Teilweise mit einer kleinen Theateraufführung präsentierten die Kinder den anderen ihre Geschichten. Foto: Reinhard Foto: Schwarzwälder Bote

Literatur: 18 Kinder kommen bei Werkstatt in der Kulturgarage ins Erzählen / Über die Freiheit nachgedacht

Sie sind zwischen sieben und 15 Jahre alt, kommen aus Deutschland, Afghanistan und Syrien und teilen untereinander ihre Geschichten: 18 Kinder nehmen derzeit an einer Erzählwerkstatt in Hausach teil.

Hausach. Der Hausacher Lyriker, Leselenz-Kurator und Schriftsteller José F. A. Oliver leitet die Werkstatt zusammen mit seiner Schwester Victoria Agüera de Stahl, die ausgebildete Erzieherin mit Montessori-Diplom ist und die Grundschulförderklasse in Gegenbach leitet. Die Veranstaltung findet in Hausach bereits zum dritten Mal und in Kooperation mit der Stiftung Kinderland Baden-Württemberg statt. Dieses Jahr steht sie unter dem Motto "Komm, erzähl mir deine Geschichte!".

Die Kinder sollen in der Kulturgarage "einfach ins Erzählen kommen", wie Oliver erklärt – ohne Druck. "Wir sind ganz vorsichtig, was Korrekturen betrifft", sagt er. "Die Kinder sollen ganz unbedarft erzählen und Spaß daran und am Zuhören haben."

Dafür müssen sich die Kinder, die sieben bis 15 Jahre alt sind und aus Deutschland, Syrien und Afghanistan kommen, sich den anderen gegenüber öffnen – eine Vertrauensfrage. Da spielen sowohl gemeinsame Mahlzeiten – in der einwöchigen Werkstatt haben sich die 18 Teilnehmer jeden Morgen zum Frühstück getroffen und gemeinsam zu Mittag gegessen – als auch Kommunikationsspiele eine Rolle. Deren Sinn führt Agüera de Stahl aus: "Sie verlieren die Hemmung voreinander, gewinnen Vertrauen und öffnen sich. Und aus dem Spielen entsteht dann das Schreiben."

So haben die Kinder beispielsweise, um sich den anderen Vorzustellen aus dem Anfangsbuchstaben ihres Namens einen Satz gebildet. "Da kamen manchmal richtige Zungenbrecher heraus", berichtet Oliver lachend.

Generell hätten die Teilnehmer damit aber wenig Probleme gehabt, das unterschiedliche Alter und der unterschiedliche Hintergrund kaum eine Rolle gespielt. "Sie waren sehr fröhlich und aufgeschlossen", so Agüera de Stahl.

Unterschiedliche Alter und Hintergründe

"Die Kinder kamen prima miteinander aus, die Älteren halfen den Jüngeren und die Jüngeren wandten sich an die Älteren. So etwas wie einen Kulturschock lernt man ja erst später", meint auch Oliver.

Aus dem Spielen entstünden das Schreiben und daraus schöne Beziehungen, auch Freundschaften, die über die Werkstatt hinausgingen.

Ein Grund dafür ist wohl, dass viele Schreibaufgaben in Zweier-Teams bewältigt wurden. "Wir haben in Partnerarbeit viele verschiedene Geschichten geschrieben. Zum Beispiel, was wir machen, wenn wir aus der Schule kommen", berichtet die achtjährige Tara. Fajid erzählt, dass sie auch über Freiheit nachgedacht hätten und jeder auf ein Blatt Papier geschrieben habe, was Freiheit für ihn selbst bedeutet. Im Nachgang sollte dann jeder beschreiben, was es heißt, nicht frei zu sein.

Die achtjährige Ylvie führte dabei unter anderem aus: "Man ist nicht frei, wenn man nicht aus dem Haus darf, nicht raus darf und wenn man nicht hingehen darf, wohin man will." Tara meinte zur Freiheit: "Man ist frei, wenn das Gehirn einen nicht mehr steuert."

Es sind Sätze wie diese, die Oliver sich dann auch als Poesie-Profi notiert und für sich mitnimmt. "Zwei Kinder waren letztens intensiv ins Gespräch vertieft und kamen nicht zum Schreiben. Sie haben dann gesagt: Wir haben das Schreiben ins Reden verlegt‹. Das ist doch eine schöne Aussage", nennt Oliver ein weiteres Beispiel.

Als Grund für ihre Teilnahme an der Erzählwerkstatt nennt Tara, dass sie die Veranstaltung im Sommerferienprogramm gesehen habe und interessant gefunden habe. "Ich finde es toll hier, weil ich so viele Leute und ihre Geschichte kennen lerne. Außerdem will ich mal Lektorin werden, da fand ich das passend." Ihre Freundin Lelian, zehn Jahre, alt fügt hinzu: "Ich habe neue Freunde gefunde und gelernt, was jeder einzelne für die Freiheit tun kann." Sie beide wollen, wenn die Erzählwerkstatt im kommenden Jahr noch einmal stattfindet, erneut teilnehmen.