Michael Theurer will auch im Bundeswahlkampf Horb nicht den Rücken kehren. Foto: Hopp

Horbs politisches Zugpferd kandidiert in Karlsruhe - will aber bei Wahl auch daheim punkten.

Horb - Der Bundestagswahlkampf rückt näher, und für Michael Theurer ist es ein besonderer. Die Spekulationen über Koalitions-Farbenspiele bringen Aufregung, und für die FDP geht’s vielleicht nicht nur um den Wiedereinzug ins Parlament, sonder vielleicht auch gleich um eine Regierungsbeteiligung. Und ausgerechnet dieses Mal kandidiert er in Karlsruhe.

Der Wahlkampf steht vor der Tür. Dieses Mal in Karlsruhe und nicht daheim. Wie fühlt sich das an?

Ohne Frage eine Herausforderung. Das Ziel ist der Wiedereinzug der Freien Demokraten in den Bundestag und das aus der APO. Das ist, mit Verlaub, alles andere als ein Pappenstiel. Dabei kommt es auf das gute Abschneiden der FDP in Baden-Württemberg, dem Stammland der Liberalen, besonders an. Nur mit einem überdurchschnittlichen Ergebnis im Südwesten werden wir es schaffen.

Gibt es schon frustrierte Reaktionen von FDP-Freunden im Kreis?

Natürlich hätten die Freunde mich gerne hier im Wahlkreis Calw/Freudenstadt aufs Schild gehoben. Dieser Rückhalt hat mich auch sehr gefreut. Allerdings ist der Gesamterfolg entscheidend. Als Landesvorsitzender habe ich mich da in Pflicht nehmen lassen, um die FDP in der Rheinschiene sichtbarer zu machen.

Werden Sie sich im Wahlkampf in Horb gar nicht blicken lassen?

Das würde den politischen Mitbewerbern so passen. Allerdings kann ich das nicht in Aussicht stellen. Wer mich kennt, der weiß: mit Michael Theurer ist zu rechnen. Ich wohne ja in Horb. Also im Rahmen meines – zugegeben engen – Terminkalenders werde ich auch im Kreis präsent sein.

Es ist ja nicht so, als ob im Wahlkreis niemand für die FDP antreten würde.

Wir haben mit Lutz Herrmann aus Baiersbronn einen exzellenten Direktkandidaten im Wahlkreis. Als niedergelassener Zahnarzt kennt er die Sorgen und Nöte von Freiberuflern und kleinen und mittleren Unternehmen. Als Gemeinderat von Baiersbronn ist er kommunal verankert. Ich werde ihn wählen!

Manch einer sagt, Ihre Kandidatur in Karlsruhe ist auch eine Geste an den Kollegen Fuchtel, damit dieser sich im heimischen Kreis besser behaupten kann. Wirklich?

Nein. Karlsruhe spricht für sich als zweitgrößte Stadt des Landes. Mit der Entscheidung, im Wahlkreis Karlsruhe Stadt zu kandidieren, trete ich außerdem in die Fußstapfen des ehemaligen Außenministers Klaus Kinkel. Obwohl er aus Hechingen stammt, hat er in Karlsruhe kandidiert – die ehemalige badische Landeshauptstadt ist mit dem Bundesverfassungsgericht und dem Bundesgerichtshof die Stadt des Rechts.

Der FDP werden gute Chancen auf einen Einzug in den Bundestag, wenn nicht sogar in eine Regierung eingeräumt.

Das sehe ich genauso. Sicherlich ist das unser Ziel. Die Freien Demokraten werden gebraucht als Anwalt der sozialen Marktwirtschaft, aber auch als Stimme der Vernunft. Das gilt gerade in einer Zeit, in der Ängste vor Globalisierung, vor Menschen, die zu uns kommen, die politische Debatte prägen. Wir sind zuversichtlich, dass die Freien Demokraten auch im nächsten Deutschen Bundestag wieder eine starke Rolle einnehmen. Wir kämpfen gegen die von der Groko betriebene Überregulierung der Wirtschaft und der persönlichen Lebensentwürfe jedes Einzelnen.

