Ein ehemaliger Barbetreiber zog mit einem Einspruch vors Amtsgericht in Horb. Foto: Hopp

Löhne von Angestellten nicht bezahlt. Ehemaliger Barbetreiber hat mit Einspruch Erfolg.

Horb - Das Amtsgericht verhandelte am Dienstag über den Einspruch eines früheren Horber Barbetreibers, der wegen Vorenthaltens und Veruntreuung von Arbeitsentgelt in einer Gesamtsumme von rund 5700 Euro zu einer Geldstrafe von 6000 Euro (120 Tagessätze zu je 50 Euro) verurteilt worden war.

Im Juni dieses Jahres flatterte ihm der Strafbefehl ins Haus, und er legte prompt Widerspruch dagegen ein. Und damit hatte er offenbar Glück, wie sich schnell herausstellte.

Für den Ex-Gastronomen musste es sich wie eine Happy-Hour des Horber Amtsgerichts angefühlt haben. Zwar stand nirgends "Alle Strafen kosten von 13 Uhr bis 14 Uhr nur ein Viertel ihres ursprünglichen Wertes", doch ähnlich lief es für den früheren Betreiber der Bar. Letztendlich büßt er für den von ihm verursachten Schaden gerade mal mit einer Summe von 1800 Euro (90 Tagessätze à 20 Euro). Immerhin 4200 Euro "Nachlass", die diese Stunde vor Gericht einbrachte.

Für so viel Geld muss er laut eigenen Angaben fast dreieinhalb Monate Lkw fahren, denn dafür bekommt er im Monat netto 1200 Euro. Ein wenig in den Akten blättern, auf jede zweite Frage des Richters verbindlich lächelnd zugeben, dass ihm dieser Sachverhalt beim besten Willen nicht mehr geläufig sei, da schon zu lange her, und parallel eine Einkommenssituation schildern, die selbst Amtsgerichtsdirektor Albrecht Trick zu der Feststellung "Da geht’s bei Ihnen aber knapp daher" veranlasste. Das reichte.

Mit den 1200 Euro, die er nach eigenen Angaben verdient, muss er den Lebensunterhalt für sich und seine Ehefrau bestreiten, Miete zahlen und seinen beiden in der Türkei studierenden Töchter noch 200 bis 300 Euro im Monat überweisen. Da bleibt nicht viel zum Strafe zahlen übrig. So sah es auch Staatsanwalt Karl Jauch. Für ihn stand außer Zweifel fest, dass der Angeklagte im Zeitraum vom November 2014 bis Ende März 2015 zwei Frauen in seiner Bar als Bedienungen beschäftigt hatte. Beide Frauen hat er als geringverdienend auf 450-Euo-Basis bei den Sozialversicherungsträgern angemeldet, obwohl sie sechs Tage die Woche für ihn arbeiteten. Eine der beiden Bedienungen sagte im Zeugenstand aus, dass sie monatlich 1000 Euro bar auf die Hand bekommen habe und der Wirt ihr kostenfrei ein Zimmer zur Verfügung gestellt hätte.

Selbstständiges Betreiben einer Bar brachte dem Wirt 25.000 Euro Schulden – 1200 Euro Strafe und Gerichtskosten kommen jetzt dazu

Bei ihrer Kollegin sei es ähnlich gewesen. Nur konnte diese die Angaben nicht persönlich bestätigen, da sie per Attest für die Verhandlung entschuldigt war.

Doch auf diese Aussage kam es auch nicht mehr an. Die Vergehen waren bewiesen, nun mussten sich das Gericht und die Staatsanwaltschaft nur noch über die Höhe der Strafzumessung einigen. Karl Jauch hielt 120 Tagessätze zu je 20 Euro für angemessen; Richter Trick milderte das Strafmaß nochmals zu Gunsten des Mannes, den das Abenteuer "selbstständiges Betreiben einer Bar" letztendlich 25.000 Euro Schulden einbrachte. Schulden, die nun durch diese Geldstrafe und die dazukommenden Gerichtskosten nochmals deutlich höher wurden.

Diese Verhandlung gewährte aber auch einen Blick hinter die Kulissen des Gastgewerbes. Weniger auf die Arbeitsbedingungen als vielmehr auf Buchhaltung, Vertragsgestaltung und Arbeitnehmerschutz. Alle drei Begriffe schienen dem Beschuldigten so etwas wie die berühmten böhmischen Dörfer zu sein. Einen Arbeitsvertrag brauchte man nicht. Wer da war und arbeitete, bekam Geld, wer in Urlaub fuhr, die Kündigung. Die Sozialversicherer gingen ebenfalls leer aus. Dafür sah der Barbetreiber vom Gericht nun die hellgelbe Karte.