Die erste Flüchtlingsunterkunft (Bild) gleich neben der Kirche ist seit Januar von zwei Familien bewohnt, die sich nach Eindruck von Birgit Sayer in Rexingen wohl fühlen. Eine weitere Familie ist vor gut zwei Wochen angekommen und bringt eine ehrenamtliche Helferin gefühlt an die Belastungsgrenze. Archiv-Foto: Müssigmann Foto: Schwarzwälder-Bote

Ortsvorsteherin: Arbeit mit Flüchtlingen hängt an den Rexingern / Eine Frau meldet sich verärgert zu Wort

Von Eberhard Wagner und Lena Müssigmann

Horb-Rexingen. In Rexingen regen sich Beschwerden von ehrenamtlichen Flüchtlings-Betreuern über die mangelnde Unterstützung vom Landkreis Freudenstadt. Einige der Ehrenamtlichen fühlen sich angesichts von 17 Flüchtlingen im Ort überfordert und alleingelassen.

In der öffentlichen Ortschaftsratsitzung am vergangenen Mittwoch beschwerte sich eine Bürgerin über den Umgang mit den neuesten Flüchtlingen, einem Ehepaar mit drei Kleinkindern, die vor rund zwei Wochen im Dorf angekommen sind: "Kein Mensch kümmert sich derzeit um die Integration der Familie", sagte die Frau.

Sie wohnt nach Angaben von Ortsvorsteherin Birgit Sayer im selben Haus, in dem auch die fünfköpfige Flüchtlingsfamilie untergebracht ist. Der ganztägig herrschende Kinderlärm der Familie störe sie, berichtete die Frau. "Wenn man die Personen anspricht, stellen sie sich taub." Es habe den Anschein, dass sie nur das verstehen wollten, was ihnen nutze.

Pressesprecherin: Kreis übernimmt die Kosten für den Kindergarten

Ortsvorsteherin Birgit Sayer zeigte Verständnis, verwies jedoch auf die Verantwortung des Landkreises: "Die Leute, die sich ehrenamtlich um die Familien kümmern, schaffen diesen zeitraubenden Arbeitsaufwand nicht mehr. Außerdem gehen die Unterstützungsleistungen ins Geld." Sayer weiß um das Problem, das, je länger es ungelöst bleibt, täglich größer werden kann. "Der Landkreis nimmt die Wohnungen in Anspruch, sorgt für die Unterbringung und überlässt die restliche Arbeit den Gemeinden und ihren Bürgern", konstatierte sie. Zwölf Flüchtlinge sind bereits vor längerer Zeit in Rexingen aufgenommen worden – mit der neu hinzugekommenen Familie leben nun 17 Flüchtlinge in Rexingen.

Zumindest die Kinder – so die Meinung der Bürgerin – sollten einen Platz im Kindergarten erhalten und in den örtlichen Vereinen aufgenommen werden. Mit diesen Maßnahmen würden sich dann auch Integrationsmöglichkeiten ergeben. Dazu sagt Sayer: "Die Kinder sind zu klein, um sie in irgendeinem Verein aufzunehmen. Bevor sie in den Kindergarten gehen können, muss man sie erst mal untersuchen und impfen."

Die Pressesprecherin des Landratsamtes, Sabine Eisele, sagt zur geschilderten Problematik auf Anfrage: "Wenn die Eltern ihre Kinder in den Kindergartengehen schicken wollen, übernehmen wir die Kosten." Die Kinder der fünfköpfigen Familie seien allerdings möglicherweise noch zu klein für den Kindergarten, gibt Eisele zu bedenken.

Für Birgit Sayer ist die Wortmeldung der Bürgerin im Ortschaftsrat eine Art Hilferuf: "Die Frau hat das Gefühl, dass alles an ihr hängt, weil sie im selben Haus wohnt." Vom Landkreis komme keinerlei Unterstützung. Dabei habe sie explizit darauf hingewiesen, dass die ehrenamtlichen Helfer Unterstützung brauchen.

Sayer sagt, sie habe nach der Nachricht, dass neben den zwölf Flüchtlingen eine weitere Familie in Rexingen untergebracht werden soll, sofort ans Landratsamt gewendet. "Ich hab gesagt, der Landkreis muss vorher die Ehrenamtlichen kontaktieren, die hier die Betreuungs-Arbeit machen. Das ist natürlich nicht passiert. Die Verantwortlichen im Landratsamt verlassen sich einfach drauf, dass vor Ort alles funktioniert." Darüber ärgert sich Sayer.

Birgit Sayer: Die neue Familie wirkt sehr selbstständig

"Der Landkreis kümmert sich viel zu wenig. Ich weiß, dass die auch das Personal nicht dazu haben. Aber die Nachbarn fühlen sich in einer Zwangslage, irgendwie verantwortlich." Daraus erwachse Unzufriedenheit. Auch die Bürgerin, die sich in der Ortschaftsratssitzung geäußert hat, sehe den Landkreis in der Pflicht, mehr zu tun.

Grundsätzlich sagt Sayer, die Flüchtlinge seien in Rexingen willkommen: "Mit den Leuten haben wir kein Problem." Die neue Familie wirke zudem sehr selbstständig. Die ehrenamtlichen Helfer hätten dem Ehepaar bei seiner Ankunft alle möglichen Hilfeleistungen angeboten, das Paar hätte aber nichts davon eingefordert. Die Eheleute hätten sich kurz nach ihrer Ankunft in Rexingen mit ihren Kindern mit Bus und Bahn wieder aufgemacht, um Familienangehörige – nach Sayers Information in Karlsruhe – für drei Tage zu besuchen.

Dass die neue Familie offenbar wenig Hilfe in Anspruch nehmen will, auch keinen Deutschunterricht von Ehrenamtlichen, müsse man respektieren, sagt Sayer. "Das sind erwachsene Leute! Außerdem muss man sie erst mal ankommen lassen." Dennoch bleibt Sayer bei der Haltung, dass sie von der Art des Umgangs vom Landkreis mit den Ehrenamtlichen enttäuscht ist.

Die Kinder der Familie, die schon länger im Ort ist, gehen nach Angaben von Sayer in Schulen und in den Kindergarten. "Die machen den Eindruck, als ob sie sich ziemlich wohl fühlen."