Auf Krawatte, Hemd und lange Hosen würden angesichts der derzeitigen Temperaturen die meisten gerne verzichten. Foto: Reinhard

Umfrage: Wie handhaben Firmen im Kinzigtal die Kleiderordnung angesichts der Temperaturen?

Er kam in kurzen Hosen zu seiner Arbeit in einem britische Callcenter und wurde zum Umziehen nach Hause geschickt. Als er im Kleid wieder erschien, durfte er es anbehalten. Wie handhaben Firmen im Kinzigtal die Kleiderordnung bei der herrschenden Hitze?

Mittleres Kinzigtal. Ralf Müller, Geschäftsführer der Dorotheenhütte in Wolfach, bekennt: "Wir haben Erleichterungen im Verkauf." Dirndl und Tracht seien angesichts der Temperaturen luftigen Sommerkleidern gewichen, die zuweilen immer noch bis zu den Knien reichen. "Wenn wir draußen 30 Grad haben, dürfen sich die Mitarbeiter anziehen, wie sie wollen", teilt Müller mit.

Dorotheenhütte

Die freie Kleiderwahl gilt auch für die Abteilung Glashof. "Da sieht man das nackte Männerwadl", hebt Müller hervor. Feste Schuhe und Baumwollkleidung zu tragen sei zwar weiterhin wichtig, damit dem Arbeitsschutz bei den heißen Öfen Sorge getragen wird, allerdings darf die Jeans nun auch kniefrei sein. Kunstfaser ist allerdings tabu: Das Material fängt zu leicht Feuer. Miniröcke oder Hotpants wurden in der Verkaufsabteilung noch nicht gesichtet, aber nicht, weil Müller es verboten hätte, sondern einfach, weil es dem Kleidungsgeschmack seiner Mitarbeiterinnen nicht entspricht.

Banken

Bei Banken gilt im Allgemeinen ein strengerer Dresscode und so heißt es auf Anfrage des Schwabo auch bei der Sparkasse Haslach-Zell: "angemessene Businesskleidung". Angesichts der derzeitigen Temperaturen sei der Kleidungsstil der Mitarbeiter im Kundenverkehr etwas legerer, aber dennoch angemessen. Die Damen tragen eventuell keinen Blazer, und bei den Herren darf auf ein Sakko verzichtet werden. Kurze Hosen und Flip-Flops sind aber tabu. Die Räume der Bankfilialen seien größtenteils aber auch klimatisiert, daher halte sich dort die Hitzebelastung in Grenzen.

Industrie

Bei der Firma "Blechnerei Sanitär Rudolf Schmidt" dürfen die Monteure angesichts dieser hitzerekordverdächtigen Temperaturen auch in den kürzeren Latzhosen arbeiten.

Sie reichen bis übers Knie und sind dort mit einem Polster ausgestattet, da die Mitarbeiter bei ihrer Arbeit oftmals das Gewicht darauf verlagern müssen. Auch auf Sicherheitsschuhe wird bei heißem Wetter nicht verzichtet, verrät Dagmar Carvalho. Sie ist auch im Büro tätig und dort sieht man es etwas lockerer: "Im Büro dürfen wir anziehen, was wir wollen", erklärt sie auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten. "Bei uns ist die Kleiderordnung Gott sei dank nicht so streng," fügt sie hinzu. Die Angestellten würden schon auch ein Sommerkleid mit Knielänge anziehen. Allerdings gibt es auch Grenzen: "Also keine kommt im knappen Minirock zur Arbeit", so Carvalho.

Eine Kleiderordnung gibt es beim Hausacher Automobilzulieferer Neumayer Tekfor laut Personalleiterin Juliane Müller nicht – zumindest im Angestelltenbereich. Aus diesem Grund muss es angesichts der Hitzewelle keine Lockerungen geben. Allerdings seien die Büros klimatisiert. Anders sieht es bei den Mitarbeitern im gewerblichen Bereich aus, die in den Werkshallen arbeiten. Dort ist Sicherheitskleidung angesagt: Lange Hose, Polo-Shirt und Sicherheitsschuhe. Bei den Schuhen gebe es auch keine Sommervariante. "Aber die sind sehr angenehmen zu tragen, ich besitze selber welche", so Müller. Die Hallen seien zwar nicht klimatisiert, verfügten aber über ein Lüftungssystem. Und den Mitarbeitern stünde unbegrenzt kostenloses Trinkwasser zu Verfügung.

