Gotthard Kindler (rechts) kehrte mit seiner Frau Rosemarie 2014 in seine alte Heimat zurück, wo er 1954 beim Bau der Kinzigtal-Brücke half. Archivfotos: Kindler Foto: Schwarzwälder Bote

Erinnerungen: Gotthard Kindler war dabei, als 1954 die Kinzig-Brücke bei Hausach gebaut wurde

Gotthard Kindler war 17, als er für den Bau der Kinzig-Brücke zwischen Hausach und Wolfach 1954 Steine anlieferte und Holz zusammentrug. Dann ging sein Weg nach Dortmund – Dank einer Anzeige im Schwabo.

Hausach. Die Kinzig-Brücke, über die heute die Autos auf der B 462 zwischen Hausach und Wolfach hin und her fahren, wurde damals keinesfalls vorbehaltlos freudig von den Kinzigtälern erwartet. "Damals war es das größte Bauprojekt im mittleren Kinzigtal. Viele sagten aber ›so ne Brück, brauchen wir nicht‹", erinnert sich Kindler heute. Die geplanten Brückenfeiler aus weißem Granit galten als überdimensioniert und zu teuer. "Als mein Vater mir damals sagte, dass die Brücke so gebaut werden würde, war das aufgrund der Maße ein ziemlicher Wahnsinn", betont Kindler. Sein Vater war als Polier auf der Brücke zuständig.

Als Dank für Brennholz gab es eine Mark

Ein anderes Problem war die Bauart der Brücke. Es wurden keine rechteckigen Platten verbaut, weil das Bauwerk sich um den Berg herum wand. Durch den kurvigen Verlauf der Strecke konnten große Fahrzeuge nur schlecht manövrieren. Die vorherige Holzbrücke war in dem Fall praktischer gewesen.

Doch die Brücke kam und der junge Kindler half einen Monat lang in Hausach mit. Rad und Fußweg wurden gemacht und das zusammengetragene Holz von Kindler wurde teilweise von Männern abgeholt, die ihren Brennholzvorrat aufstockten. "Von diesen Abholern habe ich dann mal etwas zu trinken oder eine Mark für meine Mühen bekommen", erinnert sich Kindler. Nach dem Monat nahm er eine Stelle beim Ruhrbergbau in Dortmund an und arbeitete die kommenden 32 Jahre unter Tage im Bergbau.

An seiner Seite war dann auch sehr bald seine Ehefrau Rosemarie, die er in Dortmund kennenlernte und schon 1956 heiratete. Eine Tochter kam auch auf die Welt. Das Familienglück der Kindlers war perfekt – und hing nicht im geringen Maße mit dieser Zeitung zusammen. "Ich erinnere mich noch genau an die Anzeige im Schwabo ›Ruhrbergbau sucht Arbeitskräfte‹. Aufgrund dieser Anzeige habe ich mich damals auf den Weg nach Dortmund gemacht", so Kindler. Allerdings erst, als der junge Mann sein 18. Lebensjahr erreicht hatte. Das Stellengesuch musste er damals noch aus dem Schwabo abschreiben, damit er den Aufruf zum Ruhrbergbau nicht vergaß. Man könne sagen, die Schwabo-Anzeige habe damals den Stein ins Rollen gebracht.

Er hatte im Vergleich dazu nicht lange an der Kinzig gearbeitet, trotzdem reichten die Eindrücke der Region dem gebürtige Endinger, der in Nussbach bei Triberg aufwuchs und seine Volksschulausbildung auch als Hütejunge bei Brigach bestritt, aus, um häufig wieder zu kommen. Fast jährlich machte er sich mit dem Camper oder mit dem Motorrad im Urlaub wieder auf in Richtung Süden.

Eine weitere Rückkehr ins Kinzigtal noch offen

Vor fünf Jahren fuhr die Familie Kindler zuletzt ins Kinzigtal. Wann der nächste Besuch kommt, ist noch unklar. "Ich muss auch auf meine Frau achten. Die Reisen klappen nicht mehr so gut", erklärt Kindler, heute über 80 Jahre alt. Eine weitere Anekdote aus dem Jahr 1954 möchte er nicht für sich behalten. "Ich habe im Sommer beim Bau des Rheinkraftwerks an der Schweizer Grenze geholfen. Da haben ein paar Schweizer das Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft gehört und laut aufgedreht, damit auch wir mitbekommen, wie Deutschland verliert. Als sich das Spiel zugunsten Deutschlands gedreht hat, haben die den Ton einfach komplett abgestellt, damit wir davon bloß nichts mitbekommen", schmunzelt Kindler, dessen Leben womöglich anders Verlaufen wäre, hätte er vor 65 Jahren nicht die Anzeige im Schwabo gelesen.

1954 war nicht nur das Jahr, in dem Deutschland zum ersten Mal Fußball-Weltmeister wurde. Eine Sonnenfinsternis deuteten einige Menschen als düsteres Zeichen – und suchten unter anderem Schutz in Atomschutzbunkern.