Der Mann, der seine Stieftochter jahrelang sexuell missbraucht hat, muss für fünf Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. (Symbolfoto) Foto: dpa

48-Jähriger hat sich jahrelang an Mädchen vergangen. In Prozess steht oft Aussage gegen Aussage.

Haigerloch/Hechingen - Der Mann, der seine Stieftochter jahrelang sexuell missbraucht hat, muss für fünf Jahre und zwei Monate ins Gefängnis. Die große Strafkammer des Landgerichts Hechingen folgte in ihrem Urteil dem Antrag des Staatsanwalts. Die Verteidigung hatte dagegen auf eine Bewährungsstrafe plädiert.

Der Vorsitzende Richter Hannes Breucker sprach von einer empfindlichen Strafe für den 48-jährigen Angeklagten. Gleichzeitig nannte er den Strafantrag des Staatsanwalts moderat. Für schweren sexuellen Missbrauch von Kindern beziehungsweise Schutzbefohlenen, den die Kammer in diesem Fall als erwiesen ansah, wäre auch eine Gefängnisstrafe von bis zu 15 Jahren möglich gewesen. Bei der Bewertung der mehr als 30 Einzelfälle, so der Richter in seiner Einschätzung, sei der Staatsanwalt jeweils an der unteren Grenze des möglichen Strafmaßes geblieben. Dem Angeklagten soll nach der Haftverbüßung die Wiedereingliederung in die Gesellschaft ermöglicht werden.

Der Angeklagte hatte in der Hauptverhandlung einige der ihm zur Last gelegten 37 Missbrauchsfälle gestanden, den Missbrauch der heute 20-Jährigen Frau im Kindesalter jedoch abgestritten.

Wie schwierig es für die Strafkammer war, in einem Prozess, in dem oft Aussage gegen Aussage stand, zu einer Urteilsfindung zu kommen, machte Richter Hannes Breucker in seiner Urteilsbegründung noch einmal deutlich.

In sechs intensiven Verhandlungstagen habe die Kammer versucht, den Fall mit den "beschränkten Mitteln der Justiz" aufzuklären, und es sei für die Berufsjuristen nicht einfach gewesen, die manchmal widersprüchlichen Zeitangaben des Opfers nachzuvollziehen.

Daher, betonte Breucker, sei das Gutachten der Sachverständigen für Aussagepsychologie in der Verhandlung so wichtig gewesen. Es habe Abweichungen in den Aussagen gedächtnispsychologisch erklären können und Erinnerungsstrukturen offen gelegt. Schließlich habe sich der Missbrauch über sieben Jahre erstreckt und das Mädchen sei beim ersten Fall erst elf Jahre alt gewesen.

Das Gericht sei durch diese wissenschaftlichen Erklärungen und eigene Beurteilungen zu dem Schluss gekommen, dass die Schilderungen der Stieftochter authentisch seien.

Es habe auch bei der als Zeugin vernommenen Mutter keine Hinweise gegeben, dass sie die Tochter zur Falschaussage bewegt oder ihr den Missbrauch im Kindesalter suggeriert habe, um damit dem Stiefvater zu schaden. "Sie wissen selbst am besten, was sich zugetragen hat", wandte sich Breucker an den Angeklagten, der das Urteil gefasst aufnahm.

Der Haftbefehl gegen den 48-Jährigen – er sitzt seit Juli in Untersuchungshaft – bleibt wegen Fluchtgefahr bestehen. Um eine solche zu verhindern gibt es aus Sicht des Richters keine hinreichenden sozialen oder familiären Bindungen. Außerdem ist der Mann mehrfach, wenn auch nicht einschlägig, vorbestraft. Gegen das Urteil ist Revision möglich.