Vom Ortschaftsrat mit knapper Mehrheit als stellvertretender Ortsvorsteher gewollt, aber vom Gemeinderat abgelehnt: der Talheimer Ortschaftsrat und ULH-Stadtrat Herrmann Walz. Foto: Hopp Foto: Schwarzwälder Bote

Kommunales: Ortsvorsteher Ade: "Wenn wir mit dem selben Kandidaten nochmals antreten, machen wir uns zur Lachplatte"

Die Angelegenheit um den ersten Stellvertreter des Ortsvorstehers von Talheim ist nach kontroverser Diskussion im Rahmen der jüngsten Ortschaftsratssitzung bis zur Kommunalwahl 2019 verschoben worden. Bis dahin wird der Ortsvorsteher nur von einem Stellvertreter vertreten.

Horb-Talheim. Der bislang zweite Stellvertreter, Egon Klink, ist bis zur Kommunalwahl alleiniger Stellvertreter. Dies entschied der Ortschaftsrat mit acht Ja-Stimmen gegen vier Nein-Stimmen.

Wie berichtet, wurde der Vorschlag des Ortschaftsrats, Herrmann Walz als ersten Stellvertreter des Ortsvorstehers zu wählen, vom Gemeinderat mit großer Mehrheit abgelehnt. (20 Nein-Stimmen, sechs Ja-Stimmen). Der Ortschaftsrat wurde gebeten, über einen neuen Wahlvorschlag zu beraten.

Daher ergaben sich für das Gremium folgende Möglichkeiten: Wiederholung der Wahl des ersten Stellvertreters oder Verzicht auf eine Nachwahl.

Silke Wüstholz, die bei der ursprünglichen Wahl zum ersten Stellvertreter im zweiten Wahlgang damals mit sieben zu fünf Stimmen unterlag, hatte erklärt, dass sie für das Amt nicht mehr zur Verfügung stehe. Außer Walz gab es keine weiteren Bewerber.

Bevor Ortsvorsteher Anton Ade die Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt freigab, machte er noch einige grundsätzliche Ausführungen aus seiner Sicht: Er betonte, dass der Ortsvorsteher (OV) ein Teil der Verwaltung beziehungsweise verlängerter Arm des Oberbürgermeisters ist. Verschwiegenheit und ein großes Maß an Loyalität sei erforderlich. "Aufgabe des OV ist es, die Entwicklung des Stadtteils Talheim voranzubringen. Das Gemeinwohl ist vor das Eigeninteresse zu stellen. Der OV sollte eine anerkannte und geachtete Persönlichkeit sein. Ortskenntnis, Lebenserfahrung und dem Amt angemessene Umgangsformen sind erforderlich. Wirtschaftliche Unabhängigkeit ist vorteilhaft", so Ade.

"Der OV muss Beruf und Ehrenamt vereinbaren können und sollte tagsüber für Gesprächstermine für Bürger und Verwaltung sowie Behörden zur Verfügung stehen", hob Ade eine seiner Ansicht nach sehr wichtige Voraussetzung explizit hervor. Zur Entscheidung des Gemeinderates merkte er an: "Festzuhalten ist, dass jeder Gemeinderat für sich abzuwägen hat und keiner Weisung unterliegt. Die Gemeinderäte haben für ihre Entscheidung offensichtlich andere Entscheidungskriterien zugrunde gelegt als die Ortschaftsräte in Talheim."

Ade ist sich auch sicher, dass bei einer Wiederholung der Wahl mit dem selben Kandidaten keine Mehrheit im Gemeinderat zustande kommt. "Dafür war das Ergebnis schlicht zu klar. Wenn wir mit dem selben Kandidaten nochmals antreten, machen wir uns zur Lachplatte", wurde Ade deutlich. Er tendierte zur lautlosesten Lösung – der Lösung, nur mit einem Stellvertreter weiterzumachen. Im Gremium gab es dazu sehr unterschiedliche Meinungen. Rat Bernd Klink sagte: "Wir sind vom Gemeinderat um ein Ergebnis betrogen worden – Sieht so Demokratie aus?", fragte er und vertrat die Meinung, dass der Ortschaftsrat eigentlich geschlossen zurücktreten sollte. "Wir müssen Kante zeigen, auch wenn die Person nicht bei allen Ortschaftsräten beliebt ist. Eine Demokratie muss das aushalten."

