Die Tübinger Künstlergruppe Holzmarkt war am Samstag im Weißen Häusle in Hechingen zu Gast. Foto: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Ausstellung: Künstlergruppe zeigt Anthologie "Verschwinden" / Nachdenklich und aufrüttelnd

Hechingen. Man muss sich beeilen, wenn man etwas sehen will, alles verschwindet: Was der Maler Paul Cézanne zum Ausdruck brachte, hat die Tübinger Künstlergruppe Holzmarkt in ihrer Anthologie "Verschwinden" kreativ verarbeitet.

Es war die erste Veranstaltung nach dem Tod von Eberhard Wünnenberg, der den Kunstverein Hechingen seit 2016 leitete und der Ende November verstorben ist. Sein Wirken wird stets eng mit dem Kunstleben in Hechingen verbunden, sein Engagement für den Verein unvergessen bleiben. In Eberhard Wünnenberg haben die Mitglieder nicht nur ihren Vorsitzenden, sondern auch einen geschätzten Kollegen und Freund verloren. In Gedanken waren sie bei ihm, als Monika Bühr am Samstag stellvertretend die Begrüßung der Gäste sowie der Tübinger Künstlerkollegen übernahm, die den Abend im Weißen Häusle auf vielfältige Weise gestalteten.

Ihre Anthologie ist eine nachdenkliche, ebenso einfühlsame wie aufrüttelnde Auseinandersetzung mit dem Thema "Verschwinden." Diesem angenommen haben sie sich sowohl literarisch als auch fotografisch und nicht zuletzt durch das Medium der Malerei.

Zugemalt, übermalt, zum Vergessen gebracht

Die Bilder von Jürgen Klugmann, der die Anwesenden in das Thema einführte, zeigen Pflanzenschatten und Porträts, die der Künstler durch viele Lasurschichten zugemalt, übermalt, "zum Vergessen gebracht hat." Nur noch ansatzweise dringen sie als feine Linien an die Oberfläche, wirken wie Relikte aus längst vergangenen Tagen.

Es scheint als hätte die Zeit ihre Spuren hinterlassen, sie immer weiter mit dem Schleier der Vergangenheit bedeckt, bis sie irgendwann einmal vollständig verblassen.

Wie fragil, wie vergänglich Eindrücke im wahrsten Sinne des Wortes sind, führte Michael Kapellen vor Augen. Es sei auf einer Wanderung gewesen, auf der ihm bewusst geworden sei, dass sein Körper Abdrücke hinterlasse. Fortan habe er seine Schlafplätze auch wegen ihrer eindruckbaren Bodenoberfläche ausgewählt, erläuterte er.

Die unterschiedlichen "Eindrücke" hat er Michael Kapellen fotografisch festgehalten, auch wenn das menschliche Auge "oft so viel mehr, so viel klarer und heller sehe", als es die Fotografien vermitteln könnten. Das "schwerkraftgestützte Stempelspiel mit dem Körper" – es ist die Auswirkung der "nächtlichen Arbeit des Schlafs"; eine Art "Memento-Moment", der nach dem Aufbruch bald wieder verschwunden sein wird.

Gedichte, die das Thema des Abends aus einer anderen Richtung zu fassen versuchten, trug Dariusz Fronczek vor, der das Verschwinden, so schien es, feierlich zelebrierte, in dem er einzelne Wörter als "Echo" in die Ferne schickte.

Von einem "Makel", der dem akribisch Beobachtenden vorgaukelt, was er eigentlich nicht ist – nämlich ein Loch in der Wand – davon handelt die Kurzgeschichte von Matthias Kaiser. Obwohl der Makel nur ein oberflächlicher Punkt ist, lässt sich so vieles auf ihn projizieren. Die Erinnerung an Afghanistan, an Bomben, an den Vorgesetzten.

Ob sie verschwinden, wenn der Makel getilgt ist? So wie das in viele kleine Bildausschnitte zerlegte Foto des "New York City Boys" von Oliver Koll oder das Eis des Hagelschauers im Gedicht von Michael Habeck? Die "Irrwege der Evolution" sind bisweilen kurios. Ob "Säbelzahnwühlmaus" oder Mensch – für beide wird es jedoch eine Nische geben.

Noch ist das Glas, wie Brita Hempel wissen ließ, "halb voll" – auch wenn man sich, wie Ida im Prosatext von Jörg Hirsch, irgendwo dazwischen befindet. Immer "unterwegs", irgendwo zwischen Gasse und Landstraße.