Sabine Scho (links) wies in ihrem Essay und mit Bildern aus Südafrika auf die Bedrohung der Natur hin. Foto: Lübke Foto: Schwarzwälder Bote

Lyrik-Symposium: Autoren thematisieren das Schreiben über die Natur und den Einfluss des Gedichts

Das Schreiben über die Natur hat nicht erst seit Goethes Osterspaziergang in der Lyrik eine lange Tradition. Die Veränderung des Stils und der Perspektiven in den vergangenen 20 Jahren standen beim "Leselenz" im Fokus.

Hausach. Die vier Autoren Anja Kampmann, Sabine Scho, Sebastian Unger und Nico Bleutke hatten Essays vorbereitet. Im Publikum saßen auch 15 Studenten der pädagogischen Hochschule Karlsruhe, die die se Schriftstücke bereits vorher lesen konnten. Ihre Fragen an die Autoren erweiterten die Diskussionsrunde. Bleutke moderierte zusammen mit Oliver die Veranstaltung.

Bleutke wollte gleich zu Beginn mit einem Vorurteil gegenüber der Naturlyrik aufräumen. Diese werde gern als "weltfremd" bezeichnet, sei jedoch hochaktuell, weil sie beispielsweise Themen wie Natur als Migrationsbewegung behandle.

Von aktuellen, in keinster weise "weltfremden" Bedrohungen für die Natur handelte anschließend auch das Essay von Scho. Sie fand nicht nur anschauliche Worte, sondern hatte auch Bilder von ihrer Safari in Südafrika mitgebracht, die während der Lesung im Rathaus-Sitzungssaal an die Wand geworfen worden.

Scho schlug einen wissenschaftlichen Ton an und ergänzte ihren Vortrag mit Fakten zu bedrohten Tierarten. Die Autorin kritisiert die Einmischung des Menschen in der Welt der Tiere. "Wir sind es nicht gewohnt, etwas sein zu lassen. Das ist schade", beschreibt Scho, die in der Diskussionsrunde nach ihrem Essay auch Persönlichkeitsrechte für Tiere forderte.

Die anwesenden Gäste zeigten sich philosophisch fachkundig. Ein Beitrag aus dem Publikum drehte sich um die Wehrlosigkeit des Menschen in der Natur. Ohne Waffen oder Technik stünden wir nicht mehr an der Spitze der Nahrungskette. Auch warf ein Mann ein, dass die Menschheit nicht mehr Teil der Natur sei, sondern in einer Kulturlandschaft lebe.

Werke zwingen zu genauem Hinsehen

Die Frage nach der Macht des Gedichts in der Diskussion um die Natur war ein Schwerpunkt im Essay von Kampmann, das sie im Anschluss vortrug. "Gedichte können naturwissenschaftliches Wissen über die Welt und ihre bevorstehende Zerstörung aufnehmen und vielleicht sogar sensibler machen. Sie sollten Berühren und zu genauerem Hinsehen zwingen", beschreibt die Autorin in ihrem kurzen Werk.

Diese Machtposition verstärkten die anderen anwesenden Lyriker nach Kampmanns Vortrag, indem sie diese vom Gedicht auf die Sprache selbst transformierten. "Klimakrise ist anders als Klimawandel. Auch Dichter sind nicht unschuldig an diesem entstanden negativen Sprachbild, wenn sie die Landschaft nur als Kulisse nutzen", reflektierte Scho.

Dass sich in Hausach allerdings nicht nur Unterstützer der Naturlyrik zu diesem Leselenz-Tag getroffen hatten, wurde mit dem nächten Beitrag aus dem Plenum deutlich. "Der Mensch muss zum Thema des Gedichts werden. Wir sind die Tiere. Wir müssen anfangen über uns zu schreiben", wurde unter anderm gefordert. Es herschte bei diesem Ansatz allerdings auch keine Einigkeit, ob der Mensch denn überhaupt ein Tier sei.

Unger sprach sich gegen das Animalische im Mann aus – "Ich würde nicht sagen, dass der Mensch ein Tier ist" –und wich nach seinem Essay von der reinen Betrachtung Mensch und Tier ab. "Meine These ist, dass die Natur vor den Tieren stirbt. Wir haben immer nur die Erhaltung der Arten vor Augen. Wenn wir die Natur gerettet haben, wird sie unser Produkt. Einfach nur eine Herz-Lungen-Maschine zum Überleben", prophezeit der Autor.

Bleutke bilanzierte abschließend die unterschiedlichen Positionen der anwesenden Dichter. Klapmann habe in seinen Augen ein Plädoyer für Offenheit gehalten, bei Scho sei die Erfurcht zu spüren und bei Unger sei es "alles sehr verzwickt" gewesen.

Da die Lyriker einen Einfluss in der Naturdiskussion haben, der ernstzunehmen sei, formulierte Unger zum Schluss nahezu einen verantwortungsbewussten Auftrag an seine Zunft: "Man sollte in Gedichten nicht nur cool sein."

Neben den Essays kam auch die Dichtung beim Lyrik-Symposium nicht zu kurz. Klappmann trug ihr Gedicht "Versuch über das Meer" vor. Unger beschrieb die "Eingriffe der freihändigen Chirogie". Scho blieb in ihrem Gedicht beim aktuellen Geschehen. Sie erzählte in ihren Versen von einer neuen Orka-Art, die vor kurzem entdeckt wurde.