Ralf Greiner, Notarzt und Rettungsdienstleiter des DRK-Kreisverbands Wolfach, sieht Aufklärungsbedarf in puncto Notruf "112". Foto: Möller

Arzt Ralf Greiner äußert Bedenken zur Umstrukturierung. Qualität der Meldung für Rettungsdienste verbessern.

Mittleres Kinzigtal - Der ärztliche Notfalldienst wird ab 1. Juli umstrukturiert. Statt 15 bis 20 ärztliche Notdienste für den Ortenaukreis sollen vier bis fünf für die Patienten da sein.

Mit dem "Schwarzwälder Bote" spricht Notarzt Ralf Greiner über seine Bedenken zu dieser Änderung – vor allem in Bezug auf die Arbeit der Rettungsdienste in Kinzigtal. "Wenn ich infolge einer Fehlalarmierung auf dem Weg zu einem Patienten mit grippalem Infekt bin und am anderen Ende des Kinzigtals jemand wegen einem Herzinfarkt einen Notarzt braucht, bin ich am falschen Ort", erklärt Ralf Greiner, Notarzt und Rettungsdienstleiter des DRK-Kreisverbands Wolfach. Im Zuge der Umstrukturierung des ärztlichen Notdiensts, erreichbar unter 01805/19292460, befürchtet der 52-jährige Mediziner eine verstärkte Fehlalarmierung der Notrufnummer "112", die nur bei Störungen der lebensnotwendigen Körperfunktionen alarmiert werden sollte.

Spaß-Notrufe oder Fehlalarmierungen in nicht "lebensbedrohlichen" Fällen würden jetzt schon oft den Notruf "missbrauchen". Telefonleitungen und Rettungskräfte würden dann ohne Not belegt, was unter Umständen sogar Leben kosten könnte. Die nun anstehende Umstrukturierung dürfe auf keinen Fall dazu führen, dass jemand aus Egoismus oder Ungeduld gegenüber möglicher Wartezeiten beim ärztlichen Notdienst den Notruf für sich in Anspruch nimmt. Denn Hausarzt, beziehungsweise ärztlicher Notdienst sind für den akuten grippalen Infekt oder ähnliche Beschwerden zuständig, der Notruf "112" für "lebensbedrohliche" Notfälle.

In diesen Ernstfällen ist nicht der Gang zum helfenden Nachbarn, sondern das sofortige Absetzen des Notrufs laut Greiner wichtig: Auch sollte die Meldung nicht lauten "der hat sich den Kopf angeschlagen", wenn wirklich jemand "bewusstlos" ist. Denn die Rettungsleitstelle hat einen Stichwortkatalog, anhand dessen sie das entsprechende Rettungsmittel entsendet.

Greiner ist es ein großes Anliegen, das Wissensdefizit in der Bevölkerung hinsichtlich des Erkennens und Benennens eines Notfalls (siehe Checkliste im Kasten 1) sowie die Qualität der folgenden Notrufalarmierung (siehe Kasten 2) und damit das Funktionieren der Rettungskette zu verbessern.

"Es wissen auch immer noch nicht alle, dass die ›112‹ europaweit die Notrufnummer für medizinische Notfälle und die Feuerwehr ist", erklärt der Notarzt. Für das DRK-Kreisverbandsgebiet Kinzigtal mit Schiltach sind 24 Stunden am Tag sieben Tage pro Woche und 365 im Jahr ein Notarztfahrzeug und vier Rettungswagen mit medizinischem Personal im Einsatz. Auch ein Rettungshubschrauber kann angefordert werden. Unter der Woche stehen für Krankentransporte drei Krankenwagen, am Wochenende nur einer zur Verfügung.

Pro Jahr verbucht der DRK-Kreisverband Wolfach zwischen 1400 und 1500 Notarzt- und etwa 4000 Rettungswageneinsätze. Die Gesamtzahl aller Rettungsdiensteinsätze im Ortenaukreis liegt bei über 86 000 pro Jahr. Der Rettungsdienst nimmt laut Greiner auch eine Schlüsselstellung im Bereich der Kosten im Gesundheitswesen ein und senkt effektiv Folgekosten, dadurch dass zeitnah am schädigenden Ereignis geholfen werden kann.

Außerdem können laut Greiner lebensrettende Sofortmaßnahmen durch den Laien gerade im ländlichen Raum helfen, bis der Rettungsdienst kommt. Greiner hält das für eine Aufgabe jedes Einzelnen fürs Gemeinwohl: "Ich würde die regelmäßige Schulung der Bevölkerung in ›Erster Hilfe‹ sogar gesetzlich vorschreiben."