Bei Benz Werkzeugsysteme in Haslach gilt nur eine Regel, und die wird auch bei tropischen Temperaturen nicht außer Kraft gesetzt: Sicherheitsschule. "Anziehen kann jeder Mitarbeiter im Grunde, was er will", erklärt Benno Moser, Chef der Werkzeugverwaltung. "Er sollte nur nicht in Badehose hier auftauchen", legt er nach und lacht. Kurze Hosen seien angesichts der Temperaturen auch in Ordnung. Die Firma Benz hat außerdem eigene Arbeitskleidung. Auch Dreiviertelhosen gehören dazu, informiert Moser.

Mit der Hitze zu kämpfen haben derzeit vor allen Dingen die Produktionsmitarbeiter der Gutacher Firma Schondelmaier. Wie der technische Leiter Gerd Kemmler berichtet, sind Arbeitsschuhe weiterhin ein Muss. Die Arbeitskleidung, T-Shirt und Hose, wird von der Firma gestellt. "Wir tolerieren momentan aber auch kurze Hosen", so Kemmler. Die hohen Temperaturen würden sogar dazu führen, dass kurzzeitig Maschinen ausfallen würden.

Schulen

Die Lehrer der Kaufmännischen Schulen in Hausach dürfen generell tragen, was sie wollen, eine Kleiderordnung gäbe es nicht, sagt Schulleiter Reiner Wittmann. Dennoch hätte sich letztens ein Kollege für seine kurze Hose entschuldigt. "Er hatte also schon das Gefühl, dass das nicht passend sei", erzählt Wittmann. Er sieht das Ganze aber recht locker. "An Tagen wie diesen muss vieles erlaubt sein. Wenn der Lehrer Kontakt mit den Schülern hat, liegt es in seinem Ermessen, was er anzieht", so der Schulleiter. Schließlich trügen die Schüler auch, was sie wollen. Anders sehe das bei Konferenzen, gerade bei Schulkonferenzen, aus. Dabei erwarte er schon "dem Anlass entsprechende Kleidung. "Ich habe da immer ein Hemd und eine lange Hose an", so Wittmann.

Verwaltungen

Stellvertretend für die Verwaltungen haben wir uns in Steinach, Haslach und Hofstetten umgehört. Steinachs Bürgermeister Frank Edelmann berichtet, dass es im Rathaus keine Kleiderordnung gibt. "Insgesamt klappt es auch ohne Vorgaben ganz gut." Tabu seien allerdings kurze Hosen für Männer. Er selbst verzichte bei den hohen Temperaturen auf die Krawatte. Hitzefrei gibt es in Steinach genau so wenig wie in den anderen Verwaltungen. "Wir müssen ja für die Bürger da sein", ist Edelmanns Begründung.

Haslachs Hauptamtsleiter Adrian Ritter bestätigt, dass es auch in der Hansjakobstadt keine solche Regelung gibt. "Wir handhaben die Krawattenpflicht lockerer als sonst", sagt der Hauptamtsleiter. Mehr nicht.

In Hofstetten kommt es darauf an, ob Termine anstehen oder nicht. Bürgermeister Henry Heller verdeutlicht: "Wir vertreten die Öffentlichkeit. Wir müssen uns immer klar machen: Wie wollen wir die Bürger repräsentieren?" Auf Terminen außerhalb sei es auch bei diesen Temperaturen angemessen, ein Hemd zu tragen. Im Rathaus reiche es, "ordentlich angezogen" zu sein. Kurze Hosen sind in Hofstetten wie auch in Steinach tabu. "Es gibt aber momentan keinen Krawatten- oder Jackett-Zwang", sagt Heller.

INFO

Tipps zum Abkühlen

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die derzeitigen Temperaturen gesund zu überstehen. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin empfiehlt, morgens gut zu lüften und Sonnenschutzeinrichtungen zu nutzen.

Eine Klimaanlage könne unangenehme Folgen haben, warnt sie, denn ein Temperaturunterschied von mehr als sechs Grad belastet den Kreislauf. Der Körper habe eigene Kühlmechanismen, das Schwitzen gehöre dazu, es führt allerdings zu Mineralien- und Flüssigkeitsverlust.

Patrik Bothor, sportlicher Leiter der Gesundheitswelt in Hausach, empfiehlt, die verlorene Flüssigkeit durch mineralienhaltige Getränke zu ersetzen, zum Beispiel durch Apfelsaftschorle. "Trinken sollte man allerdings schon, bevor man Durst hat", Bothor. Nach körperlicher Anstrengung sollte man sich ausruhen und um Wasserablagerungen in den Beinen zu vermeiden, könne man sie hochlegen.