Ein Hund gehört im Zweifelsfall immer an die Leine – da sind sich auch die meisten Hundebesitzer einig. Foto: Kahnert

"Besitzer sagen immer, der tut nichts" - Tierschützer fordern "Hundeführerschein" statt neuen Regeln.

Horb - Die elf vermutlich von einem Hund verjagten Gänse vom Horber Neckar-Ufer (wir berichteten) sorgen weiter für Gesprächsstoff. Nach dem Appell des Kleintierzuchtvereins, den Leinenzwang zu beachten, melden sich jetzt auch Hundebesitzer zu Wort – und unterstützen die Züchter.

Bekannt wie ein bunter Hund: Wenn Bernd Sontheimer mit seinem Felix spazieren geht, freuen sich viele Kinder, die den kleinen Vierbeiner dann liebevoll mit Streicheleinheiten versorgen können. Und trotzdem darf Felix nicht frei umher laufen. "Ich bin der Meinung, dass ein Hund an die Leine muss. Es gibt ja auch Kinder, die Angst vor Hunden haben", betont Herrchen Bernd Sontheimer.

So viel Disziplin legt nicht jeder Hundebesitzer an den Tag. Umso wütender hat den Talheimer das Verschwinden der elf Pommerngänse aus der Zuchtanlage am Horber Neckar-Ufer gemacht. Aus der Herde von Richard Werni waren am Sonntag vor einer Woche plötzlich elf von 17 Tieren verschwunden. Da die Gänse trotz intensiver Suche nicht auffindbar waren und auch nicht – wie sonst – von alleine zur Anlage zurückkehrten, ging der Züchter zunächst von einem Diebstahl aus. Erst drei Tage später entdeckte Werni die völlig verängstigten Gänse im Neckar treiben. Seine Vermutung: Ein freilaufender Hund hat seine Herde aufgeschreckt und ließ sie in den Neckar flüchten – wie schon so oft. Und gerade deshalb mahnt der Horber Kleintierzuchtverein immer wieder den Leinenzwang an.

Die Frage ist: Herrscht am Neckar-Ufer überhaupt Leinenzwang? Baden-Württemberg gehört zusammen mit Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Sachsen und dem Saarland zu den Bundesländern, in denen per se keine Leinenpflicht für Hunde in Wald und Flur existiert. Etwa in Thüringen und Schleswig-Holstein herrscht ein grundsätzlicher Leinenzwang, in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen wiederum ist dieser auf die Zeit vom 1. April bis zum 15. Juli beschränkt.

Allerdings macht die Polizeiverordnung der Stadt Horb unmissverständlich klar: Innerorts müssen Hunde an der Leine geführt werden. Im Außenbereich hingegen "dürfen Hunde ohne Begleitung einer Person, die durch Zuruf auf das Tier einwirken kann, nicht frei umherlaufen", so die Horber Polizeiverordnung.

Für Sontheimer klingt das alles ein wenig zu schwamming: "Ich wünsche mir Klarheit. Darf ich meinen Hund jetzt laufen lassen oder nicht?" Und das auch, um ein Argumente gegenüber anderen Hundebesitzern zu haben.

Sontheimer: Bußgeld sollte häufiger verhängt werden

"Ich bin jeden Tag zehn bis zwölf Kilometer unterwegs und treffe immer freilaufende Hunde. Deren Besitzer sagen dann immer, der tut nichts. Vielleicht tut er mir tatsächlich nichts, aber dafür meinem Hund. Besonders schlimm sind Reiter, die ihre Hunde dabei haben. Wenn ich Hufgeklapper höre, gehe ich inzwischen nur noch schnell in Deckung", ärgert sich Sontheimer, der sich wünscht, dass das laut Polizeiverordnung drohende Bußgeld von fünf bis 1000 Euro häufiger verhängt wird: "Der Stadt-Sheriff muss sich einfach zu bestimmten Uhrzeiten hinstellen."