Rätin Catrin Weihing, eine erklärte Gegnerin von Walz, sah das anders. "Man muss auch eine positive Demokratie aushalten", sagte sie. Rat Armin Kreidler, der zuvor schon ironisch feststellte, dass in diesem Fall Oberdemokratie Unterdemokratie sticht, wollte daraufhin von ihr den Unterschied zwischen negativer und positiver Demokratie erfahren. "Für mich war die Entscheidung des Gemeinderates, Walz nicht zu bestätigen, positiv", zeigte sie die zuvor geforderte Kante.

Rat Roland Becht vertrat die Meinung, dass die Demokratie verloren geht und man nur aus Trotz den Kandidaten Walz nochmals nominieren sollte. Die Überlegungen von Rat Matthias Müller gingen dahin, dass man zwar für alles Ehrenamtliche suche, doch wenn sich Ehrenamtliche engagieren, dann würden sie abgeschmettert. "Trotzdem, es macht keinen Sinn nochmals zu wählen", so sein Fazit.

Rat Alexander Kotzur stellte die rhetorische Frage, für was man denn einen Ortschaftsrat brauche, wenn sowieso alles von oben diktiert werde. Die Causa Walz wertete er als ein "Spielchen gegen den Talheimer Ortschaftsrat". Rat Oliver Faßnacht störte sich daran, dass der Satz "Da hat der Gemeinderat ein deutliches Zeichen gegen den Rechtspopulismus gesetzt" im Raum steht. Für ihn bedeutet dies im Umkehrschluss, dass der Talheimer Ortschaftsrat von Rechtspopulisten durchsetzt sei. "Und dagegen wehre ich mich."

Rat Egon Klink unterstrich, dass der Ortschaftsrat dem Gemeinderat lediglich Vorschläge unterbreiten kann, über die dort abgestimmt werde. Anton Ade machte dieses Vorgehen an einem sehr praktischen Beispiel deutlich. "Wenn die Kinder bestimmen, wir fahren ans Mittelmeer und die Eltern sagen, dass es an die Ostsee geht, dann ist die Entscheidung klar."

Hermann Walz, der bei dieser Sitzung alles daran setzte, nochmals nominiert zu werden, ist der Meinung, dass er nur wegen seiner politischen Anschauung nicht als erster Stellvertreter bestätigt wurde. "Und damit hat der Horber Gemeinderat vehement gegen das Grundgesetz verstoßen", ist sich Walz sicher. Im Artikel 3.3 steht, dass niemand wegen seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Und genau das sei nach seiner Ansicht eingetreten. Da man ihm die Nähe zur AfD nachsagt, hat er sich von deren Nagolder Geschäftsstelle bestätigen lassen, dass er weder AfD-Mitglied ist noch einen entsprechenden Antrag gestellt hat.

Wie dem auch sei, das Tischtuch im Talheimer Gremium ist zerschnitten und kann sicher auch nicht mehr zusammengefügt werden. Ein großer Teil des Ortschaftsrats ist sauer, dass man sie wählen lässt und dann sagt: Nein, den wollen wir nicht. Auch die Meinungen der Bevölkerung im Tal gehen in dieser Sache weit auseinander. Für die einen ist Walz ein Macher und Schaffer, für die anderen ein Schwätzer, wie im Lauf der Sitzung des Öfteren ganz offen und zwischen den Zeilen zu hören war. Doch bis zu den nächsten Kommunalwahlen am 26. Mai 2019 muss dieser Beschluss nun halten, denn erst dann werden die Karten neu gemischt.