Ohnmacht, Schwindel und Schmerzen? Von wegen! Roland Scheu hat sichtlich Spaß am Spenden - und das bereits seit 14 Jahren. Foto: Schneider

Insgesamt 37.000 Spender zählt Ortsverein der Stadt Horb in vergangenen 60 Jahren. Mit Video

Horb - Der 18. Dezember 1958 war die Geburtsstunde der Blutspende in Horb – rund 60 Jahre später, begrüßt das Deutsche Rote Kreuz (DRK) hier bereits den 37 000. Spender. Dennoch hat die Organisation zunehmend Probleme, junge Spender zu finden.

"Es ist eine sehr erfüllende Arbeit", sagt Claudia Schäfer über ihre Tätigkeit beim Blutspende-Dienst. 18 Jahre ist sie bereits beim Deutschen Roten Kreuz angestellt und hat in diesem Rahmen schon einige Blutkonserven gefüllt. Auch Anfang der Woche stand sie bereit, um 120 Spender, gemeinsam mit ihren Kollegen und ehrenamtlichen Helfern des Ortsvereins, zu umsorgen. Davon wurden 111 Männer und Frauen zur Spende zugelassen, darunter zehn Erstspender.

Die Ergenzingerin selbst darf zwar nicht mehr spenden, da sie vor zehn Jahren unter Hautkrebs litt, doch ihre zwei Söhne und ihr Mann engagieren sich dafür umso mehr und sind als Stammzellenspender registriert.

Dass Spender wie sie, aber auch Arzthelfer wie Claudia Schäfer wichtig sind, hat die Familie vor 15 Jahren am eigenen Leib erfahren. "Mein Mann wurde notoperiert, mitten in der Nacht sind wir los und direkt in den OP. Ohne die Blutkonserven würde er nicht mehr leben", schildert Schäfer das prägende Ereignis, welches sie einmal mehr in ihrer Arbeit bestärkte.

Seit 18 Jahren hilft sie nun auch zwei bis drei Mal jährlich in Horb und nimmt den circa 100 bis 120 Spendern pro Termin das benötigte Blut ab. Die Zahl dieser sei jedoch vor allem in den Sommermonaten sehr gering. "Es ist schwierig, weil viele Leute im Urlaub sind, aber das Blut braucht man ja trotzdem", erklärt die 56-Jährige.

Und davon nicht gerade wenig: Rund 1800 Blutspenden werden täglich in Baden-Württemberg benötigt. In ganz Deutschland sind es 15 000, nennt Michael Molitor erschreckende Zahlen. Er ist ebenfalls beim DRK tätig und verantwortlich für den Kreis Freudenstadt. Obwohl die Zahl der benötigten Spenden gedeckt werden könne, lasse die Spendenbereitschaft immer weiter nach. "Es ist schwerer, junge Leute zu motivieren, doch die brauchen wir. Die ältere Generation fällt nämlich irgendwann weg", bedauert Molitor.

Erschwerend hinzu kommt, dass das Höchstalter für eine Blutspende 72 Jahre beträgt. "Bis zum Tag vor dem 73. Geburtstag darf gespendet werden. Danach nicht mehr", so die Spielregeln.

Um die jungen Leute zu erreichen, wird bereits einiges getan. Die Blutspende-App, die anzeigt, wann wieder gespendet werden darf und wo dies im näheren Umkreis möglich ist, sei bereits ein Schritt in die richtige Richtung. "Wir versuchen, auf digitalem Weg die jungen Leute anzusprechen", schildert der Regionalleiter die Strategie des DRK.

Aufgrund dieser Schwierigkeiten hat sich die DRK ein Ziel gesetzt: Zum 60-jährigen Bestehen in Horb soll der 37 000. Spender in der Stadt begrüßt werden. Mit Erfolg: Gegen Abend war es soweit. Mit Frank Klaubauf aus Dettensee meldete sich der 37 000. Spender in Horb. "Ich hab noch Scherze gemacht, dass ich das nicht sein werde", erzählt Klaubauf. Auch er ist kein neues Gesicht, sondern spendet regelmäßig, vor allem in Horb und Empfingen. Neben ihm wurden auch Tim Schneider und Hannelore Kaupp, die die Zahl nur knapp verpassten, geehrt. "Bleiben Sie uns treu", bat Dieter Dettinger, stellvertretender Kreisgeschäftsführer des DRK Kreisverbands Freudenstadt, und überreichte den beiden Spendern ein kleines Präsent. Zur Feier des Tages bekam auch Klaubauf vom DRK einen Geschenkkorb überreicht. "Ich hab doch gar nichts Besonderes gemacht. Andere retten Menschen, die haben das verdient", kommentiert der Dettenseer die Geschenkübergabe. Der DRK sieht das anders, denn die Spender sind das Herzstück der Organisation: "Wir haben unser Ziel erreicht, jetzt müssen wir weitermachen, damit es weiterhin so erfolgreich läuft. Wenn die Spender weiterhin ihr Blut geben, haben wir viel gewonnen", bekräftigt Molitor.

Unsere Reporterin war beim Blutspenden in Oberndorf - hier das Video:

Zu den treuen Spendern gehört auch Roland Scheu. Der 59-Jährige spendet diese Woche zum 64. Mal, immerhin ist er schon 14 Jahre mit dabei. "Das ist zur Gewohnheit geworden", begründet er seine Spenden. Sechs Mal pro Jahr versucht er, Spendentermine wahrzunehmen. Diese macht er jedoch weniger vom Ort, sondern eher vom Termin abhängig und versucht sie in seinen Geschäftsalltag einzubinden. Stress ist das für ihn keineswegs. "Es tut einem einfach gut, zu spenden", beschreibt er seine Bereitschaft, sein Blut für andere herzugeben.

Auch er selbst befand sich schon mal in dieser Not-Situation. "Ich hatte einen Fahrradunfall und musste operiert werden, da war ich auch auf das Blut anderer angewiesen", erzählt Scheu von seiner Operation vor sieben Jahren. "Das gibt einem schon noch mal Bestätigung, dass es sinnvoll ist, anderen zu helfen."

Neben Privatpersonen wie Roland Scheu ergreifen auch Firmen die Initiative, um sich im Rahmen der Blutspende sozial zu engagieren. So auch die Autohandelsgesellschaft AHG, die schon vergangenes Jahr 400 ihrer 1700 Mitarbeiter mobilisierte und so 100 Liter Blut spendete, führte die Spende als Sozialprojekt durch. "Man überlegt eben, was man Gutes tun kann", begründet Leiter der Presse- und Medienarbeit der AHG Gerd Braun die Auswahl des Projekts. Die diesjährige Aktion läuft noch bis Oktober, denn nicht nur die Filiale in Horb hilft – AHG-weit engagieren sich die Mitarbeiter.

Unter ihnen auch Bianca Geiger. Die 33-Jährige ist eine der zehn Erstspender und wurde durch die Aktion ihres Arbeitgebers auf die Spende aufmerksam. Auch wenn sie selbst niemanden kennt, der bereits fremdes Blut gebraucht hat, engagiert sie sich gerne. "Man weiß nie, ob man selbst mal einen Unfall hat und Blut braucht", begründet Geiger ihre Entscheidung, am Sozialprojekt teilzunehmen.

Auch wenn die Zahl der Spender in Horb verglichen mit anderen Städten nicht wirklich hoch ist, zählt jeder einzelne Spender, wie Molitor verdeutlicht. "Auch eine Blutspende mit 100 Leuten lohnt sich. Das sind 100 Leben, die gerettet werden."