Die deutsch-türkische Schülergruppe in der Deutschen Evangelischen Kirche Istanbul mit Pfarrer Hans-Michael Uhl aus Hausach (Zweiter von links) und der Ortspfarrerin Gabriele Pace (Dritte von links) Foto: Dorn Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Kinzigtäler Schüler machen am Bosporus einen Ausflug in die gemeinsame Geschichte

Kinzigtäler Schüler haben am zweiten Tag ihres Istanbul-Aufenthalts Pfarrerin Gabriele Pace in der Deutschen Evangelischen Kirche Istanbuls besucht. Die Schüler waren Gäste des Istanbuler Erkek-Lisesi-Gymnasiums.

Mittleres Kinzigtal. Ein unfreiwilliger Umweg führte die Gruppe nach der Fahrt mit der zweitältesten U-Bahn "Tünel" der Welt, deren Strecke sich auf etwa 500 Meter beschränkt, über einen steilen Anstieg und enge Gassen zu der kleinen Kirche. Diese wurde schon 1843 erbaut und ist damit noch vor den beiden deutschen Schulen "Alman Lisesi" und "Erkek Lisesi" die älteste deutsche Institution auf Istanbuler Boden.

Der Blick der Pfarrerin auf die 175jährige Geschichte der Kirche konfrontierte die türkischen Gastgeber und ihre deutschen Gäste mit ihrer gemeinsamen Geschichte.

Aus wirtschaftlichen Gründen nach Istanbul

Zahlreiche deutsche Handwerker hatten sich als "Wirtschaftsflüchtlinge" Mitte des 19. Jahrhunderts zu Fuß über Wien, Budapest und Bukarest auf den Weg nach Istanbul gemacht. So entstand eine kleine deutsche Kolonie von Einwanderern in Istanbul und bald auch der Ruf nach einer Begegnungsstätte, einer Schule und einer Kirche.

Die Hauptstadt des Osmanischen Reichs gab sich tolerant und weltoffen und gestattete 1843 den Bau eines evangelischen Schul- und Gemeindehauses mit Kirche. Zwei verlorene Weltkriege, den ersten verloren Osmanisches und Deutsches Reich gemeinsam, führten jeweils für einige Jahre zur Schließung der Kirche.

Heute betreut Pfarrerin Pace, die einzige Frau unter den Geistlichen Istanbuls, von der Stadt am Bosporus aus die evangelischen Deutschen in der Türkei.

Flüchtlingsströme in verschiedene Richtungen

Mit der Erkenntnis, dass sich die Flüchtlingsströme innerhalb Europas über die Jahrhunderte mal in diese, mal jene Richtung entwickelt haben und weiter entwickeln, gingen die Schüler ins Wochenende mit ihren Gastfamilien.

In Istanbul, wie in mehr als hundert Städten in der Welt, gibt es eine katholische und eine evangelische Kirchengemeinde. Diese begleiten und betreuen Deutsche, die im jeweiligen Land in deutschen Institutionen beziehungsweise Firmen arbeiten oder in den jeweiligen Ländern mit Einheimischen verheiratet sind. Das Angebot umfasst neben Gottesdiensten und kulturellen Angeboten auch Seelsorge und soziale Arbeit. Es gibt in diesen Gemeinden eine hohe Fluktuation, so fand am Sonntag, 25. Mai, der jährliche ökumenische Verabschiedungsgottesdienst für die Gemeindemitglieder statt, die Istanbul verlassen. Im September werden die neu Angekommenen begrüßt.