Die Reisenden auf der Gäubahn zwischen Horb und Stuttgart müssen derzeit auf den Schienenersatzverkehr umsteigen, wo es in den Bussen eng zugeht. Foto: Hopp

Gäubahn-Pendlerin erlebt pampige Busfahrer, 150 Minuten Fahrtzeit und überfüllte Busse.

Horb - Das Bus-Chaos durch die Vollsperrung der Gäubahn regt derzeit viele Fahrgäste der Deutschen Bahn auf. Teilweise sind die eingesetzten Ersatzbusse so überlaufen, dass die Pendler sich fast um die Sitzplätze prügeln.

Carmina Brenner aus Altheim ist Stadträtin und Leiterin des statistischen Landesamtes in Stuttgart. Sie gilt als sachlich und nüchtern. Doch was sie auf der vollgesperrten Gäubahn erlebt, ist schon krass. Übervolle Busse, genervte Reisende, pampige Busfahrer und Verspätungen.

Auf der Hinfahrt erlebte sie bereits den ersten Supergau auf der Gäubahn. "Wir alle stiegen in Herrenberg aus, gingen zum Bahnhofsvorplatz und fanden einen einsamen Gelenkbus vor. Der war in Rekordzeit voll, die Leute standen wie die Sardinen in der Büchse. Draußen standen verzweifelte ältere Herrschaften mit Koffern und Mütter mit Kindern, die es nicht in den Bus geschafft hatten. Dann kam ein Bahnmitarbeiter und meinte, es käme ein zweiter Bus. Der erste fuhr los. Kreisverkehr mit dem Gelenkbus macht keinen Spaß, wenn man steht. Der Bus fuhr durch Nufringen und durch ganz Gärtringen und da wartete tatsächlich die S 1. Ankunft in Stuttgart nach eineinhalb Stunden insgesamt. Ging ja noch."

Auf der Rückfahrt prügelten sich die verzweifelten Fahrgäste fast um die wenigen Sitzplätze. Brenner: "Ich nahm extra einen früheren Zug, um nicht in den Hauptberufsverkehr zu geraten. Die im Fahrplan ausgewiesene S1 bis Gärtringen war pünktlich, aber ab den Haltestellen in Böblingen und auf der Hulb gut voll. Auf die dreigliedrige S-Bahn wartete 17.25 Uhr in Gärtringen ein einsamer Gelenkbus, bei dem es fast eine Keilerei gab ums Einsteigen. Etwa dreißig Leute warteten draußen, weil ein weiterer Bus in Bereitschaft stand. Als der losfahren sollte, erschien in der Fahrzielanzeige das Wort ›Pause‹. Der Fahrer machte erst mal zehn Minuten Pause und als er endlich die Tür aufmachte, wartete er noch mal zehn Minuten. Als der zweite Fahrgast dasselbe fragte: ›Reicht es noch auf den Zug nach Rottweil?‹ wurde der Fahrer pampig. Der Zug sei ihm scheißegal, er fahre erst in zehn Minuten."

Wie Brenner weiter mitteilt, sei dann die nächste S-Bahn gekommen und der Bus schon halb voll gewesen. Noch mehr Leute seien dann stehengelassen worden. "Wieder ging es vollgestopft durch viele Kreisverkehre nach Herrenberg. Da war der Zug, der eigentlich erreicht werden sollte, schon lange weg. Ein Zwischenzug nach Horb um 17.20 Uhr fuhr nicht von Gleis 4 sondern von Gleis 2. Das wurde kurz vorher angesagt, was eine wahre Völkerwanderung auslöste. Dieser Zug hatte allerdings keinen Anschluss in Eutingen und in Horb wäre bei Ankunft der Bus der Linie 41 schon längst weg gewesen. Also eine gute halbe Stunde Warten auf dem gemütlichen Eutinger Bahnhof im Freien. Dann mit der Straßenbahn ins Heiligenfeld. Reisezeit insgesamt zwei Stunden und dreißig Minuten", so die Altheimerin weiter.

Das Fazit von Carmina Brenner: "Die Bahn glaubt wohl, dass die Fahrgäste einer gut besetzten Gäubahn in einen Gelenkbus passen. Sie glaubt auch, dass die Leute aus einer dreigliedrigen S-Bahn in einen einzigen Gelenkbus passen. Die Bahn denkt, wenn Ferien sind, haben alle Urlaub, auch die ohne oder mit großen Kindern. Die Bahn glaubt wohl, dass die Schüler in den Ferien alles Mögliche tun, nur nicht mit dem Zug irgendwo hin fahren. Die Bahn kann es auch nicht glauben, dass in den Ferien Leute einfach so verreisen und mit Koffern auf die Fernzüge wollen. Die armen Busfahrer der Firma Rexer sind hoffnungslos überfordert und maulen die Fahrgäste an. Das war der Probelauf. Insgesamt muss mit zehn Wochen Streckensperrung gerechnet werden. So lange hat keiner Urlaub."

Ein Bahnsprecher sagt dazu: "Es ist erstaunlich: Bei der Beschwerdestelle der Bahn sind bislang keine Beschwerden aufgelaufen. Offenbar nur über die Medien." Pro Stunde würden 17 bis 20 Busse eingesetzt werden. Die seien geplant nach den Besetzungszahlen der Züge. Seit Montag sei in Herrenberg noch ein Eingreifbus mit Fahrer stationiert, der fahren soll, wenn es irgendwo hakt.

Dennoch ist die Bahn dabei, mit den beauftragten Busunternehmen zu sprechen, um die Situation zu verbessern. Der Bahnsprecher erklärt: "Das nicht jeder einen Sitzplatz im Bus bekommt, dass passiert auch mal im Zug. Pendler sind oft zu denselben Zeiten unterwegs – das führt dann manchmal zu unvorhersehbaren Spitzen auch im Schienenersatzverkehr."