Auf dem Waldner-Areal soll eine Senioren-Anlage entstehen. Doch nun hat das Regierungspräsidium die Baugenehmigung gestoppt. Foto: Hopp

Geplantes Projekt auf Waldner-Areal: Regierungspräsidium weist Stadt an, Genehmigung zu verweigern. Mit Kommentar.

Horb - Stadtverwaltung und Gemeinderat müssen eine Schlappe einstecken: Das Regierungspräsidium stoppt den geplanten Bau einer betreuten Wohnanlage auf dem Waldner-Areal. Anwohner der Mühlener Straße, Bürger und Mandatsträger hatten den aus ihrer Sicht zu wuchtigen Bau mehrfach kritisiert.

Mit Schreiben vom 18. Februar mit dem Aktenzeiten 21-2622.4-20/1238 verfügt Oberregierungsrat Jäger vom Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe: "Wir haben der Stadt Horb mit Schreiben von heute die Weisung erteilt, die Baugenehmigung nicht zu erteilen." Das RP reagiert damit auf eine Fachaufsichtsbeschwerde von Thomas Bauer, sachkundiger Bürger im SBS-Ausschuss des Gemeinderats. Bauer sagt im Gespräch mit unserer Zeitung: "Ich habe nichts gegen eine Bebauung habe, wenn diese den Vorgaben der Gestaltungssatzung entspricht."

Die Begründung des RP: "Das Bauvorhaben (…) lässt sich nicht mit der Gestaltungssatzung vereinbaren. Sie gilt auch für Neubauten. Sie stellt eine zu beachtende örtliche Bauvorschrift dar. Die Voraussetzung für die Erteilung von Befreiungen für die vorgesehenen gestalterischen Abweichungen von den Bestimmung der Gestaltungssatzung liegt nicht vor."

Satz für Satz eine Ohrfeige für das Rathaus und den Teil des Gemeinderats, der zugestimmt hat. Der Bau war heftig umstritten. Viele erinnern sich noch an die Sitzungen des Städtebau- und Sanierungsausschusses, des Verwaltungsausschusses und des Gemeinderats im November/Dezember 2014. Und die Beteuerungen der Rathaus-Verantwortlichen, dass alles über das bestehende Baurecht abgedeckt sei. Kritiker hatten angemerkt, dass der Bau zu massiv sei und gegen die Gestaltungssatzung verstößt.

Die erste Sitzung des Sanierungsausschusses war am 11. November. Joachim Beuter wollte damals wissen, warum die Gestaltungssatzung viele Vorschriften, beispielsweise die Dachdeckung, vorgibt und Flachdächer ausschließt und warum das beim Waldner- Areal nicht angewendet wird.

Stadtplaner Peter Klein sagte damals: "Die Gestaltungssatzung bereitet bei Neubauten immer Probleme. Bei der Formensprache sollte darauf geachtet werden, dass historisierende Gebäude verhindert werden. Ausnahmen davon sind zulässig, wenn sie mit öffentlichen Belangen übereinstimmen." Wolfgang Kronenbitter, Fachbereichsleiter Recht und Ordnung damals: "Das führt dazu, dass wir in fast jedem Baugenehmigungsverfahren in fast jedem Fall eine Befreiung davon erteilen." Ausschussmitglied Joachim Beuter hakte nach: "Eine Zulässigkeit vom Flachdach kann ich daraus nicht rauslesen." Stadtplaner Klein: "Das geplante Gebäude ist kein kantiger Bau mit Flachdach. Das Flachdach ist auch nicht zu sehen. Deshalb ist ein Grund gegeben, dass es sich städtebaulich einfügt." Für Beuter ist klar: "Ich höre also raus, dass die Gestaltungssatzung Gummi ist." Klein widersprach damals nicht.

OB Peter Rosenberger hatte damals argumentiert, dass der alte SBS vor der Kommunalwahl im Winter 2013 dem Projekt in seinen Ausmaßen zugestimmt hatte. Der SBS beschloss damals mehrheitlich, das Projekt auf dem Waldner-Areal zu stoppen und einen Bebauungsplan aufstellen zu lassen. Unter anderem, weil das Gebäude für altengerechtes Wohnen gegen die Gestaltungssatzung verstoße.

