José F. A. Oliver übergibt Heike Bauer vom Finanzvorstand der Neumayer-Stifung sein Geschenk an alle Unterstützer des Leselenzes: EIn Blatt weißes Papier. Foto: Reinhard

Kurator José F. A. Oliver dankt bei Stehempfang allen Spendern, Freunden und Unterstützern des Leselenzes

Um all denen zu danken, die den Leselenz bei seiner 20-jährigen Geschichte unterstützten, hat Kurator José F. A. Oliver sie am Donnerstagabend zu einem Stehempfang eingeladen. Sein Geschenk an die Literaturfreunde: Ein Blatt weißes Papier.

Hausach. "Was zart und klein" mit 14 Besuchern im ehemaligen Café Vetterer begann, habe sich zu einem großen und bedeutenden Literaturfestival entwickelt, lobte Bürgermeister Manfred Wöhrle in seiner Rede. "Der Leselenz, manchmal auch als ›sechste Jahreszeit‹ bezeichnet, ist in eine Größe hineingewachsen, die ihn auch zu einem nicht zu vernachlässigenden Wirtschaftsfaktor in unserer Stadt macht", so der Bürgermeister. Damit bezog er sich unter anderem auf die zur Zeit des Literaturfestivals stets ausgebuchten Hotelzimmer. Das alles sei der Verdienst von José F. A. Oliver, dem "Mittelpunkt und Gestalter des Leselenzes".

Dieser erzählte, dass die Idee zu dem Dankes-Empfang recht spontan gekommen sei. "Es wäre schön, wenn man, bevor es losgeht, noch einmal zusammenkommt, miteinander etwas trinkt und redet", sei der Gedanke dahinter gewesen. Die Idee für den Leselenz hatte eine ähnliche Motivation, wie Oliver berichtete. "Als ich 1997 die Auszeichnung mit dem Adalbert-von-Chamisso-Preis von der Stadt Hausach den kleinen Ehrenteller überreicht bekam, wollte ich etwas zurückgeben." Die Frage des damaligen Bürgermeisters Gerhard Scharf, was er denn plane, beantwortete er "mit Literaturtagen". Mit Geldern der Stadt und der Unterstützung des Gasthauses Zur Blume in Hausach habe er dann zusammen mit der mittlerweile verstorbenen Gisela Scherer das erste Literaturfestival veranstaltet. "Das ging dann über mehrere Jahre und wurde immer mehr und schließlich musste sich einiges verändern." Der Leselenz wurde in einzelne Rubriken unterteilt wie "Vielstimmiges Afrika" oder "Chamisso-Preisträger zu Gast" und jede bekam einen eigenen Kurator.

Im letzten Amtsjahr des scheidenden Bürgermeisters Wöhrle sei der Leselenz mit dem Motto "Metropolen" auch ihm gewidmet. "Weil er durch die Jahre sich mit Leidenschaft für ihn eingesetzt hat", begründete Oliver. Die Bezeichnung Hausachs als "Literaturhauptstadt" habe er geprägt.

In diesem Rahmen freute er sich besonders, dass der Leselenz in diesem Jahr das erste Mal einen Literaturpreis vergeben kann. Er ist mit 5000 Euro dotiert und wird von der Thumm-Stiftung gestellt. Preisträger Finn-Ole Heinrich wird "kinderleicht und lesejung" am 7. Juli eröffnen.

"Die Freiheit des Worts, das Vermitteln von Literatur und Sprache war mir immer wichtig, gerade an Kinder", war mir immer wichtig. Das sei in der heutigen Zeit mit Blick auf die Verhältnisse in der Türkei und auch die USA von besonderer Bedeutung.

Die von Oliver angekündigte literarische Überraschung entpuppte sich dann als eine von ihm vorgetragene Kolumne, die er für seine Kollegin Asli Erdogan geschrieben hatte. Diese war für ihre nicht-politischen Kolumnen verhaftet worden. Diese wurden dann aber von Kollegen aus dem Untergrund weiter geführt. Einer von ihnen war Oliver, der eine poetische Kolumne verfasste. Diese wurde in der Türkei publiziert, später auch in der Tageszeitung Taz. In ihr thematisiert Oliver seine "Angst vor dem schwarzen Balken", vor der Zensur und die "Macht der weißen Blätter". Manchmal verteile ich weiße Blätter", las er vor "Auf diesem Blatt steht Hoffnung, steht Freiheit, steht Leben! ›Ich kann aber nichts lesen‹, erwidern manche. ›Ja‹, antworte ich. ›Du musst die Wörter selber schreiben. Mit den Augen schreiben. Dann vergisst du sie nicht!‹". "Diese weißen Blätter dürfen wir uns nicht nehmen lassen", appellierte Oliver am Ende. In diesem Sinne war sein Geschenk an alle Freunde, Unterstützer und Spender des Leselenzes ein Blatt weißes Papier.

INFO

Finanzierung

Alles in allem benötigt der Leselenz einen Etat von 150 000 Euro, der durch Sponsoren, Stiftungen und Spenden finanziert wird. So übernimmt beispielsweise die Neumayer-Stiftung 45 000 Euro. Der Förderverein treibt pro Jahr etwa 40 000 Euro Spenden ein, die Beitragssumme der Mitglieder beträgt etwa 5000 Euro. Die Stadt Hausach beteiligt sich mit einem Festbetrag von 17 500 Euro und 10 000 Euro an Sachleistungen.