Die Farbkombinationen werden bunter: Schwarz-Gelb, "Groko" oder Rot-Grün sind wohl out, dafür liegen bei den Spekulationen Ampel, Jamaika oder gar "Deutschland" (Schwarz-Rot-Gelb) im Trend. Für Sie denkbar?

Fakt ist, dass in einem Sechs- oder Sieben-Parteienparlament absolute Mehrheiten oder Zwei-Parteien-Koalitionen der Vergangenheit angehören. In Dreier-Koalitionen ist es aber schwieriger, eigene Positionen durchzusetzen. Und das ist der springende Punkt. Wir haben die Lehren aus der Bundestagswahl 2013 gezogen. Die FDP wird nur in eine Regierung eintreten, wenn wir unsere Inhalte umsetzen können. Das haben wir hier im Land unter Beweis gestellt. Wir wollen mehr Freiräume für die Menschen, die Entlastung der kleinen und mittleren Unternehmen und der Beschäftigten, etwa die Steuerentlastung, die auch der Facharbeiter und die Krankenschwester spüren. Wir brauchen auch mehr Mut bei Fortschrittstechnologien.

Angenommen, Sie schaffen es in den Bundestag und in die Regierung. Was wird sich mit der FDP an der Politik ändern? Gleich ergänzend nachgefragt: Wird sie etwa den "Wahlgeschenken" der vergangenen Jahre (Rente mit 63, höhere Renten, Müttergeld) weitere hinzufügen wie Steuersenkung?

Leider hat die schwarz-rote Groko mit dem Rentenpaket Milliarden schwere Lasten auf die künftige Generation verschoben. Jetzt geht es darum, Deutschland in Europa zukunftsfähig zu machen. Die wirtschaftlichen Rahmendaten sind ja gut – wir haben praktisch Vollbeschäftigung, die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in der EU, es herrscht sogar Fachkräftemangel in einigen Branchen. Gleichzeitig besteht die Gefahr einer Wohlstandstagnation. Seit Jahren sind die Investitionen der Unternehmen in Deutschland niedriger als die Abschreibungen. Das heißt: die Wirtschaft desinvestiert. Wir leben aus der Substanz. Das ist gefährlich. Auch suchen circa 135 000 Unternehmen einen Übernehmer, vor allem viele kleine Gewerbe und Handwerksbetriebe. Wir stehen für "German Mut". Das heißt für Zuversicht in die Schaffens- und Innovationskraft unserer Menschen. Hier muss auch Scheitern wieder möglich sein. "Trial and Error" – durch Ausprobieren und auch durch Fehler lernen wir und kommen voran.

Würden Sie sich dem Satz "Wir schaffen das" anschließen?

Die Aussage "Wir schaffen das" reicht nicht. Die Kanzlerin muss auch sagen wie. Ich habe konkrete Vorschläge gemacht, wie zum Beispiel die Registrierung von Flüchtlingen europaweit nach einem einheitlichen elektronischen Verfahren erfolgen kann. Wir brauchen die biometrische Erfassung bei der Einreise in die EU wie in den USA. Überhaupt: Die Krise der EU ist das Versagen der Nationalstaaten, die sich uneinig sind. Der größte Fehler Merkels war, einen deutschen Alleingang zu machen, anstatt eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik zu erreichen. Ob es die Flüchtlingspolitik ist, der Schutz der gemeinsamen Außengrenzen, die grenzüberschreitende Terrorismus-Bekämpfung – überall brauchen wir europäische Lösungen dringender denn je. Allerdings be- und verhindern nationale Egoismen dies. Jedenfalls kann es nicht schaden, wenn im Bundestag Abgeordnete sind, die die europäische Dimension im Auge behalten.