auf höchstem künstlerischen Niveau zusammen gestellt.

Momentaufnahmen aus dem alltäglichen Leben zeigt Nastassia Atrakhovich in ihren beiden prämierten Fotografien. Die unprätentiöse Aufnahme zeigt ein Kind, das in einem lichtdurchfluteten Treppenhaus nach oben geht, um im nächsten Moment aus dem Raum verschwunden zu sein. Im Festhalten dieses flüchtigen Moments, in dem das Wissen um die bevorstehende Veränderung schon vorweggenommen wird, eröffnet die Künstlerin dem Betrachter weite Interpretationsräume. Der Ortszeit-Preisträger Bernd Hennig schrumpft traditionell überlebensgroße Herrschermonumente zu Kleinplastiken, die aus der Wand heraustreten, um den Raum zu erobern. Der kleine König, den der Künstler in einer Tasse, einer Konservendose oder inmitten von zerknitterten Papier platziert, sieht sich hier trivialen Situationen ausgesetzt, in denen er sich behaupten muss.

Die beiden "Schellenkönig" betitelten Acrybilder in Form eines Dyptichons zeigen den Blick vom gleichnamigen Atelier aus. Das Hauptaugenmerk der Künstlerin liegt hier auf der inhaltlichen Komponente der Beziehung von Figur und Raum, die eine Verbindung wie ein Stillleben eingehen.

Auch zu allen anderen Werken gab die Kunsthistorikerin Tanja Solombrino ausführliche Erklärungen, so dass man die Werke dann mit ganz anderen Augen betrachten konnte. Muriel Shah bemalt Zigarilloschachteln und bringt sie auf Tafeln auf, was ihnen einen reliefartig Charakter verleiht. Die Ausstellung ist bis zum 13. Oktober Im Kulturhaus Kloster Horb zu sehen.

Nach einem musikalischen Abschluss von Carsten Netz mit Saxofon und Flöte, Wolfgang Reichert am Cello und Dieter Schöpf am Schlagzeug verteilten sich die Kunstinteressierten und besahen sich die ausgestellten Objekte und Bilder genau.