Sven Gnass freut sich über spannende Musikstunden mit der neuen Musikschullehrerin Gwendolyn Phear. Foto: Lück Foto: Schwarzwälder-Bote

Musikschule hat über 1000 Schüler / Besser als Stuttgart oder Mannheim / Individuelle Arbeiten mit den Schülern

Von Jürgen Lück

Horb. Vergesst den Titel "Große Kreisstadt". Ab sofort sind wir die "Große Musikstadt". Denn unsere Musikschule wird jetzt über 1000 Schüler haben.

Musikschulrektor Sven Gnass: "Weil unsere Kurse Ende Oktober beginnen, haben wir noch nicht die endgültigen Zahlen. Aber wir werden bei der Schülerzahl wohl über die 1000 rutschen."

Und damit dürfte Horb in Relation zur Einwohnerzahl die größte Musikschule im Ländle sein. Denn: Bei knapp 24 000 Einwohnern ist jeder 24. ein Musikschüler. Zum Vergleich: Die städtische Musikschule Stuttgart hat 4500 Schüler – nur jeder 132. Einwohner der Landeshauptstadt ist Musikschüler. Auch Mannheim hinkt hinterher: 6300 Musikschüler – nur jeder 46. Einwohner nimmt hier an der städtischen Schule Unterricht. 

Doch warum ist Horb die große Musikstadt? Sicherlich liegt das an der Mission Musik, die der Leiter Sven Gnass seit 16 Jahren im Hohen Giebel durchzieht. Was das konkret heißt, konnte man bei der Premiere von Gwendolyn Phear erleben. 

Der Musikraum im ersten Stock. Phear gibt gerade Probestunden. Ihr Mann Nigel Treherne – Weltklasse-Oboist – sitzt auf dem Klavierhocker, während die neue Gesangslehrerin dem Reporter des Schwarzwälder Boten Rede und Antwort steht. 

"Arbeitsbedingungen hier sind hervorragend"

Die gebürtige Hannoveranerin erinnert rein optisch an eine der mächtigsten Frauen Niedersachsen Deutschlands, als sie noch "Röschen" genannt wurde. Wie Ursula von der Leyen hat sie die blonden Haare über den Ohren zurückgesteckt. Ihr schlanker Körper: unter Spannung. Sie analysiert blitzschnell, gestikuliert und redet Klartext: "Die Arbeitsbedingungen hier sind hervorragend. Ich kann mir vorstellen, hier in der Musikschule den Gesang weiterzuentwickeln. Beispielsweise ein Ensemble oder einen Chor zu gründen."

Eine junge Frau kommt zum Probeunterricht. Phear lässt sie richtig hinstehen, das Brustbein aufrichten. Dann nimmt sie ihre Arme, die an der Seite herabhängen, lockert sie. Zeigt mit den schmalen Händen, wie der Ton rauskommen soll. Und man hört, wie die Töne voll und stark aus der Kehle der Probeschülerin erklingen.

Phear lächelt: "Es klingt hier ganz gut. Doch einen Stock höher ist es noch besser. Dort klingt es fast wie in der Kirche. Für Dich als Sänger ein Vorteil, weil Du Dich selbst besser hörst."

Und als Gnass das hört, sagt er: "Klar, dass sie beim nächsten Mal den anderen Saal bekommt. Sie betritt zum ersten Mal das Haus und sofort ist es mit Leben erfüllt." Und das ist vielleicht das Erfolgsgeheimnis von Gnass: genau zuhören. Er sagt: "Mit fast allen Schulen haben wir eine Kooperation".

Dabei ist die Arbeit höchst individuell. Wir müssen uns bei jeder Schule neu auf das Umfeld einstellen. So können die Musikschullehrer fantasievoll, kreativ und experimentierfreudig die Mission Musik mit den Schülern weiterentwickeln."

Die neue Gesangslehrerin Gwendolyn Phear sagt es anders: "Die normale Schule schafft es nicht mehr, den Kindern die Grundbegriffe der Musik beizubringen. Diese Aufgabe übernehmen wir." Und dieses Erfolgsrezept macht aus Horb die "Große Musikstadt". Und das klingt doch gut, oder?