Vor dem Hechinger Landgericht wird der Wessinger Messerstecherprozess verhandelt. Foto: Archiv Foto: Schwarzwälder Bote

Prozess: Mutmaßlicher Wessinger Messerstecher bereicherte sich um fast 6000 Euro / Raten für geleasten Jaguar nicht gezahlt

Bisingen-Wessingen/Hechingen. Am dritten Prozesstag im Fall des mutmaßlichen Wessinger Messerstechers ging es um ein 2017 verübtes Betrugsdelikt und ausgebliebene Ratenzahlungen bei Banken. Dazu wurden am Montag mehrere Zeugen gehört.

Der Angeklagte soll vor zwei Jahren seine damalige Freundin um knapp 6000 Euro betrogen haben, indem er mehrmals von ihrem Konto Geldbeträge am Bankautomat abgehoben hat. Ein Standbild der Videoüberwachung von der letzten Abhebung Ende Dezember 2017 lieferte den Beweis. Daraufhin hatte die Frau, die sich zwischenzeitlich vom Angeklagten getrennt hat, Strafanzeige gestellt.

Eine Polizeihauptmeisterin berichtete im Zeugenstand, dass die damals 24-jährige Frau Möbel kaufen wollte, ihr Konto aber nicht ausreichend gedeckt gewesen sei und sie einen gefälschten Kontoauszug zugestellt bekommen habe. "Richtig gut gemacht, der einzige Unterschied war ein Scancode", urteilte die Polizistin.

Laut ihrer Einschätzung habe der Angeklagte weit über seine finanziellen Verhältnisse gelebt. Im März 2017 habe er einen Jaguar bei einem Autohaus in Singen geleast. Sie sprach von einer "abgezockten Geschichte": Der mittlerweile 27-Jährige auf der Anklagebank sei völlig unberührt von der ganzen Angelegenheit gewesen. "Ich sagte ihm, eine Märchenstunde brauchen wir nicht", erzählte sie. Als der Jaguar sichergestellt worden sei, habe er gelacht und hinzugefügt, dass doch niemand gestorben sei.

Als nächstes trat die geprellte Ex-Freundin in den Zeugenstand. Sie habe irgendwann die vielen Mahnungen gefunden und von den Lügen erfahren. "Er war dann von heute auf Morgen weg", erzählte die Frau. Weil ihr Ex einmal die Miete der gemeinsamen Wohnung in Hechingen nicht zahlen konnte, habe er eigenmächtig ihre EC-Karte genommen und mit der Pin-Nummer, die ihm bekannt gewesen sei, einfach Geld abgehoben. Auch ein Bauplatz sei auf ihren Namen reserviert worden, man habe eine gemeinsame Zukunft geplant. Sie sei stinksauer gewesen, zu einer Aussprache mit ihm sei es aber nicht gekommen. "Er hat für alles eine gute Ausrede gehabt", sagte sie. Interessant: Weil man ihm erst durch die DNA-Spuren auf einem Schal auf die Schliche gekommen sei, habe sie zunächst ausgesagt, dass er kein solches Kleidungsstück trage, aber dann ihre Aussage revidiert. "Dicke Schals im Winter", erläuterte die 26-Jährige. Am 22. März dieses Jahres wurde ein Vergleich geschlossen. 5000 Euro muss er bis Ende 2020 ihr zurückzahlen. Falls dies geschehen sollte, werden ihm 1000 Euro erlassen.

Für den gekauften Jaguar nahm der 27-Jährige bei einer Balinger Bank einen Kredit auf und leaste das Auto über die Bank, mit der das Autohaus zusammenarbeitet. Der zuständige Kundenbetreuer der Balinger Bank konnte versichern, dass im März 2017 die "Einkommensverhältnisse so weit gut" gewesen seien und das Kreditinstitut angenommen habe, dass sich der Kunde in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis befinde. Die letzten drei Lohnabrechnungen (bei der letzten hatte er vermutlich das Austrittsdatum abgeklebt) lagen vor, einen Arbeitsvertrag habe man damals nicht verlangt. Die Abrechnungen stammten vom November und Dezember 2016 sowie Januar 2017, danach war der Angeklagte, der als Zeitarbeiter angestellt war, mehrere Monate arbeitslos und hielt sich als Mathe-Nachhilfelehrer auf Honorarbasis über Wasser. Weil er die Raten von monatlich knapp 690 Euro nicht bezahlte, hatte die Bank die Kundenbeziehung Mitte Juli 2017 beendet und fordert nun 46 000 Euro.

Jaguar wird beschlagnahmt

Auf einem geringeren Betrag, nämlich knapp 16 000 Euro, blieb die Leasing-Bank aus Heilbronn sitzen. Hintergrund: Nachdem der Jaguar beschlagnahmt wurde, konnte dieser weiterverkauft werden. Der Leiter der Kreditabteilung legte eine Stellungnahme seiner Inkasso-Abteilung vor, aus der hervorging, dass der Angeklagte, nachdem er zwei Monatsraten in Höhe von 600 Euro gezahlt hatte, drei Monate säumig blieb und deshalb mehrfach angemahnt wurde.

Ein Diplom-Sozialpädagoge des Tübinger Jugendamts berichtete, dass der Angeklagte zwei Gesprächstermine mit ihm ausgeschlagen habe. Es seien keine schädlichen Neigungen erkennbar, das Ende der Beziehung mit der Freundin sei für den Angeklagten jedoch eine massive Kränkung gewesen. Weil er, der bei der Tat 18 Jahre alt war, damals wohl vermindert eigenständig war, spreche dies für die Anwendung des Jugendstrafrechts, riet der Gutachter.

Der Prozess wird am Donnerstag, 9. Mai, um 9 Uhr fortgesetzt.