An der Pfarrerbörse muss Humankapital zugekauft werden auf Teufel komm raus: Die Maulflaschen in Grünmettstetten nahmen die Kirchenkultur süffisant ins Visier. Foto: Morlok Foto: Schwarzwälder-Bote

"Maulflaschen" lassen bei den Verwaltern der Gnade wenig Gnade walten: Kirchen-Kabalen im Spiegel des Kabaretts in Grünmettstetten

Von Peter Morlok

Horb-Grünmettstetten. Auf Einladung des Katholischen Frauenbundes von Grünmettstetten besuchten am Freitagabend fünf Herren, die seit Jahren unter dem Sammelnamen "Maulflaschen" ihre Kirche spitzfindig und sehr präzise unter die Lupe nehmen, die Horber Teilgemeinde.

Der Vereinssaal beim Sportgelände war zwar schon vor Beginn der Veranstaltung relativ großzügig bestuhlt, jedoch mussten fleißige Helfer noch sämtliche Stuhllager plündern, damit jeder der rund 200 Personen, die sich diesen gesunden Spaß nicht entgehen lassen wollten, einen Sitzplatz fand. Aber wieso ist eine Kabarettveranstaltung ein "gesunder" Spaß? Ganz einfach, weil eine Minute Lachen besser ist als 30 Minuten Entspannungsübungen und zudem neben den Stresshormonen auch den Cholesterinspiegel senkt. Dies hat zumindest das Moderatorenduo Gabi Schweizer und Richard Saier, die im Namen des Veranstalters die Besucher begrüßte, herausgefunden und deren Vermutung, dass es bei diesem Premierenauftritt viel zum Lachen gibt, stimmte zudem Hundertprozentig.

Schon allein der Einmarsch und die erste Präsentation der Wortgladiatoren, die im Hauptberuf als Theologen, Gemeindereferenten oder Religionslehrer arbeiten und daher genau wissen, was sie da auf den Arm nehmen, ließ erahnen, was in den nächsten Stunden auf das Publikum zukommt. Nach dem Einmarsch im Stil betender Mönche standen sie in vorkonziliarer Weise mit dem Rücken zur "Gemeinde" auf der Bühne. "Schön, wir stehen nicht mehr mit dem Rücken zur Wand", ein Vorteil dieser Position, "und haben zudem das Volk komplett hinter uns". Sie kokettierten mit ihren etwas betagten Frisuren – "Drei von uns haben sogar ein Tonsur" – und glänzten mit Latein, druckfrisch aus dem letzten Asterix-Band. Schnell kam ihnen aber die Idee, dass es besser sei, die anzuschauen, mit denen man redet und dass "nach vorne schauen" allemal besser sei, als eine Wand anzustarren.

Umdrehen, hieß die Devise und dies galt nicht nur für die Protagonisten, sondern auch für ihre An- und Einsichten, die sie in ihrer täglichen Gemeindearbeit mehr als reichlich gewonnen haben. Die "Maulflaschen" sezierten gnadenlos ihre Kirche, legten die Finger verbal in offene Wunden, mixten Kircheninterna mit weltlichen Einflüssen und drehten dabei wirklich einen Klischeestein nach dem anderen um. Sie nutzten dabei geschickt den Spiegel des Kabaretts, um auf viele Unzulänglichkeiten innerhalb ihrer Kirche aufmerksam zu machen.

Ein bisschen enttäuscht waren die "Maulflaschen" jedoch darüber, dass sich auch ein paar evangelische Mitchristen in den Saal geschlichen hatten. "Ich dachte, wir sind unter uns", so die erste Reaktion, aber die Freude über die unerwartete Chance, vielleicht jemanden bekehren zu können, überwog letztendlich.

Nichts war zu heikel, nichts wurde tabuisiert

"Taufen, taufen, taufen", so auch die Devise eines Dorfpfarrers, der die dramatische Entwicklung an der Pfarrbörse mit großen Bedenken sah. Er dachte schon über eine feindliche Übernahme des Grünmettstetter Seniorenkreises nach, denn die Schreckensmeldungen, die in der "Sakrileg Times" verbreitet werden, zwingen langsam zu "Leertaufen", bis die Blase an der "Bad-Kommunion-Bank" platzt. Interessant auch ihre Beobachtungen bei der besonderen Erstkommunions-Vorbereitung im "Holly-Pre-Park". Dort wird Christi-Himmelfahrt auf der Achterbahn trainiert, der Heilige Geist kommt beim Feuerspucken und Weihnachten findet das ganze Jahr über beim Stallausmisten statt.

Dass die katholische Kirche auf Teufel komm raus Priester braucht, ist bekannt. Der "Maulflaschen"-Ansatz, Langzeitarbeitslose im Schnellverfahren umzuschulen, ging dann aber ordentlich in die Hose. Einen früheren Lageristen und Entsorgungsbeauftragten zum Beerdigungsspezialisten aufzubauen, klappte ebenso wenig, wie einen schwulen Psychotherapeuten, der seinen Patienten immer Nähe empfahl, mit seelsorgerischen Aufgaben zu betrauen. "Wir brauchen Leute die das Zölibat leben – andere haben wir schon mehr als genug", so der Kommentar des Pfarr-Trainers.

In diesem Tempo ging es dann den ganzen Abend weiter. Nichts war zu heikel, nichts wurde tabuisiert. Die Maulflaschen hielten, was sie versprachen – sie brachten genau das auf die Bühne, mit dem ihre Kirche zum Lachen – und manchmal auch zum Weinen – anregt. Und dies gnadenlos gut.