Verkehrsminister Hermann (von links) mit Martina Braun und Hubert Nowack von den Rottweiler Grünen. Thema des Abends: Die Probleme mit der Bahn. Foto: Marcel

Verkehrsminister Winfried Hermann spricht in der Pulverfabrik in Rottweil am Mittwochabend auch über die großen Probleme mit der Bahn.

Die Zukunft der Schiene, aber vor allem die Zukunft der Mobilität stand im Mittelpunkt des Abends mit Landesverkehrsminister Winfried Hermann in der Rottweiler Pulverfabrik. Denn die Schiene, das machte Hermann klar, ist nur ein kleiner Teil des Themas, die Straße ist und wird ein großer bleiben, allerdings mit klimafreundlichen Antrieben.

20 Prozent weniger Autos?

„Man wird das Klima nicht schützen, wenn man weiter so unterwegs ist.“ Um Klimaneutralität wie geplant bis 2040 zu erreichen, müssen im Ländle bis in sieben Jahren 20 Prozent weniger Autos unterwegs sein, und jedes zweite Auto muss klimaneutral fahren. Carsharing, Radwege, auch mehr Transporte auf der Schiene brauche es, aber die Bahn, das ist so eine Sache.

Bahn-Infrastruktur vernachlässigt

Nicht nur Stuttgart 21 macht dem Minister Bauchschmerzen, auch die jahrzehntelange Vernachlässigung der Bahn-Infrastruktur samt Rückbau von Strecken und Güterbahnhöfen, dazu völlig veraltetes Material, bei dem die Kupplungen mit 150 Jahre alter Technik noch von Hand betätigt werden müssen. Aber hier tue sich was, so Hermann, inzwischen sei bei der Bahn eine neue Generation am Ball, die teils auch zugebe, dass man vieles anders gemacht hätte – auch bei Stuttgart 21. Hermann zog den Vergleich zu Frankfurt, Leipzig und München: Diese Städte wollten ihren Kopfbahnhof behalten, bekamen dazu eine unterirdische Querverbindung und sind damit gut versorgt.

Stuttgart muss durchgezogen werden

Stuttgart hingegen wird teurer und teurer und zieht sich noch Jahre hin, aber muss durchgezogen werden, wie Hermann klarstellte. Auch wenn die Grünen immer gegen das Projekt waren, die Volksabstimmung sei bindend, „ich bin Demokrat.“ Wo möglich, versuche man, es besser zu machen, man habe nun durchgesetzt, dass die Panoramastrecke nicht stillgelegt wird. „Aber ich kann es nicht wegzaubern!“

Probleme mit der Gäubahn nicht wegzuzaubern

Auch die leidigen Probleme mit der Gäubahn nicht, wenn sich Stadt und Region Stuttgart mit dem Koalitionspartner CDU gegen die Idee eines Ergänzungsbahnhofs stellten, könne er nichts bewirken, „ich bin nicht der König von Württemberg!“ Man habe viele Klimmzüge gemacht, „aber wir Grünen haben hier keinerlei Unterstützung bekommen.“ Zudem sei der Landesverkehrsminister nicht der Eigentümer des Schienennetzes in Deutschland. „Die Bahn macht ihre Baustellen wie sie will“, er führe Gespräche, „damit sie endlich mal kapieren, dass die Baustellen kundenfreundlicher machen müssen.“ Und nicht jedes halbe Jahr Strecken wie die Gäubahn sperre.

Oberleitungen auf Autobahnen

Dennoch: Der Aus- und Neubau von Bahnstrecken sei enorm aufwendig, deshalb setze er sich für die „Antriebswende“ ein, so Hermann. Denn die Straßen sind da, „die LKWs fahren sowieso wie ein Zug hintereinander her“, hier machten Oberleitungen auf Autobahnen Sinn, damit sie hier wenigstens elektrisch fahren können. Und das mit einer Effizienz von 95 bis 98 Prozent. Die Brennstoffzelle bringe bei LKWs nur etwa 15 Prozent, die Biokraftstoffe noch weniger.

Mit großen Transportunternehmen habe man abgemacht, dass sie auf klimafreundliche Antriebe umsteigen, zudem komme jetzt die neue LKW-Maut, mit der alternative Antriebe günstiger werden.

Regiobus statt Bahnreaktivierung

Von den zahlreichen Zuhörern kamen viele Nachfragen zur Gäubahn, die Forderung, sie endlich ganz zweigleisig auszubauen, aber auch Kritik an den Plänen des Ausbaus der B 523 in Villingen samt einigen alternativen Vorschlägen. Eine Bürgerin berichtete, sie müsse regelmäßig mit einem Rollstuhlfahrer von Villingen nach Stuttgart. Das dauere normalerweise drei Stunden, jetzt aber sechs. Karl-Josef Sprenger, Bürgermeister von Schömberg, sprach sich für die Reaktivierung der Bahnlinie Rottweil - Balingen aus. „Es war eine Jahrhundertfinte, diese Strecke abzubauen.“ „Sie brauche bei mir da keine Türen einzurennen, die sind offen“, betonte der Minister. Dennoch werde es wohl auf einen Regiobus hinauslaufen, der schnell zu realisieren sei.

Diskussionen oft nicht zielführend

Martina Braun, Landtagsabgeordnete aus Villingen-Schwenningen, stellte klar, dass die Diskussionen mit den anderen Parteien oft zäh und nicht zielführend seien, „da haben wir dicke Bretter zu bohren.“ Es sei nicht leicht, die anderen von den Themen zu überzeugen, die die Grünen in ihrer DNA hätten. Sonja Rajsp-Lauer von den Kreisgrünen dankte den beiden Politikern für ihr Kommen, obwohl klar war, dass sie hier viel Gegenwind bekommen würden. Durch den Abend führte Thomas Busch, der den Gästen ein Kochbuch mit Rezepten von Flüchtlingen und Einheimischen, zusammengestellt in Lauterbach von Sonja Rajsp-Lauer, mit auf die elektrische Heimreise gab.