Ein gefundenes Rehkitz wird in einen Jutesack gelegt, bis die Wiese gemäht ist. Foto: Schwarzwälder Bote

Landkreis stellt drei Monate im Jahr Gerät bereit. Jährlich sterben etwa 100 000 Jungtiere durch Mähmaschinen.

Böblingen - Morgenstund hat Gold im Mund. Bei Sonnenaufgang stellten die Kreisjägervereinigungen Böblingen (KJV BB) und Leonberg (LEO) ihr neuestes Projekt vor, das in Kooperation mit dem Landratsamt Böblingen Rehkitzen das Leben rettet – durch eine Drohne mit Wärmebildkamera. Kitze halten sich zum Schutz vor Feinden nach der Geburt häufig im hohen Gras von Wiesen auf, die genau in diesen ersten Lebenswochen gemäht werden. Die Kitze sind aus der Kabine großer Traktoren und durch die heutzutage hohe Arbeitsgeschwindigkeit so gut wie nicht zu entdecken – und anstatt vor der drohenden Gefahr davonzulaufen, löst ihr Instinkt einen Duckmechanismus aus. Der hilft gegen Greifvögel, Fuchs und Co., aber eben nicht gegen ein Mähwerk. Jährlich werden etwa 100 000 Rehkitze durch Mähmaschinen getötet.

Ehrenamtlichen Drohnenpiloten

Um den Tieren dieses Leid zu ersparen, haben sich die Jägerin und Jäger Julia Döttling, Steffen Benzinger, Marc Lachenmann (KJV BB) sowie Phillip Kuntze, Andreas Rentschler und Martin Rentschler (KJV LEO) zu ehrenamtlichen Drohnenpiloten ausbilden lassen.

Die Kitzrettung ist den Jägern und Landwirten schon immer ein großes Anliegen. Hatte man früher mit Hunden gesucht, Vogelscheuchen aufgestellt oder mit ganzen Schulklassen die Wiesen "verstänkert", so hilft nun die moderne Technik mit viel Effektivität beim Tierschutz.

Das Rettungssystem besteht aus einem Miteinander von Landwirt, Jagdpächter und Drohnenteam. Dabei hat der Jagdpächter die Aufgabe, den Kontakt zu den Landwirten zu halten, damit diese den Mähzeitpunkt möglichst frühzeitig bekannt geben. Dadurch können die Drohnenpiloten die Einsätze zeitsparend planen, um beispielsweise in der derzeitigen Hauptsetzzeit viel Fläche abzufliegen. Der Jagdpächter übernimmt beim Einsatz die Aufgabe, das gefundene Kitz zu binden, also zu fangen. Angefasst wird es mit Gummihandschuhen und Grasbüscheln, um keinen Menschengeruch zu hinterlassen. Danach legt man es vorsichtig in Jutesack. "Sobald das Kitz im dunklen luftigen Sack liegt, wird es ganz ruhig", erklärt Döttling, die bereits einige Kitze gerettet hat. "Die ganz frisch geborenen sind noch nicht mobil, aber ab dem fünften Tag wird das Fangen zur sportlichen Herausforderung, denn die Kitze laufen weg", ergänzt Marc Lachenmann, Chef des Drohnenteams der KJV BB.

Nach dem Mähen wird das Rehkitz wieder freigelassen

Nach der erfolgreichen Rettungsaktion ist der Landwirt wieder am Zug: Er muss zügig die Wiese mähen, damit die Kitze so schnell als möglich freigelassen werden können. Dies geschieht durch den Jagdpächter, der die Tiere am Waldrand der Wiese frei gibt. "Es ist ein echtes Glücksgefühl, zu beobachten wie sich Geiß und Kitz wiederfinden", so ein Jagdpächter der im Jahr 2018 sechs Kitze durch die Mahdrescher verlor.