In der Diskussion um das geplante Einkaufszentrum meldet sich Kaufland zu Wort. Foto: Hopp

Bricht Konzept zusammen, wenn sich Rewe zurückzieht? Zeidler befürchtet, dass auch Neckar-Arkaden davon betroffen sein können.

Horb - Wie lange kann sich Rewe im neuen Einkaufszentrum halten? Handelsexperte Jürgen Zeidler, Prokurist von Kaufland, hat die Furcht, dass dem Mitbewerber in Horb bald die Luft ausgehen wird – zum Nachteil für das Einkaufszentrum und die Stadt.

Zeidler schrieb einen Brief an alle Gemeinderäte, OB Peter Rosenberger und Bürgermeister Jan Zeitler. Auf Anfrage will Kaufland das Schreiben nicht herausgeben: "Nach unserer Information ist geplant, die Thematik in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Horber Gemeinderats zu besprechen, daher bitten wir um Verständnis, dass wir Ihrer Bitte, dieses Schreiben zu erhalten, nicht nachkommen möchten."

"Die Kundenreichweite der Stadt Horb wird sich kaum erhöhen"

Der Brief liegt dem Schwarzwälder Boten vor. Zeidler schreibt: "Wir sehen die Ansiedlung eines Lebensmittelvollsortimenters in unmittelbarer Nachbarschaft zu uns sehr skeptisch. Zwar ist eine solche Konstellation nicht grundsätzlich abzulehnen, wie verschiedene funktionierende Beispiele aus anderen Städten belegen. In Horb haben wir allerdings die Situation, dass bereits jetzt eine überdurchschnittlich hohe Kaufkraftbindungsquote im Lebensmittelbereich besteht. Die Kaufkraftzuflüsse aus dem Umland werden in erster Linie von den großflächigen Betreibern Real und Kaufland generiert. Diese beiden Betriebe erreichen ein deutlich größeres Einzugsgebiet als ein üblicher Vollsortimenter.

Das bedeutet im  Umkehrschluss, dass der geplante Vollsortimenter in der Neckargalerie seinen zum Überleben erforderlichen Umsatz weder durch Rückholung von abfließender Kaufkraft (Bindungsquote liegt bereits bei 115 Prozent), noch durch Ausweitung des Einzugsgebiets erreichen kann (ein Vollsortimenter mit 2000 Quadratmeter Fläche wird keine größere Reichweite haben können als die genannten ansässigen SB-Warenhäuser)."

Zeidler befürchtet einen Verdrängungswettbewerb, der auf kleinere Anbieter wie beispielsweise den Biopunkt treffen könnten: "Folglich ist der Umsatz ausschließlich durch Umverteilung von bereits bestehenden Lebensmittelmärkten zu generieren. Was dies bedeuten könnte, kann sich jeder selbst ausmalen. Ein Verdrängungswettbewerb, dem auch die noch vorhandenen kleineren Anbieter ausgesetzt sind, bleibt unausweichlich."

Doch was passiert, wenn Rewe selbst den Verdrängungswettbewerb verliert? Nicht ganz so unrealistisch. Denn Edeka hatte sich 2013 aus Horb zurückgezogen und zahlt lieber die Miete weiter.

Bedenken an den geplanten Neckar-Arkaden

Zeidler befürchtet, dass das auch die geplanten Neckar-Arkaden treffen könnte. Der Handelsexperte: "Die möglichen Konsequenzen sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar. Jedoch gibt es genügend Beispiele von kleineren Centern in Mittelstädten, bei denen der Ankermieter wegbricht, was entsprechende Leerstände zur Folge hat. (...) Ein Lebensmittelvollsortimenter (gemeint Rewe, d. Red.) als Ankermieter ist an dieser Stelle wenig zukunftsträchtig."

Und nicht nur Rewe, sondern das gesamte geschrumpfte Konzept hat Folgen, so Zeidler. Er verweist zunächst auf das Handelsgutachten von Accocella aus dem Jahr 2009: "Im mittelfristigen Bedarfsbereich, der für die Bedeutung eines Mittelzentrums wie Horb entscheidend ist, wurden bei einer Bindungsquote von lediglich 55 Prozent erhebliche Kaufkraftabflüsse festgestellt. Insbesondere Bekleidung und Zubehör mit weniger als 50 Prozent Bindungsquote schneidet hier schlecht ab."

Das wäre der Markt, den die neuen Anbieter in den Neckar-Arkaden vor allem befriedigen sollen. Zeidler zählt auf, was ins geplante Zentrum soll: Ein Ankermieter aus dem Lebensmittelbereich (Rewe), ein Drogeriemarkt, der wohl aus der Innenstadt an diesen Standort verlagert würde, und ein Schuhfachmarkt in üblicher Fachmarktflächengröße (500 Quadratmeter).

Zeidler: "Diese Sortimente sind (bis auf die Schuhe) aber durchweg dem kurzfristigen Bedarf zuzuordnen, wo bereits vor fünf Jahren eine überdurchschnittliche Ausstattung festgestellt wurde."

Er bewertet das Konzept der Neckar-Arkaden wie folgt: "Es handelt sich hierbei nicht mehr um ein Einkaufszentrum mit Strahlkraft, sondern nur noch um ein Fachmarktzentrum durchschnittlicher Größe ohne besondere regionale Magnetfunktion. Die Kundenreichweite der Stadt Horb wird sich kaum erhöhen."

Das sind schon schwere Bedenken. Doch OB Peter Rosenberger weist diese brieflich zurück. Er schreibt: "... letztlich überwiegt jedoch das Interesse von Kaufland, in der Innenstadt von Horb der einzige Vollsortimenter zu sein."

Rewe würde eine andere Zielgruppe ansprechen und stelle "im Bereich der Innenstadt eine qualitative Ergänzung zu Kaufland und Aldi." Dazu würde die Ansiedlung von Rewe "das derzeitige Ungleichgewicht zwischen Innenstadt und Hohenberg" beseitigen.

Auf das Argument mit dem mittelfristigen Bedarf geht der OB nicht ein.