Das Gestüt Marbach feiert in diesem Jahr 500. Geburtstag. Foto: dpa

In Marbach lässt sich der erste Nachweis seines Gestüts erst seit sechs Jahren in das Jahr 1514 datieren. Grund zum Feiern für das Haupt- und Landgestüt. Doch Sparzwänge trüben die Freude im Jubiläumsjahr.

Seit sechs Jahren erst lässt sich der erste Nachweis eines Gestüts in Marbach in das Jahr 1514 datieren. Grund zum Feiern für das Haupt- und Landgestüt. Doch Sparzwänge trüben die Freude im Jubiläumsjahr.

Gomadingen - Hin und wieder klimpern abends um acht kleine Steinchen an den Fenstern. Zu den alten Gemäuern des Haupt- und Landgestüts Marbach passt das ganz gut. Wild romantisch sind die Geschichten allerdings nicht, die Landoberstallmeisterin Astrid von Velsen-Zerweck dann erzählt. „Arabische Scheichs stehen dann auf einmal vor der Tür.“ In Frankfurt ließen sie sich operieren und wollten dann plötzlich die weltberühmte Vollblutaraber-Zucht in Gomadingen (Kreis Reutlingen) sehen. „Den Fahrern ist das meist peinlich, weil sie wissen, dass wir eigentlich geschlossen haben“, sagt Velsen-Zerweck.

Die Anekdoten zeigen vor allem eins: Das im Lautertal idyllisch gelegene Gestüt ist weit über das Unesco-Biosphärengebiet Schwäbische Alb hinaus bekannt - vor allem wegen der ältesten ununterbrochen Araberzucht der Welt, mit der Marbach das Erbe der Könige von Württemberg pflegt. Jährlich kommt gut eine halbe Million Besucher, darunter Fachpublikum, Schülergruppen oder Wochenendausflügler. Hengstparaden und die Marbach Classics, ein Pferdeballett mit Orchesterbegleitung, locken regelmäßig zig Tausende. Am kommenden Wochenende feiert das Gestüt sein 500-jähriges Bestehen.

Erst 2008 wurde die Grundlage dafür entdeckt: ein Dokument aus 1514 zum Bauernaufstand Armer Konrad, in dem ein Gestüt in Marbach erwähnt wird. Da dies eher nebenbei und wie selbstverständlich passiert, ist das Gestüt laut Velsen-Zerweck vermutlich noch älter. Nur: Belegen lässt sich das nicht. Doch auch so kann sich Marbach als ältestes staatliches Gestüt in Deutschland bezeichnen. Ob der Superlativ auch europaweit gilt, hängt von der Interpretation ab, wie Velsen-Zerweck erklärt. Nicht jedes Gestüt war dauerhaft in öffentlicher Hand. Dieser Zustand wiederum bedeutet zugleich eine Bredouille: Als Einrichtung des Landes trifft der Sparzwang auch das Gestüt. In den Jahren 2007 bis 2009 wurde die Unterstützung nach Angaben des Ministeriums für Ländlichen Raum auf unter vier Millionen Euro abgesenkt. Stellen fielen weg.

Bonde versichert, in Marbach keine Kürzungen vorzunehmen

In der Debatte um einen konsolidierten Haushalt war zuletzt sogar vom kompletten Aus die Rede - eine Befürchtung, die offiziell wieder vom Tisch ist. Effizienz und Effektivität der landwirtschaftlichen Anstalten im Südwesten werden aber überprüft. Das Haus von Alexander Bonde (Grüne) versichert, in Marbach keine Kürzungen vorzunehmen, „zu denen es nicht vom Finanzministerium gezwungen wird“.

Velsen-Zerweck sagt: „Natürlich wollen wir Geld nicht aus dem Fenster werfen. Wir wollen aber auch, dass es in der Tradition noch 500 Jahre weitergeht.“ Neben der Araberzucht kümmert sich das Gestüt um den Fortbestand seltener, regionaler Rassen wie dem Altwürttemberger und dem Schwarzwälder Kaltblut, das dank erfolgreicher Zucht vorm Aussterben bewahrt werden konnte. Darüber hinaus hat Marbach Trends im Blick und richtet sich seit Jahren stärker auf Sportpferde aus. Unter anderem ist Goldpferd Sam von Doppel-Olympiasieger Michael Jung auf dem knapp 1000 Hektar großen Gelände großgeworden.

Zudem verweist Velsen-Zerweck auf 180 Gebäude, in die Landmaschinen wie Traktoren häufig nicht passen, die wegen des Denkmalschutzes aber auch nicht umgebaut werden dürften. Das erfordert wieder Personal. Fast 90 Mitarbeiter und mehr als 40 Azubis sorgen auf drei Höfen und vier Vorwerken für rund 550 Pferde. Zur Arbeit des Hauptgestüts zählen Stutenhaltung und Fohlenaufzucht, Aufgabe des Landgestüts ist das Bereitstellen von Deckhengsten. Das Gestüt gewinnt das nötige Futter selbst und betreibt eine Landesreit- und Landesfahrschule. In Kooperation mit Hochschulen wird Bildung vorangetrieben. Der dritte Schwerpunkt neben Pferdezucht und -sport ist „Kultur und Tourismus“.

Früher habe das Damenprogramm von Staatsbesuchen in Stuttgart nach Marbach geführt, erzählt Velsen-Zerweck. Aber auch Bundespräsident Horst Köhler sei beispielsweise dagewesen. In der Region erinnert man ebenso oft an eine Begebenheit um Queen Elizabeth, die der königliche Hof in London jedoch als Legende abtut. Angekommen war sie damals zwar in Marbach - allerdings der gleichnamigen Stadt am Neckar mit dem Deutschen Literaturarchiv. Entsetzt soll die britische Königin sich umgeschaut und gefragt haben: „Wo sind die Pferde?“