Strahlend: Joo Kraus hat mit seinem Quintett in der Alten Synagoge Miles Davis seinen Tribut gezollt und damit einen Glanzpunkt gesetzt Fotos: Stopper Foto: Schwarzwälder Bote

Konzert: Quintett um Joo Kraus lässt in Synagoge Miles Davis wiedererstehen / Prolog von Jürgen Lehmann

Jazz ist, wenn alle durcheinander spielen. Und guter Jazz ist, wenn es dann so exzellent leicht und scheinbar spielerisch klingt wie am Mittwochabend das Quintett um Joo Kraus in der Alten Synagoge.

Hechingen. Joo Kraus ist ein großer deutscher Jazz-Trompeter. Viele Preise zeigen das, erfolgreiche CD’s, gemeinsame Projekte mit den Stars der Szene. Sein Konzert vor einigen Jahren in Hechingen ist noch gut im Ohr. Stücke von Michael Jackson interpretierte er dort auf buchstäblich unerhörte Weise. Manches an diesen Kompositionen erschloss sich dort völlig neu.

Diesmal widmete Joo Kraus den Abend Miles Davis, dem charismatischen Trompeter, der eigentlich weniger Virtuose war als begnadeter Interpret, Neuerfinder und Gestalter von Musik. Wie interpretiert man einen großen Interpreten?

Erstens: Immer eine gute Idee: Man stellt eine tolle Band zusammen. Thomas Stabenow am Bass, Peter Lehel am Saxofon, Martin Schrack am Piano und Michael Kersting am Schlagzeug sind das zweifellos. Wie sie da locker auf der Bühne standen oder saßen, ältere, wippende Männer, alle seit Jahrzehnten in unterschiedlichen Zusammensetzungen auf Jazzbühnen zuhause, die scheinbar einfach alles spielen konnten, was ihnen in den Soli gerade so einfiel, mit entspanntem Gesicht sich in ihren Improvisationen verloren und am Ende immer wieder zum Ausgangspunkt fanden – das klang und wirkte mitreißend.

Wie man damit Miles Davis nahekommt? Joo Kraus hat sich bei diesem Projekt entschieden, den Schwerpunkt der Stückeauswahl auf die 50er und 60er Jahre zu legen, den Beginn der langen Karriere dieses Ausnahmemusikers. Die Zeit der Clubs, der klassischen Ensembles. Bläser, Schlagzeug, Piano, Holzbass. Keine Elektronik.

Kenner von Miles Davis konnten im Programm seine Klassiker heraushören. "Seven Steps to Heaven" etwa, das vor der Pause gespielt wurde. Im zarten Sound, den viele mit Davis verbinden, dem Meister de Melancholie. "Niemals sei das "Phänomen der Einsamkeit in so eindringlicher Weise examiniert" worden, ist über Davis zu lesen. In diesen Stücken wurde das deutlich. Aber auch schnelle Sachen wurden eingeführt. "The Duke" von Dave Brubeck gleich zu Beginn des Konzerts beispielsweise. Hätte man auch modernere Sachen spielen sollen? Für Miles-Davis-Kenner war es jedenfalls ein Abend des Wiedererkennens, für alle andere einfach ein tolles Konzert.

Einer von denen unter den Zuhörern, die sich eher auskennen, ist der Hechinger Arzt Jürgen Lehmann. Für das Kulturprogramm in der Synagoge "habe ich das Amt des Jazz-Beauftragten übernommen", erzählte er. Der Abend mit Joo Kraus war dabei ein voller Erfolg. Alle Karten waren zu Konzertbeginn vergriffen. So kann das weitergehen.

Und Jürgen Lehman zeigte mit einer Improvisation auf dem Flügel vor dem Auftritt des Kraus-Ensembles, dass Musik für ihn weit mehr ist als ein nebensächliches Hobby. Einen gekonnten Auftritt in einem solchen Rahmen – das muss man erst mal bringen.

In einem Prolog zum Konzertbeginn gab er in einer Bilderschau mit Text (gelesen von seiner Frau Rita Ziebach) einen fragmentarischen Einblick in das Leben und Denken von Miles Davis. Joo Kraus quittierte das mit einem zufriedenen Lächeln. Ein Tribut an Miles Davis sollte dieser Abend sein. Das war mit diesem Abend in vollem Umfang gelungen.