Am 18. November war das Thema dann auf der Tagesordnung des Verwaltungs- und Technik-Ausschusses. Von der Gestaltungssatzung war nicht mehr die Rede. Sondern OB Rosenberger brachte das Argument, dass die Planungsänderungen gegenüber der ersten SBS-Entscheidung im Winter 2013 nur "geringfügig" seien. Im Übrigen gehe es darum, den Investor nicht zu verschrecken.

Der Schwarzwälder Bote deckte dann Anfang Dezember auf, dass die Gestaltungssatzung, die am 7. Juni 2004 digitalisiert und auf der Homepage der Stadt veröffentlicht wurde, voller Rechtschreibfehler steckt. OGL-Fraktionschef Markus Pagel damals: "Dass die Gestaltungssatzung seit zehn Jahren so voller Rechtschreibfehler ist, die nicht korrigiert wurden, scheint zu zeigen, dass die offenbar niemand liest." Im Gemeinderat wurden die umstrittenen Pläne dann endgültig abgesegnet.

Jetzt legt das Regierungspräsidium sein Veto ein. Sagt: Die Baugenehmigung ist nicht zu erteilen. Und die Gegner der massiven Bebauung sind froh, dass das RP so entschieden hat. OGL-Fraktionschef Markus Pagel: "Diese Entscheidung des Regierungspräsidiums freut mich sehr. Wir haben auf den Makel hingewiesen, dass die Pläne der Gestaltungssatzung widersprechen. Das die jetzt endlich mal angewendet wird, ist ein toller Erfolg."

Herbert Bok wohnt genau gegenüber vom Waldner-Areal und hatte sich gegen die hohe Bebauung gewehrt (wir berichteten). Jetzt sieht er in der Entscheidung des Regierungspräsidiums einen "wichtigen Etappensieg. Das ist eine recht positive Nachricht, denn es läuft wohl auf einen Bebauungsplan hinaus." Das hatte der VTA und der Gemeinderat mehrheitlich abgelehnt. Bok: "Der Bescheid zeigt, dass alles missachtet wurde, weil OB Peter Rosenberger mit dem Kopf durch die Wand wollte. Dass ihm das in der jetzigen Situation (gemeint: Der OB-Wahlkampf in Mannheim) nicht zupass kommt, hat er sich selbst zuzuschreiben."

Weder das Rathaus noch OB Rosenberger wollten sich gestern äußern. Der Schwarzwälder Bote hatte Kronenbitter, Zeitler, Joachim Patig und Peter Rosenberger angefragt. Antwort kam nur von Bürgermeister Jan Zeitler: "Bitte haben Sie Verständnis, dass wir den Sachverhalt derzeit bewerten und uns morgen zur Anfrage schriftlich äußern."

Kommentar: Schlappe

Florian Ganswind

Das Veto des Regierungspräsidiums ist eine herbe Schlappe für die Stadtverwaltung um OB Peter Rosenberger. Mit einer gewissen Arroganz hatte sie die Senioren-Anlage am Waldner-Areal durchgeboxt. Frei nach dem Motto: Wir biegen uns unsere Bestimmungen so, wie wir sie brauchen. Die betroffenen Anwohner wurden als Dauermeckerer abgestempelt.

Da bleibt ein fader Beigeschmack: Wenn es gang und gäbe ist, dass man bei Bauanträgen fast in jedem Fall eine Befreiung von der Gestaltungssatzung erteilt (so Aussage von Fachbereichsleiter Wolfgang Kronenbitter), dann führt man Regelungen jeglicher Art ad absurdum. Die Gestaltungssatzung gibt es, weil man keinen totalen Wildwuchs, sondern ein einheitliches Stadtbild haben will. Eine Verwaltung kann dann nicht ein oder zwei Augen zudrücken, weil sie einen Investor an der Angel hat.