Wie sicher oder unsicher ist es am Horber Bahnhof? Über diese Frage diskutierten die Stadträte am Dienstag im Gemeinderat. Foto: Hopp

Peter Rosenberger kritisiert im Gemeinderat Spiegel-Artikel. Seifriz: "Nicht aus Mücke Elefanten machen".

Horb - Ist der Bahnhof wirklich ein Angst-Ort? Im Gemeinderat am Dienstag hat es eine große Diskussion um einen Artikel im "Spiegel" gegeben.

Oberbürgermeister Peter Rosenberger: "Der Bahnhof ist inzwischen der sicherste aller Welten. Trotzdem glauben die Bürger, es wird immer schlimmer. Dort gäbe es Drogen, Suff und Pöbeleien." Gelächter im Gemeinderat, weil das Stadtoberhaupt damit auf den Titel des Spiegel-Artikels "Die sicherste aller Welten" anspielt. Rosenberger weiter: "Es ist Schwachsinn, den Bahnhof Horb mit Berlin Alexanderplatz zu vergleichen. Wir wissen, dass wir im vergangenen Jahr dort ein bis zwei Personen hatten, die dort gepöbelt und randaliert haben."

In dem "Spiegel"-Bericht werden Angst-Orte aufgelistet. Berlin Alexanderplatz, Bonn, Oldenburg und Horb. Zitat: "Orte voller Drogen, Dreck, Suff, Pöbeleien." SPD-Fraktionschef Thomas Mattes hatte das kritisiert: "Die Erwähnung Horbs als Angst-Ort in einem Atemzug mit Brennpunkten in anderen deutschen Großstädten hat mich sehr verwundert. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass das Horber Bahnhofsviertel ein Drogenumschlagsplatz ist und man ständig von Betrunkenen angepöbelt wird. Dass auch im Bahnhofsbereich Konflikte auftreten, ist unbestritten."

Überschriften an Realität vorbei?

Rosenberger sieht in der Gemeinderatsdebatte auch eine Mitschuld beim Schwarzwälder Boten. Rosenberger: "Mit Worten wie Bahnhofs-Pöbler in Presseartikeln werden Suchbegriffe gesetzt, die Google entsprechend einordnet. Wir können mit so einer Berichterstattung, die ein schlechtes Bild auf Horb wirft, nicht zufrieden sein." Der Schwarzwälder Bote hatte in seiner Berichterstattung unter anderem die Schlagzeilen getitelt: "Wieder Ärger mit dem Bahnhofs-Pöbler".

Weiter kritisiert der OB: "Überschriften wie mit dem Bahnhofs-Pöbler oder dem Alkoholsumpf im Marmorwerk ziehen." Die Überschriften hätten aber nicht unbedingt etwas mit der Realität zu tun.

Viviane Weschenmoser: "Zunächst haben wir über den Artikel geschmunzelt. Doch es geht eher um den gefühlten Zustand am Bahnhof. Es kommen Mütter auf mich zu, die sagen, sie lassen ihre Kinder nicht mehr am Bahnhof aussteigen. Sondern in Mühlen. Menschen sagen mir: Ich fühle mich wohl in Horb. Aber es nimmt schon zu, dass ich mich unsicher fühle. Deshalb möchte ich den Antrag stellen, dass die Stadtverwaltung Experten befragt. Dass wir mit Bürgern ins Gespräch kommen und dafür sorgen, dass diese Unsicherheit aufhört." Rosenberger entgegnet darauf: "Es gibt immer den Unterschied zwischen dem subjektivem Empfinden und dem objektiven Fakten." Weschenmoser: "Aber bekommen Sie das auch an die Menschen verkauft?"

Prozess gegen Pöbler beginnt am Freitag

Rosenberger weiter: "Wie stellen fest, dass dort die Streetworker und die Nachtwanderer unterwegs sind. Dazu unser Ordnungsdienst. Alle sagen: Es ist nichts los am Bahnhof. Ich habe nichts dagegen, dass wir ein Marketingkonzept rund um den Bahnhof entwerfen. Wir fragen auch gerne die Nutzer, wie wir den Bahnhof anders präsentieren können."

FD/FW-Fraktionschef Alfred Seifriz: "Wir sollten nicht darauf reinfallen, wenn eine Journalistin vom ›Spiegel‹ etwas aufbauscht, die von Horb keine Ahnung hat. Ich verwehre mich dagegen, dass aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird." CDU-Fraktionschef Michael Keßler schließt sich dem an. OB Rosenberger: "Wir haben das intern geprüft. Die Berichterstattung bietet keinen Anlass, dass wir uns an den Presserat wenden. Oder dass wir eine Gegendarstellung erreichen können. Wir werden allerdings der Redaktion des ›Spiegel‹ schreiben."

Allerdings könnte es am Bahnhof wieder "belebter" werden, so Rosenberger: "Jetzt werden die Sommermonate kommen. Da wird es belebter werden. Der Bahnhof ist nicht die Schrebergartenanlage. Durch das Umfeld darf es dort ein besonderes Leben haben."

Am Freitag startet der Prozess gegen den "Bahnhofs-Pöbler" vor dem Landgericht Rottweil. Die Vorwürfe unter anderem: Widerstand gegen Polizeibeamte, Schlägerei auf dem Bahnhofsvorplatz, einen Hausmeister mit dem Messer bedroht (siehe Info-Kasten).

Der "Bahnhofs-Pöbler" muss am Freitag, 18. Mai, um 9 Uhr auf die Anklagebank des Landgerichts Rottweil. Laut Staatsanwaltschaft sei er "vermindert schuldfähig" wegen eines hirnorganischen "Psychosyndrom nach Schädel-Hirn-Trauma".

Info: Die Vorwürfe

Am 23. Mai soll er eine Angestellte einer Gastronomie am Bahnhofsplatz beleidigt haben und versucht haben, sie zu schlagen. Schon bei der Festnahme soll er einen Polizisten durch eine Tritt verletzt haben. Auf dem Revier hat er einen weiteren Beamten geschlagen.

Am 2. Oktober soll er einem Mann grundlos mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben.

Am 12. Oktober soll der "Bahnhofs-Pöbler" dem Hausmeister seiner Notunterkunft "ein Brotmesser drohend entgegengestreckt haben", als der an die Tür klopfte. Am selben Tag soll der Mann "sich vor dem Kaufland aufgehalten und dort Passanten sowie den Marktleiter angepöbelt haben".

Am 18. Oktober weigerte sich ein Mann, dem Angeklagten Geld zu geben. Darauf soll der Bahnhofs-Pöbler "mehrfach mit der Faust und der Bierdose" den Geschädigten geschlagen haben. Der Schwarzwälder Bote hatte das in einem Video dokumentiert.