Die Mexikanerin Sheila, die am Hermann-Hesse-Kolleg studiert, genießt die Atmosphäre der Vesperkirche. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder-Bote

Positive Vesperkirche-Bilanz / Veranstaltung bleibt trotz großer Resonanz wohl im Steinhaus / Heute letzter Tag

Von Jürgen Lück

Horb. Am heutigen Freitag gibt es Seelachsfilet. Danach kommt dann das Koch-Team aus der Spitalstiftung, um sich den wohlverdienten Applaus für ihre Leistung abzuholen. Tag 13 der Vesperkirche im Steinhaus ist der letzte einer erfolgreichen Neuauflage.

Mitorganisator Erwin Reck, Leiter der Caritas: "Wir sind jeden Tag an der Kapazitätsgrenze gelaufen. Insofern sind wir einerseits froh, dass es so gut gelaufen ist. Aber auch froh, dass es der letzte Tag ist." Reck war gestern als Gast da. Er hilft begeistert mit, aber an den Dienst-Tagen in der Vesperkirche bleibt der Bürokram liegen. Er hebt die rechte Hand, um zu zeigen, wie hoch sich die Akten auf seinem Schreibtisch stapeln.

Dekanantsreferent Achim Wicker sieht im fünften Jahr der Vesperkirche die Veranstaltung jetzt bei dem angekommen, was sie sein soll: "Es ist inzwischen ein Klima entstanden, das wir so noch nie hatten. Wir haben sehr viele Bedürftige hier, die sich jetzt zusammensetzen und miteinander reden. Am Anfang setzte man sich noch einzeln hin."

Reck ergänzt: "Schauen Sie sich um: Hier sitzen Leute mit geringer Rente, Hartz IV oder durch den Tod des Partners getroffene Menschen, die jetzt ihre Einsamkeit in der Vesperkirche durchbrechen." Aber es kommen auch viele Solidaritätsesser.

Die Athmosphäre der Vesperkirche genießt zum Beispiel auch Sheila aus Mexiko. Sie besucht das Hermann-Hesse-Kolleg: "Ich bin mit dem Bus aus Betra hierhergekommen. Das Essen schmeckt, und ich habe schon einige Leute hier kennengelernt."

Am vergangenen Sonntag, erinnert sich Mitorganisatorin Ilse Braitmaier, war es so voll, dass man noch schnell drei Tische vom Hermann-Hesse-Kolleg holen musste: "Wir wollten niemand heimschicken."

Platz die Vesperkirche bald aus allen Nähten? Reck: "Ich denke, wir sollten im Steinhaus bleiben. Auch die Dauer sollte nicht verlängert werden." Dem stimmt auch Wicker zu. Die Vesperkirche in Horb – sie beweist auch eine Art Gottvertrauen, so Reck: "Vor dem Start hat man uns gesagt: Macht Euch keine Sorge um die ehrenamtlichen Helfer und das Geld. Das wird von ganz alleine kommen." Und so ist es dann auch im fünften Jahr. Bei den ehrenamtlichen Helfern gibt es keinen Mangel.

Reck: "Dahinter steckt auch der gesellschaftliche Trend der ›jungen Alten". Das sind Frührentner oder Rentner, die fit sind und die für eine begrenzte Zeit ehrenamtlich helfen wollen. Um auch wieder unter Leute zu kommen." Der zweite Trend sind die Spontanspenden. Ein Supermarkt brachte eine Kiste voll Blumensträußen vorbei. Die Leute vom Roten Kreuz haben gesehen, dass die Helfer an der Essensausgabe Latex-Handschuhe aus hygienischen Gründen tragen. Einen Tag später brachten sie dann neue Handschuhe mit, in denen man weniger schwitzt. Und die Kuchenspenden nehmen auch immer mehr zu.

Die Vesperkirche im Steinhaus. Viele Bedürftige. Doch wieviel soll man eigentlich spenden, wenn ich Solidaritätsesser bin? Dekanatsreferent Achim Wicker: "Das steht jedem natürlich frei. Als Faustregel kann man sich an den normalen Restaurantpreisen orientieren. Klar ist jedenfalls: Wer 10 Euro spendet, sorgt dafür, dass so auch noch ein Bedürftiger sein Essen bezahlt bekommt."