Mehrfach soll der Mann gewalttätig gegenüber seiner Frau geworden sein. (Symbolfoto) Foto: dpa

49-Jähriger aus Burladingen muss sich in bewegendem Prozess für zwei Taten verantworten.

Hechingen/Burladingen - Ein Mann geht nachts im Dunkeln ins Schlafzimmer und haut mehrfach mit einem Vorschlaghammer auf seine Frau im Bett. Der Fall, der sich in einem Burladinger Stadtteil zugetragen hat, wurde am Freitag vor dem Landgericht Hechingen verhandelt.

Eine Szene wie im Horrorfilm: Der Mann schlägt mit dem kiloschweren Werkzeug zu, die Frau schreit. Sie habe Todesangst gehabt, wie sie vor Gericht schilderte. Die vier kleinen Kinder schliefen nebenan. Die Staatsanwaltschaft forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren und vier Monaten.

Was war passiert? Angeklagt war ein 49-Jähriger wegen zweifacher gefährlicher Körperverletzung. Die heute 45-Jährige Frau schilderte: Nach der Geburt des jüngsten Kindes im Jahre 2002 habe sich ihr damaliger Mann immer mehr von der Familie zurückgezogen. Sei beispielsweise zum Brötchenholen gegangen – und den ganzen Tag nicht wiedergekommen. War dann in der Sauna oder beim Schwimmen. Er sei für sie nicht erreichbar gewesen, habe sich stundenlang in Dating-Plattformen im Internet aufgehalten und Bekanntschaften mit Frauen geschlossen. Es habe oft Streit gegeben, die Stimmung sei aggressiv gewesen, wenn er zuhause war. Sie fühlte sich allein gelassen mit vier Kindern, hatte Zukunftsängste. Die Familie hatte sich wegen eines Hauses verschuldet, sie selbst konnte wegen der Kinder nicht arbeiten.

Mann drohte, seine Frau umzubringen

In einer Februarnacht 2014 eskalierte die Situation. Sie habe Besuch von ihrer Familie gehabt, erzählt sie. Als ihr Mann abends heim kam, stand noch das Geschirr vom Familientreffen herum. Er sei verärgert gewesen über den Besuch. "Wenn du wieder so drauf bist, kannst du unten schlafen", sagte sie zu ihm.

Sie habe sich im oberen Geschoss ins Bett gelegt, aber nicht schlafen können. Dann habe sie gehört, wie er die Holztreppe zum Schlafzimmer hochkam. Sie habe nur den Lichtkegel der Taschenlampe sehen können und dann einen Schlag gegen die Hand erhalten. Er habe mit irrem Blick geschrien, dass er sie umbringen wolle, schilderte die Frau weinend. Immer wieder habe er zugeschlagen.

Nach einem Gerangel um den Vorschlaghammer sei sie ins Bad geflüchtet, habe sich eingeschlossen und um Hilfe gerufen. Die Frau erlitt schwere Hämatome auf der rechten Körperseite und einen Kapselriss an einem Finger. Den Kindern und Verwandten habe sie erzählt, sie sei die Treppe runtergefallen. Um die Familie zu schützen, habe sie ihren Mann nicht angezeigt. Er habe sich bei ihr entschuldigt und geweint, sei dann eine Weile in der geschlossenen Psychiatrie gewesen.

Blutend zu den Nachbarn geflüchtet

Das Paar trennte sich. Drei Monate später sei der Mann wieder im Haus gewesen, um eine Unterschrift von seiner Frau zu holen. Da habe er sie plötzlich heftig mit seinem Schlüsselbund auf den Rücken geschlagen, dann ins Gesicht, auf den Kopf und in den Nacken. Drei Kinder seien ebenfalls im Haus gewesen, blutend und mit zerrissenem T-Shirt habe sie sich mit den Kindern zu den Nachbarn geflüchtet, die Polizei und Rettungsdienst riefen. Die Wunde am Rücken wurde geklebt, ihr Kopf sei vor lauter Beulen "ganz dellig" gewesen, schilderte sie vor Gericht. Fotos von ihren Verletzungen bestätigten ihre Aussagen. Als Folge leide sie noch heute unter schweren Panikattacken, schlafe aus Angst bei Licht, sei in psychologischer Behandlung.

Die Schilderungen des Angeklagten zu den Taten hörten sich anders an. Bis wenige Monate vor der Hammer-Attacke sei alles gut gewesen. Plötzlich habe seine Frau sich von ihm zurückgezogen und mit anderen Männern per Handy Kontakt gehabt. Er mutmaßte, dass sie sich verliebt habe, für ihn sei eine Welt zusammengebrochen. Er habe nur noch funktioniert, konnte nicht mehr schlafen, nicht mehr denken, hatte Ausfälle bei seiner Arbeit.

In besagter Nacht habe sie seine Bettdecke vom Obergeschoss zu ihm nach unten geworfen und ihn aufgefordert, unten zu schlafen. Da sei ihm eine Sicherung durchgebrannt. Er habe Angst gehabt seine Familie, sein Leben zu verlieren. Er habe nach einem Werkzeug gesucht, um ihr "eine Abreibung zu verpassen", habe sie aber nie töten wollen. Auch bei der Tat Nummer zwei sei ihm eine Sicherung durchgebrannt. Er habe einen Knutschfleck auf dem Hals seiner Frau entdeckt und zugeschlagen.

Richter und Schöffen folgten dem Antrag der Staatsanwaltschaft nicht und verhängten eine Strafe von zwei Jahren auf Bewährung. Begründung: Der Mann, dem ein Gutachter zur Tatzeit eine reaktive Depression bescheinigte, sei in einer emotionalen Ausnahmesituation gewesen. Zwischen den Taten seien beinahe drei Jahre ins Land gegangen, in denen sich der Angeklagte nichts zu schulden habe kommen lassen. Er zahle regelmäßig für seine Kinder, habe bereits ein Schmerzensgeld von 5000 Euro gezahlt, halte sich von seiner Familie – wie angeordnet – fern und habe eine Job. Außer in der akuten Phase sei die 19-jährige Ehe gewaltfrei gewesen. Vorstrafen habe es nicht gegeben. Der Richter rügte aber: "Es wiegt schwer, was Sie getan haben. Ihre Kinder schliefen nebenan. Bei der zweiten Tat waren die Kinder sogar dabei. Sie haben keinen Kontakt mehr zu den Kindern, wir gehen davon aus, dass Sie das belastet."