Gummer ist seit 2004 Oberbürgermeister von Hockenheim. Foto: Dany Schleicher/Stadtverwaltung Hockenheim/dpa/dpa

Dieter Gummer (SPD) ist nach Angriff schwer verletzt. Motivlage des Täters unklar.

Böhl-Iggelheim - Die Serie von Angriffen gegen Kommunalpolitiker reißt nicht ab. Nun hat es ein Stadtoberhaupt im Norden Baden-Württembergs getroffen, den Hockenheimer Oberbürgermeister Dieter Gummer. Der 67-Jährige wurde nach Darstellung der Polizei zu Hause in Böhl-Iggelheim (Rheinland-Pfalz) attackiert und geschlagen. Er erlitt einen Kieferbruch und kam ins Krankenhaus. Der Polizei fehlt zunächst eine heiße Spur zum Täter.

Ein Unbekannter habe am Vorabend bei Gummer zu Hause geklingelt, berichteten die Ermittler am Dienstag. Der SPD-Politiker sei zur Tür gegangen und schließlich in den Hof hinuntergekommen, weil ihn der Fremde am Tor um ein Gespräch gebeten habe. Auf dem Hof habe der unbekannte Mann zum Angriff angesetzt. Unvermittelt sei der Schlag gewesen und hart. Gummer verlor das Gleichgewicht, stürzte und schlug mit dem Kopf auf dem Boden auf.

Gummer ist in der Kommunalpolitik ein alter Hase. Seit mehr als fünf Jahrzehnten ist er dort unterwegs - in Ludwigshafen, Haßloch und Mannheim, seit 15 Jahren als Stadtoberhaupt in Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis). Ende August will er sich in den Ruhestand verabschieden. Über seine Nachfolge wird am kommenden Sonntag entschieden: Weil sich bei der Wahl am 7. Juli keiner der fünf Kandidaten durchsetzen konnte, kommt es zur Neuwahl.

Warum der Angriff an einem der letzten Tage im Amt? Die Polizei steht bei der Suche nach Täter und Motiv noch ganz am Anfang. Der Täter konnte nach dem Schlag unerkannt die Flucht ergreifen. "Wir ermitteln in alle Richtungen», sagte ein Sprecher im Polizeipräsidium Rheinpfalz.

Hockenheims Stadtverwaltung reagierte erschüttert: "Mit Schock und Entsetzen haben wir vom Angriff auf Oberbürgermeister Dieter Gummer erfahren", ließ Bürgermeister Thomas Jakob-Lichtenberg mitteilen. "Wir wünschen ihm für die Genesung alles Gute und hoffen, dass es ihm gesundheitlich bald besser geht." Noch sei nicht viel bekannt über den konkreten Tathergang und über den Täter. Man habe vollstes Vertrauen in die Arbeit der Ermittler, heißt es vonseiten der Stadt. Den feigen Angriff auf Dieter Gummer verurteile man auf das Schärfste.

In den vergangenen Wochen hatten Angriffe, Drohungen und Beleidigungen gegen Kommunalpolitiker in Deutschland erneut für eine Debatte gesorgt. Unter anderem waren Forderungen nach härterer Strafverfolgung laut geworden.

Am 2. Juni war der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke vor seinem Haus erschossen worden. Der Generalbundesanwalt geht von einem rechtsextremen Hintergrund aus. Der 45-jährige Stephan E. hatte die Tat zunächst gestanden, später aber sein Geständnis widerrufen.

Der baden-württembergische SPD-Politiker Wolfgang Drexler, die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker, der Bürgermeister des sauerländischen Altena und weitere deutsche Politiker haben bereits Morddrohungen erhalten. Das Landeskriminalamt zählte im vergangenen Jahr im Südwesten 160 Fälle, bei denen Amts- und Mandatsträger Opfer von politisch motivierten Straftaten geworden sind. 81 Angriffe kamen den Anzeichen nach von rechts, 28 Angriffe von links. Dabei ging es laut LKA vor allem um Fälle von Beleidigungen.

Der Freiburger Oberbürgermeister Martin Horn (parteilos) wurde kurz nach seiner Wahl im Mai 2018 von einem Mann attackiert. Eine gebrochene Nase, zwei gebrochen Zähne und Wunden um das linke Auge trug Horn davon. Der Angriff war laut Polizei aber nicht politisch motiviert, sondern es handelte sich um einen psychisch kranken Einzeltäter.