2009 feierten die Handwerkerzünfte aus Mengen und Haigerloch das 25-jährige Bestehen ihrer Freundschaft. Der damalige Mengener Zunftmeister Albert Heinzelmann (links) schenkte deshalb seinem Kollegen Dietmar Eger beim Handwerkerjahrtag ein hübsches Erinnerungsfoto. Archivfoto: Kost Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte der Handwerkvereinigung Haigerloch beginnt 1868

In einer Zeit ständigen Wandels muss Handwerk zukunftsorientiert und anpassungsfähig sein. Handwerk braucht aber auch Tradition. Und genau diese wird am Samstag beim 150. Haigerlocher Handwerkerjahrtag gefeiert.

Handwerk hat goldenen Boden – auf wenn würde dieser alte Spruch besser passen als auf die Ehrsame Handwerkervereinigung Haigerloch? Jedes Jahr am Kirchweihmontag besinnt sie sich ihrer Wurzeln und trifft sich zum Jahrtag.

Ein solcher Brauch hat im Ländle heutzutage Seltenheitswert. Im näheren Umkreis gibt es außer in Haigerloch lediglich in Mengen eine Handwerkerzunft, die alljährlich einen Jahrtag feiert – allerdings immer am Fasnetsmontag und nicht wie die Haigerlocher im Herbst. Beide Zünfte verbindet seit 1984 eine enge Freundschaft.

1868 ist das Jahr, das wegweisend ist für die Geschichte der Ehrsamen Handwerkervereinigung Haigerloch. Man schrieb den 8. Juli 1868, als Wilhelm, König von Preußen, das preußische Gewerbegesetz erließ. Im Zuge einer immer stärkeren Industrialisierung Deutschlands brachte es die Gewerbefreiheit.

Doch das Gesetz hatte auch seine Schattenseiten: Es verbot zwar formal nicht die im Mittelalter entstandenen mächtigen Handwerkerzünfte, aber diese genossen durch das Gewerbegesetz auch keine Vorrechte mehr. Viele von ihnen lösten sich deshalb selbst auf.

Im Jahr 1868 gab in Haigerloch noch neun Handwerkszünfte: Von B wie Barbiere, Buchbinder, Bäcker oder Bierbrauer bis Z wie Zimmerleute.

Alle diese Berufe waren standes- und traditionsbewusst und wollten ihre Gebräuche auch in Zukunft bewahren. Vor allem die Abhaltung eines Jahrtages mit dem Gedenken an die verstorbenen Meister.

Also unterzeichneten 67 Meister bei einer Versammlung eine Art "Gründungsprotokoll" oder auch Stiftungsbrief – der praktisch die Geburt der Ehrsamen Handwerkvereinigung Haigerloch war und der den Ablauf eines wiederkehrenden Jahrtages regelte.

Dieser "Brudertag für Handwerker und Witbürger" hat drei große Kriege, Wirtschaftskrisen und politische Umbrüche überlegt und wird heute noch nach altem Muster gefeiert. Er beginnt zuerst mit einem Gottesdienst für die Verstorbenen. Angeführt vom Träger mit der Zunftfahne und den Trägern der Zunftlade marschieren die Teilnehmer danach in ein Lokal zum Kutteln-Essen und zur "Freien Besprechung". Darunter darf man heute die Berichte von Zunftmeister und des Kassierer verstehen sowie die Grußworte der Gästen aus Politik und Handwerk, die meist über aktuelle Themen sprechen. Auch in der jüngeren Vergangenheit gab es beim Handwerkerjahrtag markante Daten. 1993 wurde das 125-jährige Bestehen gefeiert. 1998 erschien schließlich ein vom inzwischen verstorbenen Lokalredakteur Josef Schneider verfasstes und reich bebildertes Buch über die Geschichte der Ehrsamen Handwerkervereinigung Haigerloch.

Aktueller Zunftmeister ist Dietmar Eger, er übernahm beim Jahrtag 2002 die Führung der Vereinigung. Eine seiner ersten Ziele war die Erneuerung der alten Zunftfahne, die noch von der Bäcker-, Müller- und Bierbrauerzunft stammte. Pünktlich zu ihrem 160. Geburtstag im Jahr 2003 war die Fahne dank vieler Geldspenden erneuert, so dass sie beim damaligen Jahrtag im Gottesdienst geweiht werden konnte.

Apropos Gottesdienst: auch hier gibt es seit 1995 eine eigene kleine Tradition. Er wird nämlich von Musikern aus den Reihen der Handwerker mitgestaltet. Inzwischen ist aus dem Ensemble eine richtige kleine Blaskapelle geworden.

Für den Handwerkerjahrtag am Montag, 22. Oktober, hat sich eine Menge Prominenz aus Politik und Handwerk angekündigt. Auch der Ablauf ist wegen des Jubiläums etwas anders, es gibt nämlich einen Festakt im Bürgerhaus.

Der Jahrtag beginnt um 9 Uhr mit einem Gottesdienst in der Annakirche, dann geht es ins Bürgerhaus der Stadt, wo ab etwa 10.30 Uhr eine Festversammlung stattfindet. Angekündigt dazu sind die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (Foto), Landrat Günther-Martin Pauli, der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß und der Präsident der Handwerkskammer, Harald Hermann. Auch die Handwerkerzunft Mengen wird von einer Delegation repräsentiert. Begrüßt wird die Gästeschar von Bürgermeister Heinrich Götz und Zunftmeister Dieter Eger.

Nach diesem Empfang geht’s um 12.30 Uhr zum Mittagessen in die "Krone" und ab 14.30 Uhr in die Ausstellung "Alraunes Gefühl für Wurst" im ehemaligen Gasthaus Schwanen ansehen.