Mühlrainstraße in Engstlatt statt Andreasweg in Stetten: So heißt künftig die Adresse der Freien Schule Zollernalb. Sie hat in den MediSchulen GmbH einen Schulträger und offenbar idealen Partner gefunden. Foto: Kost Foto: Schwarzwälder Bote

Bildung: Freie Schule Zollernalb hat in Engstlatt ihre Arbeit aufgenommen – und nicht wie geplant in Stetten

Alle Haigerlocher Schulen haben mit Beginn des Schuljahres 2019/20 den Betrieb wieder aufgenommen. Eine aber war nicht dabei. Die Freie Schule Zollernalb.

Haigerloch-Stetten/Balingen-Engstlatt. Sie startet nicht in der früheren Werkrealschule in Stetten, sondern hat sich für einen anderen Standort entschieden. Die Freie Schule ist in die MediSchulen im Engstlatter Gewerbegebiet eingezogen.

Im Januar hatte noch alles danach ausgesehen, dass der Aufbau der ersten Freien Schule im Zollernalbkreis mit dem pädagogischen Konzept eines selbst bestimmten Lernens in Stetten bei Haigerloch stattfindet. Der im Mai 2017 gegründete Verein "Freie Schule Zollernalb" um die beiden Vorsitzenden Sonja Nerz und Miriam Baermann hätte sich das vorstellen können. Das seit dem Wegzug der Werkrealschule leer stehende Schulgebäude bot aus ihrer Sicht ideale Voraussetzungen, um dort ein Jahr lang unterzukommen und diesen neuen Schultyp aufzubauen.

Und nachdem der Stettener Ortschaftsrat Ja gesagt hatte, gab schließlich auch der Haigerlocher Gemeinderat grünes Licht für eine vorübergehende Unterbringung der Freien Schule in Stetten. Doch der dafür ausgearbeitete Mietvertrag kommt jetzt nicht zum Tragen, denn seit der politischen Entscheidung vor knapp acht Monaten haben sich die Dinge in eine völlig neue Richtung entwickelt.

Wie gesagt, es war zunächst der Plan, die Schule in Stetten zu starten und langfristig in Lautlingen zu etablieren. Sogar mit einem Neubau im Albstädter Teilort, der auf lange Sicht wegen seiner Verkehrsanbindung per Straße und Schiene als besser geeigneter Standort gesehen wurde.

Doch dann kam der Mai und es eher zufällig zum Kontakt des Vereins mit Michael Klören, Gründer und Geschäftsführer der MediSchulen GmbH mit Sitz in Osthofen. Diese gemeinnützige Gesellschaft bietet an mehreren Standorten in Deutschland Aus-, Fort- und Weiterbildungen im Bereich des Gesundheits- und Sozialwesens an. Auch in Engstlatt an der früheren Plettenbergschule. Seit Oktober 2017 sind unter dem Dach der dortigen Physiotherapieschule zusätzlich Schulen für Ergotherapie und Arbeitserziehung untergebracht.

Dem ersten Gespräch folgten alsbald konkrete Schritte. Klören sieht die Freie Schule offenbar als eine gute Ergänzung zum bisherigen Angebot der MediSchulen und für Miriam Baermann stellt diese Lösung einen wertvollen Synergieeffekt dar. Die MediSchulen, so erklärt sie im Gespräch mit unserer Zeitung, sei ein erfahrener Partner und mit ihm als Schulträger falle für ihren Verein viel organisatorische Arbeit weg. Also wurden letztlich alle Pläne mit der Übergangslösung in Stetten und einem Neubau in Lautlingen auf Eis gelegt.

Weniger hektisch war der Schulstart deswegen aber beileibe nicht. Im Gegenteil: der Trägerwechsel verzögerte das Genehmigungsverfahren beim Regierungspräsidium Tübingen. Die mündliche Zusage zur Genehmigung der Freien Schule kam aber dann doch kurz vor Schuljahresbeginn am 11. September, ihre schriftliche Nachreichung steht noch aus.

Haigerlochs Bürgermeister Götz hat der Verein übrigens erst Ende Juli von der Änderung seiner Absichten informieren und die neue Situation erklären können. Hatte vielleicht auch der vom Haigerlocher Gemeinderat geforderte Mietvertrag einen Einfluss auf die Entscheidung? Diese Vermutung verneint Miriam Baermann klar und deutlich: "Der Mietvertrag war fair."

So ist die Freie Schule also am vergangenen Samstag fast unbemerkt von der Öffentlichkeit mit einer kleinen Schulfeier in den Alltag gestartet. 14 Kinder im Alter von sechs bis 15 Jahren bilden den Pionierjahrgang. Die Kinder, so Baermann, kämen aus dem ganzen Zollernalbkreis. Untergebracht sind sie in zwei Räumen, einer davon ist in der Plettenbergschule, der andere im benachbarten Altenheim. Auch die Caféteria und den Werkraum der MediSchulen kann die Freie Schule Zollernalb nutzen. Betreut werden die Schüler und Schülerinnen von vier Lehrkräften, die sich zweieinhalb Stellen teilen. "In der ersten Woche sind aber alle vier da, damit sich alle besser kennenlernen", so Miriam Baermann.

Und die Zukunft? Vor der ist ihr nicht bange. Mit den MediSchulen als Schulträger sieht sie eine langfristige Zukunft für die Freie Schule Zollernalb im verkehrsgünstig gelegenen Engstlatt. Es gebe auch Voranmeldungen für die nächsten zwei Jahre.

Wobei sich das Klientel laut ihr in zwei Typen von Interessenten differenzieren lasse. Den einen gehe das Herz auf, dass es eine solche Form des selbstbestimmten demokratischen Lernens für ihre Kinder jetzt auch hier gebe. Die anderen hätten schon Leidensgeschichten im Regelschulbetrieb hinter sich und suchten nach einer neuen Schulform.