Ein 24-Jähriger muss sich vor dem Langericht Hechingen verantworten, weil er seinen Sohn so geschüttelt haben soll, dass dieser lebenslange Folgeschäden davon trug. Foto: Archiv

Prozessauftakt: 24-Jährigem wird vorgeworfen, seinen vier Monate alten Sohn geschüttelt zu haben.

Hechingen/Bisingen - Ein 24-Jähriger muss sich vor dem Landgericht Hechingen verantworten, weil er seinen vier Monate alten Sohn so heftig geschüttelt haben soll, dass dieser bleibende Schäden hat. Doch auch die Mutter könnte die Tat begangen haben.

Ein Schütteltrauma hatte der vier Monate alte Sohn des Angeklagten, als er im November vergangenen Jahres in der Intensivstation der Tübinger Kinderklinik eingeliefert wurde. Die Ärzte konnten sein Leben gerade noch retten, so gravierend waren die Gehirnverletzungen. "Das Kind wird wahrscheinlich sein Leben lang blind sein sowie unter den neurologischen Folgestörungen und Epilepsie leiden", erklärte Oberstaatsanwalt Karl-Heinz Beiter gestern. Das heute über ein Jahr alte Kind wird in Mariaberg betreut.

Am ersten Verhandlungstag des Prozesses vor der Großen Strafkammer des Landgerichts Hechingen wurde versucht die Umstände zu klären, die sich im November vergangenen Jahres in der Wohnung der Eltern in Bisingen ereignet hatten. Die 21-jährige Mutter des Säuglings hatte dem Angeklagten am Morgen eröffnet, dass sie eine "Auszeit" brauche und ihre Sachen gepackt. Schon mehrere Male hatte sie außerhalb der Partnerschaft mit dem Angeklagten Beziehungen mit anderen Männern. Bei einem von ihnen war sie sogar für mehrere Wochen mit ihrem Sohn. Der Angeklagte bestand an besagtem Tag im November allerdings darauf, dass die Mutter das Kind bei ihm lasse. "Er hat die ganze Zeit geschlafen, kaum gegessen und mehr als sonst gequengelt", erzählte der Angeklagte. Seine Mutter bestätigte im Zeugenstand, dass er sie mehrere Male an diesem Tag angerufen und nach Rat gefragt habe. Als er ihr erzählt habe, dass der Säugling "wie ein nasser Sack" zusammen gefallen sei, riet sie ihm den Notarzt zu rufen. Der Angeklagte sagte, dass er die Verantwortung für das, was seinem Sohn widerfahren sei übernehme, sich aber nicht erinnern könne ihn Sohn geschüttelt zu haben. "Alle sagen, dass ich es war, dann muss ich es wohl gewesen sein", erklärte er auf Nachfrage des Staatsanwalts.

Probleme hatte der 24-Jährige immer wieder, seine Gefühle zu beschreiben, die ihn am Tag der Tat bewegten. Erst auf Nachfrage des psychiatrischen Gutachters Peter Winkler, gab er zu, dass seine Lebensgefährtin die "Liebe seines Lebens war", für die er immer noch Gefühle habe und von der er sich an jenem Tag im Stich gelassen gefühlt hatte. Die Frage, ob er Schuldgefühle habe, verneinte er. "Ich habe mir Vorwürfe gemacht, meinen Sohn nicht genügend geschützt zu haben", erklärte er, allerdings präzisierte er nicht, vor wem er seinen Sohn schützen wollte.

"Ich weiß, dass er so etwas nicht macht, er liebt sein Kind über alles", verteidigte die 21-jährige Mutter den angeklagten Kindsvater. Niemals habe er sein Kind geschüttelt. "Alle Experten hier gehen davon aus, dass das Kind geschüttelt wurde", klärte sie Staatsanwalt Beiter auf und wollte wissen, warum sie an diesem Tag "überstürzt" aufgebrochen sei. "Rein theoretisch könnten Sie es auch gewesen sein", sagte er. "Niemand hat das Kind geschüttelt", stellte die Mutter den Vorwurf der Anklage in Frage. Die 21-Jährige erklärte, sie habe damals nicht gewusst, was sie "beziehungstechnisch" wollte und Kontakt mit anderen Männern gehabt. Der Angeklagte habe das hingenommen, "vielleicht, weil er mich nicht verlieren wollte. Ich wusste, was ich ihm bedeute", erzählte sie. Immer wieder hätte sie ihn verlassen und sei wieder zurückgekehrt. So bestätigte es auch ihr derzeitiger Partner, von dem sie schwanger ist. Irritiert war dieser, dass sie vor Gericht angegeben hatte, dass sie seit einer Woche getrennt seien. "Davon weiß ich nichts", sagte er. Ebenso wenig wusste er, dass sie mit dem Vater ihres ersten Kindes und ihm zum Tatzeitpunkt gleichzeitig eine Beziehung führte. "Ich habe Zweifel, ob das Kind von mir ist, wenn ich das höre", sagte er überrascht.

Der Prozess wird am Dienstag, 2. Dezember, 14 Uhr fortgesetzt.