Beide haben ein besonderes Gespür für Pferde: Anette (links) und Julia Radon auf ihrer "Rose Ranch Radon" in Bittelbronn, wo Pferde "stressfrei" leben. Foto: Morlok

Anette Radon übergibt  "Rose Ranch Radon" an Tochter. Die junge Pferdeflüsterin will Pferde ohne Stress ausbilden. 

Horb-Bittelbronn - Draußen vor den Toren Horbs – zwischen Bittelbronn und Schopfloch – haben sich zwei Frauen ihre eigene Welt geschaffen. Eine Welt, in der es nach frischem Heu duftet, in der Hühner gackern, Katzen im Stall Mäuse fangen und Pferde auf der Weide Auslauf haben. Eine Welt, in der Tier und Mensch friedlich und in Harmonie zusammen leben und in der die Uhren anscheinend anders gehen. Eine Art Insel fernab von der Hektik des Alltags.

Die heute 59-jährige Anette Radon hat sich vor rund acht Jahren ihren Traum erfüllt und ist zusammen mit ihrem Mann und den Zwillingen Julia und Sabine aus der Ortenau in den Schwarzwald gezogen. Ein Aussiedlerhof, direkt an der Kreisstraße gelegen, schien der ideale Platz für einen eigenen Reiterhof zu sein. Anette Radon wurde schon in frühester Kindheit mit dem "Pferde-Bazillus" infiziert, da ihre Tante schnelle Araber für die Rennbahnen und andere Vollblutrassen für die Spring- und Dressurparcours züchtete.

Für die gelernte Großhandelskauffrau im Innen- und Außenhandel gab es daher von klein auf nichts anderes als ihre Pferde. Zuerst ritt sie im klassischen Stil. Als ihr jedoch einmal ein Pferd im Gelände durchging und sie sich beim Sturz schwer den Kopf anschlug, kam für sie eine Wende im Reitsport. "Ich wollte lernen, das Pferd zu verstehen – nicht, es zu beherrschen", so die damalige Initialzündung, die von da ab ihren weiteren pferdesportlichen Weg bestimmte.

Es war der erste Schritt zu einer Partnerschaft zwischen Pferd und Mensch, die Anette Radon nach und nach optimiert hat. "Ich wollte meine Pferde immer ohne Stress ausbilden – nur mit sanften Hilfen", so das Ziel, das sie seitdem beharrlich verfolgt. In ihrer Tochter Julia, die die "Rose Ranch Radon" nun von ihrer Mutter übernommen hat, fand sie eine Partnerin, die genauso tickt wie sie.

"Den Weg der Pferde gehen"

Die junge Frau hat von ihrer Mutter das Pferde-Gen geerbt. Damit hat es sich aber auf den ersten Blick auch schon. Während Anette Radon quicklebendige Aktivität ausstrahlt und ihr Herz auf der Zunge trägt, überlegt Tochter Julia lieber dreimal, was sie sagt. Die 26-Jährige ist introvertiert und sehr zurückhaltend, aber es gibt ein paar Themen, bei denen ihre Augen vor Freude funkeln. Nicht etwa Disco, Reisen oder schick Ausgehen. Die absoluten Spitzenreiter in ihrem Herzen sind ihre sechs Katzen, und die Pferde kommen gleich hinterher.

Und dann ist da noch ein wenig Platz in ihren Träumen für einen "Impala" Baujahr 1967. Pechschwarz und bildschön – das Bild dieses amerikanischen Straßenkreuzers trägt das modere Cowgirl, das am liebsten in Jeans, Stiefel und Rose-Ranch-Weste herumläuft – auf dem Handy bei sich. Irgendwann wird er mal auf der "Rose Ranch" stehen.

Bis sie ihn sich jedoch kaufen kann, heißt es noch ganz oft "Zimmerservice" mit dem Schubkarren im Pferdestall anzubieten. Morgens um acht Uhr geht der Arbeitstag von Julia Radon los. Füttern, Boxen ausmisten, sich um die Pferde kümmern und individuell abgestimmten Einzel-Reitunterricht geben, das steht jeden Tag von morgens bis abends auf dem Plan.

"Und um meine Tiere muss ich mich eben sieben Tage die Woche kümmern", sagt sie lächelnd. Und man spürt, dass ihre diese Arbeit Spaß macht. "Julia liebt diesen Hof – sie ist geradezu mit ihm verwurzelt", sagt ihre Mutter dazu. Die junge Frau, die ursprünglich Töpferin gelernt hat, wurde von den besten Trainern, darunter Welt- und Europameister, im Westernreiten ausgebildet. Sie hat ihren eigenen Reit- und Arbeitsstil, den sie "Julia Radon Natural Horsemanship Training" nennt, gefunden. Dabei hat sie sich intensiv mit der natürlichen Lebensform des Herden- und Beutetieres Pferd beschäftigt und herausgefunden, wie sie dem Tier die Sicherheit und das Vertrauen gibt, dass es mit Spaß und ohne Stress mit den Menschen, ob nun beim Training oder beim Turnier, zusammenarbeitet.

Die junge Pferdeflüsterin nennt es für sich "den Weg der Pferde gehen". Diesen Weg möchte sie mit vielen Pferdefreunden teilen, die den Weg raus nach Bittelbronn in die "Rose Ranch Radon" finden. Mutter und Tochter sind da draußen ein gut eingespieltes Team, und Anette Radon sagt über ihre Tochter Julia: "Mit der kann man Pferde stehlen!" Für die Chefin eines Reiterhofes ein recht brauchbares Attribut – so gehen ihr zumindest die vierbeinigen Arbeitskollegen nie aus.

Weitere Informationen: www.rose-ranch-radon.de