Bei der jährlichen Jobmesse können sich die Schüler nicht nur informieren, sie können auch selbst Hand anlegen. Archiv-Foto: Geisel Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildung: Leiterin der Burgschule Haiterbach bricht eine Lanze für die Werkrealschule / Berufsorientierung im Vordergrund

Immer deutlicher wird der Ruf nach Ausbildungsnachwuchs – insbesondere in handwerklichen Berufen. Viele Betriebe bedauern daher das Sterben der Werkrealschulen, aus denen in den vergangenen Jahren überwiegend ihre Auszubildenden hervorgingen.

Haiterbach. "Schade", sagt Sybille Rothe, Schulleiterin der Burgschule Haiterbach, "dass vielen Eltern eine solide Schulausbildung als Basis für die Berufsausbildung ihrer Kinder nicht mehr genügt. Obwohl vor allem das gesellschaftliche Ansehen ein häufiges Entscheidungskriterium für die Wahl der weiterführenden Schule ist. Viele haben Angst, dass ihr Kind als Werkrealschüler als ›dumm‹ betrachtet wird."

Dabei sei es eine bekannte Tatsache, dass es sehr viele praktisch veranlagte Menschen gibt, die gerne ihre Hände zum Arbeiten benutzen, anstatt den ganzen Tag denkend zu verbringen.

Neue Kooperation mit Berufsschulzentrum

Stattdessen quälen sich viele Schüler mit Nachhilfeunterricht, freiwilliger Klassenwiederholung, ständigen Versagungsängsten, Dauer-Lernstress und mittelmäßigen Leistungen bis zur Mittleren Reife. Auch mit einem Hauptschulabschluss stünden den Abgängern noch viele Möglichkeiten offen, bekräftigt die Schulleiterin.

So kann ein Absolvent der Werkrealschule die Mittlere Reife durch ein zusätzliches Jahr an der Realschule, einen zweijährigen Besuch der Berufsfachschule oder durch den erfolgreichen Abschluss einer dreijährigen Berufsausbildung erlangen. "Mit einer Berufsausbildung kann der Hauptschulabsolvent gleich zwei Ziele erreichen: die Mittlere Reife, auf die weiter aufgebaut werden kann, und einen Beruf, mit dem er bereits während der Ausbildung Geld verdient."

Wie andere Werkrealschulen auch, verfolgt die Burgschule Haiterbach eine intensive Berufswegeplanung. In Zusammenarbeit mit den zahlreichen Bildungspartnern der Schule organisiert jeweils die achte Klasse der Burgschule die jährliche Jobmesse – wie zuletzt Ende September.

Bei den ebenfalls jährlich stattfindenden Berufetagen stellen Vertreter der ortsansässigen Firmen und Betriebe, berufstätige Eltern und Ausbildungsbotschafter der IHK mögliche Berufe in den Klassen fünf und sechs vor. Die Klassen sieben bis neun erkunden naheliegende Betriebe und informieren sich intensiver über verschiedene Berufe.

Ein dritter Baustein ist der Berufeparcours in Klasse fünf und sieben, bei dem die Schüler ihre Fähig- und Fertigkeiten an 29 Stationen erproben können und somit eine entsprechende Berufsorientierung bekommen. Ab Klasse sieben folgen erste Praktika sowie Besuche bei Jobmessen und im Berufsbildungszentrum.

"Neu ist nun eine Kooperation der beiden Werkrealschulen Altensteig und Haiterbach mit dem Berufsschulzentrum Nagold", sagt Rothe. So werden ab Mai 2018 erstmals die Achtklässler vier ganze Tage im Berufsschulzentrum verbringen und dort jeweils zwei Tage lang in zwei verschiedenen Berufen arbeiten. "Das wird sicherlich eine interessante und wichtige Erfahrung für unsere Schüler werden", ist sie sich sicher.

Der sechste große Baustein der Berufswegeplanung ist zugleich der Höhepunkt für alle Burgschüler der achten Klasse: das Bewerbertraining. Mit Unterstützung der Bildungspartner werden Bewerbungssituationen trainiert. Die Achtklässler schreiben eine Bewerbung mit Lebenslauf und dürfen sich dann im simulierten Bewerbungsgespräch präsentieren. Auch das korrekte Outfit und Verhalten spielen hierbei eine Rolle. Am Ende des Tages erhalten die Schüler eine individuelle Rückmeldung zu ihrem Gespräch.

Trend geht wieder zur Berufsausbildung

"Sehr viele unserer Neuntklässler kamen schon zu meinen Kollegen und mir und berichteten erleichtert über ein gelungenes ›echtes‹ Bewerbergespräch. Sie waren deutlich weniger nervös und wussten worauf es ankommt. Alle bisherigen Abgänger unserer Schule mit dem Wunsch Berufsausbildung haben eine entsprechende Lehrstelle erhalten." berichtet Rothe stolz.

Eine schuleigene Statistik belegt, dass der Trend wieder zu einer Berufsausbildung geht – in der Regel mit gleichzeitigem Erwerb der Mittleren Reife. Bei solch einer intensiven Berufsvorbereitung ist es kein Wunder, dass die Burgschule Haiterbach bereits mehrmals das Zertifikat "BoriS – Berufsorientierung in Schulen" erworben hat. "Und dass nach dem Hauptschulabschluss nicht Schluss ist, sondern es weiter geht, beweisen viele erfolgreiche Absolventen der Burgschule Haiterbach – unter ihnen auch einige Akademiker", meint die Schulleiterin.