Die Glocken am Alten Schloss (oben) waren unter anderem Thema der Führung. Fotos: Maute Foto: Schwarzwälder Bote

Heimatgeschichte: Führung zu den Hechinger Glocken

"Friede", so heißt es in Schillers "Lied von der Glocke", soll "ihr erst Geläute" sein. Es gibt jedoch noch viele weitere Anlässe, zu denen es ertönt. Die Geschichte der Hechinger Glocken beleuchtete am Sonntag Ruthild Mangler.

H echingen. Es ist ein vertrauter Klang. Ob am Tag oder in der Nacht – stets schlagen sie treu die Stunde. Ihr Läuten geht sowohl mit freudigen als auch traurigen Ereignissen einher, oft Jahrzehnte und Jahrhunderte lang. Sie rufen zum Gebet, kündeten in früheren Zeiten von Gewitter und Feuer und sind mit Taufe und Hochzeit ebenso verbunden wie mit dem Tod. Kurzum: "Glocken begleiten die Menschen", brachte es Ruthild Mangler bei der Stadtführung auf den Punkt.

Der Glockenguss selbst, der in Schillers Gedicht ebenfalls thematisiert wird, vollzieht sich nach einem traditionellen Verfahren. Wie Mangler erklärte, besteht die Masse zu 78 Prozent aus Kupfer und zu 22 Prozent aus Zinn. Trotz der hohen Haltbarkeit gebe es jedoch nicht mehr viele alte Glocken, denn in Kriegszeiten seien diese oftmals eingeschmolzen worden, um aus der Bronze Kanonen gießen zu können.

Umso schöner ist es, dass in der Zollernstadt heute noch eine sehr alte Glocke unermüdlich ihren Dienst versieht. Es handelt sich dabei um die Zwölfuhrglocke in der Stiftskirche. Sie wurde im Jahre 1475 gegossen, ist "eines der ältesten mit Datum versehenen geschichtlichen Zeugnisse in Hechingen" und den vier Aposteln geweiht, was die Inschrift "lucas + marcus + matheus + iohannes + anno + domini + mcclxxv" verdeutlicht. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie abtransportiert. Das Schicksal, eingeschmolzen zu werden, blieb ihr jedoch erspart. Zur großen Freude der Hechinger kehrte sie 1948 vom Glockenfriedhof in Lünen/Westfalen wieder an ihren Bestimmungsort zurück.

"Den Menschen ein Wohlgefallen"

Dass die Glocke seit mehr als 500 Jahren über der Stadt läute, erfülle sie mit "Ehrfurcht", betonte Ruthild Mangler, die auch auf die sechs weiteren Glocken in der Stiftskirche einging, darunter drei von 1950 – eine davon ist dem Andenken der Fürstin Eugenie gewidmet – und zwei, die erst 2018 feierlich geweiht wurden. Letztere hängen bereits, sind aber noch nicht leutfähig. Eigens für die Führungsteilnehmer ließ die Stadtführerin jedoch die anderen Glocken nacheinander ihre "Stimme" erheben.

Am Geläut durfte sich die Gruppe auch in der evangelischen Johanneskirche erfreuen. Ihre vier Glocken stammen aus den Jahren 1904 bis 2015 und tragen Inschriften wie "Den Menschen ein Wohlgefallen" und "Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal und beharrlich im Gebet." Die älteste und kleinste von 1904 habe alle Kriege überlebt, so Mangler.

Im Zweiten Weltkrieg weg-, später aber wieder nach Hechingen zurückgekommen, ist eine der beiden Glocken der Spittelkirche. Sie stammt aus dem Jahre 1754 und trägt eine lateinische Inschrift. Dem heiligen Vinzenz geweiht ist die Glocke in St. Elisabeth von 1950, die heute noch zum Gottesdienst ruft. Im Innenhof des Klosters St. Luzen hängt ein ehemaliges Totenglöcklein von 1812, das sich einst in der Stiftskirche befand und lange Zeit den Abschied des irdischen Lebens einläutete.

Was vielen weniger bewusst ist: Glocken findet man nicht nur in kirchlichen, sondern auch in säkularen Gebäuden – so etwa am Alten Schloss und im Unteren Turm. Letzterer beherbergt ein Exemplar, das 1579 von Graf Eitelfriedrich in Auftrag gegeben wurde, heute jedoch verstummt ist. Dass die Glocke auch während des Zweiten Weltkriegs im Turm blieb, sei der engen räumlichen Situation geschuldet.

Anders war das bei vielen weiteren Hechinger Glocken. Insgesamt 19 von ihnen wurden laut Verzeichnis als Kriegsmaterial an die Wehrmacht abgegeben. Umso schöner ist es, dass in der Zollernstadt heute wieder ein reiches Geläute zu hören ist.