Ein Vorschlag, den Frank Klobas vom Horber Tierschutzverein kritisch sieht. "Ich weiß nicht, ob Strafen immer das Richtige sind. Man muss mehr an das Pflichtbewusstsein, die Rücksichtnahme und das menschliche Miteinander appellieren", sagt der zweite Vorsitzende. Ohnehin fordert der Tierschutzverein die Einführung eines Hunde-Führerscheins, durch den sich die Halter automatisch näher mit ihrem Tier beschäftigen müssen. Denn: Auch beim Verschwinden der elf Gänse habe der Fehler wieder einmal nicht beim Tier, sondern beim Menschen gelegen. Klobas: "Jemand, der sich an die Leinenpflicht hält, hätte wahrscheinlich auch nach den flüchtenden Gänsen geschaut."

"Es ist schade, wenn alles mit Gesetzen geregelt werden muss. Die Leute müssen sich einfach von sich aus mehr Gedanken machen", wünscht sich auch Rudolf Lägeler, Vorsitzender des Horber Schäferhundevereins, mehr Verständnis von den Hundebesitzern. Er sagt gerade mit Blick auf die verschwundenen Gänse: "Für mich ist das eine Selbstverständlichkeit, meinen Hund an die Leine zu nehmen. So viel Verantwortungsbewusstsein sollte jeder Hundebesitzer haben, schließlich besitzt jeder Hund einen natürlich Jagd- und Beutetrieb."

Deutlich macht Lägeler, dass es rund um das Gelände des Schäferhundevereins, das ebenfalls am Neckar-Ufer liegt, zu keinen Problemen mit unangeleinten Hunden von Vereinsmitgliedern komme: "Wenn wir zum Training kommen, sind unsere Hunde immer an der Leine. Am Neckar sind Fußgänger, Radfahrer und Inliner unterwegs. Da ist es doch mein ureigenes Interesse, den Hund anzuleinen. Es gibt ja auch Leute, die haben Phobien vor Hunden. Das muss man respektieren."

"Hunde ausschließlich an der Leine zu führen ist Tierquälerei"

Eindeutig ist für den Schäferhundeverein-Vorsitzenden aber auch, dass die Vierbeiner nicht ständig an die kurze Leine genommen werden können. Lägeler unterstreicht: "Einen Hund ausschließlich an der Leine zu führen ist Tierquälerei. Dann ist die Gefahr da, dass der Hund Aggressionen aufstaut und diese eine Chance nutzt, wenn er mal von der Leine gelassen wird." Man müsse aber genau darauf achten, wo man den Hund frei laufen lässt – und immer ein wachsames Auge haben. "Ein Hund kann viel besser riechen als ein Mensch und so zum Beispiel die frische Fährte von einem Fuchs entdecken. Wenn er die riecht, ist er vielleicht weg", erinnert Lägeler.

Der Leinenzwang ist speziell für den Schäferhundeverein ein Thema, auf das er immer wieder aufmerksam macht. "Schäferhunde sind eine Rasse, bei der man von Haus aus bemüht ist, sie sicher zu führen", verdeutlicht Lägeler. Doch mehr als Worte stehen auch dem Verein nicht zur Verfügung. Der Vorsitzende bedauert: "Bei manchen Hundebesitzern fehlt das Bewusstsein. Das ist genau wie mit dem Hundekot. Manche laufen einfach weiter."

Einfach in Ruhe weiterlaufen können, wenn man auf andere Hundebesitzer trifft – das wiederum wünscht sich Bernd Sontheimer bei den täglichen Spaziergängen mit seinem Felix. Und auch den Gänsen am Neckar-Ufer wünscht der Talheimer ruhigere Zeiten. Er vermutet: "Wahrscheinlich haben sich die Besitzer noch kaputt gelacht, als ihr Hund die Gänse verscheucht hat."

Weitere Informationen:

Der Tierschutzverein Horb ist am kommenden Freitag, 2. Oktober, von 9 bis 17 Uhr mit einem Infostand aus Anlass des Welttierschutztages vor dem Real-Markt vertreten. Ein Thema wird dabei der richtige Umgang mit dem Hund sein.