Forst und Landwirtschaft benötigen präzise Daten und setzen auf Hilfe aus dem All. Foto: dapd

In den Wäldern des Landes setzen Forstmitarbeiter auf modernste Technologien. Doch in vielen abgelegenen Gegenden vertraut man weiterhin lieber dem menschlichen Orientierungssinn.

Stuttgart/Hausach - Es gibt viel Wald im Kinzigtal. Der Ortenaukreis, in dem das Kinzigtal liegt, hat so viel wie kein anderer Landkreis im Südwesten. 48 Prozent seiner gesamten Fläche sind von Bäumen bedeckt. Bei 38 Prozent liegt der Waldanteil in ganz Baden-Württemberg.

Florian Sommer arbeitet im Kinzigtal. Der Mann ist Einkäufer im Sägewerk Streit in Hausach, einer 5800-Einwohner-Gemeinde. 360.000 Festmeter Holz verarbeitet das Unternehmen jedes Jahr. „Nur 60 Prozent unserer Fahrer sind mit einem GPS-Empfänger ausgestattet“, sagt Sommer. GPS-Empfänger sind Geräte, die Positionssignale von Satelliten im All empfangen können. Diese lotsen die Fahrer metergenau zu Holzsammelplätzen. Dort liegen die Baumstämme, die das Sägewerk Streit zuvor gekauft hat.

Doch was ist mit den 40 Prozent der Fahrer, die keinen GPS-Empfänger im Lkw haben? Irren sie ahnungslos durch die Kinzigtaler Wälder? Im Gegenteil. Der größte Teil des Waldes im Ortenaukreis ist bäuerlicher Privatwald, die Parzellen sind klein, die Besitzverhältnisse dementsprechend zersplittert. Wenn Florian Sommer und seine Kollegen Holz einkaufen, dann liegt es danach an vielen verschiedenen Stellen zum Abholen bereit. Die Fahrer, die es einsammeln und keinen GPS-Empfänger haben, müssen sich auskennen im Wald. Sehr gut auskennen. Alles andere wäre nur hinderlich. „Mit einem zwanzig Meter langen Lkw auf einem Waldweg können Sie nicht einfach umdrehen und woanders hinfahren“, sagt Sommer.

Ohne GPS-Daten müssten die Fahrer oft die Hilfe von Förstern in Anspruch nehmen

Wenn Harald Arnold über das Thema Satelliten-Navigation im Wald spricht, erzählt er von „digitalisierten Holzabfuhrwegen“ und „integrierten Routenprozessen“. Arnold ist Forstdirektor im Landesamt für Geoinformation und Landesentwicklung (LGL) in Stuttgart, und moderne Technologien im Forstbetrieb sind sein Steckenpferd. Dass viele Lkw auf den Waldwegen mittlerweile mit GPS-Empfängern ausgerüstet sind, dass die Fahrer nur noch die digitalen Karten der Holzverkäufer eingeben müssen, all das gehört für Arnold zum Alltag. Ein Alltag, der seiner Meinung nach um einiges effizienter geworden ist in den vergangenen Jahren. Denn ohne GPS-Daten müssten die Fahrer oft die Hilfe von Förstern in Anspruch nehmen. Die würden dann Lkw und Fahrer an den jeweiligen Sammelplatz führen, wo das gekaufte Holz läge. „Die Arbeitszeit dieser Förster fällt damit weg“, sagt Arnold. Auch irrtümlich zurückgelegte Strecken auf falschen Waldwegen gebe es nicht mehr. Und die fallen ins Gewicht. Das Fraunhofer-Institut in Magdeburg hat ausgerechnet, dass die durchschnittliche Fahrt zu einem Holzsammelplatz, einem Polter, dreimal so lange dauert wie die Fahrt zurück zum Waldrand.

Doch Satelliten-Navigation und exakte Ortsdaten helfen nicht nur in der Forstwirtschaft. Auch beim Verlegen von Strom- oder Gasleitungen ist Unterstützung aus dem All immer willkommen. Das Landesamt für Geologie und Landesentwicklung hat deshalb Sapos entwickelt, die Abkürzung für Satellitenpositionierungsdienst. Sapos verwendet die Daten verschiedener Satellitendienste – das US-amerikanische GPS, das russische Glonass und bald, wenn alles klappt, auch das europäische Galileo.

Mit den üblichen GPS-Geräten läge die Genauigkeit oft bei hundert Metern

Auf etwa 14 Satelliten kann der Positionierungsdienst derzeit zurückgreifen. Mit Galileo sollen es dann mehr als 30 sein. Je mehr Satelliten, desto genauer die Daten – das gilt auch für Sapos. „Auf diese Genauigkeit können Sie sich verlassen“, wirbt Hansjörg Schönherr, der Präsident der LGL in Stuttgart. Dies gelte auch bei schlechtem Wetter mit vielen Wolken. Mit den üblichen GPS-Geräten läge die Genauigkeit oft bei hundert Metern, sagt er – mit Sapos hingegen bei ein bis zwei Zentimetern. Für den Forstbetrieb dürfte das sicherlich weniger interessant sein. Ein Holzpoller ist auch aus mehreren Metern Entfernung deutlich zu sehen, da macht es dann nichts aus, wenn die Daten aus dem GPS-Gerät nicht hundertprozentig genau sind. Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) sagt: „Mit unserem Satellitenpositionierungsdienst sind wir ein starker Partner für Wirtschaft und Verwaltung.“

Hundertprozentig genau geht es hingegen immer öfter in der Landwirtschaft zu – beim sogenannten Precision Farming, zu Deutsch Präzisionslandwirtschaft. Die zentimetergenaue Spurführung von riesigen Mähdreschern ist weit verbreitet – vor allem bei Großbetrieben in Europa und Nordamerika. Die GPS-Empfänger in den monströs großen Fahrzeugen sind mit der neuesten Technik ausgestattet und können sowohl Galileo- als auch Glonass-Daten verarbeiten. Mit ihrer Hilfe beträgt die Spurabweichung oft nur noch ein paar Zentimeter. Diese sogenannten Spurführungssysteme funktionieren auch in hügeligem oder kurvigem Gelände. „Die Landwirtschaft profitiert von dieser präzisen Steuerung“, sagt Bonde. Dadurch werde weniger Saatgut verschwendet.